Peter Schneider war ein forensischer Molekularbiologe, der lange Jahre in unserem Feld arbeitete, lehrte und forschte, die letzten 17 davon als Professor am Institut für Rechtsmedizin in Köln, wo ich nach seiner Emeritierung 2021, vor ca. einem Jahr seine Nachfolge antrat.
Zum ersten Mal sprach ich 2010 am Flughafen in Zürich mit ihm, als ich noch ziemlich neu im Feld war und so wie er gerade vom Spurenworkshop zurückkam. Ich wußte noch wenig, kannte noch niemanden, niemand kannte mich und natürlich war Peter nett, geduldig und freundlich, gab mir gute Ratschläge und nahm sich Zeit für mich (seinen “neuen Nachbarn” in Bonn, wo ich ja damals arbeitete). 11 Jahre (und viele Gespräche und Begegnungen) später dann begrüßte er mich herzlich in “seiner” Abteilung, die er bald mir überlassen würde, wenn er in den wohlverdienten Ruhestand ginge.
Peter war, seit ich mich erinnern kann, immer so eine Art graue Eminenz im Feld der forensischen Genetik, das er durch wirklich unermüdliche ehrenamtliche Tätigkeit in Kommissionen, Gesellschaften, Vereinen etc. (zusätzlich zu seiner Arbeit in der Rechtsmedizin) ganz entscheidend mitgeprägt und zu seiner Fortentwicklung und der Mehrung seines Ansehens beigetragen hat. Dafür können wir ihm nicht genug danken.
Ich habe Peter sehr geschätzt, als Wissenschaftler, als Kollegen aber auch als Menschen; ich mochte seine Freundlichkeit und Zugewandtheit, schätzte seine Integrität und Kompetenz und seit ich von seiner schweren Erkrankung wußte, habe ich ihn für seine Willenskraft, Contenance und seine absolut stoische Würde im Umgang damit und mit den immer größeren Einschränkungen, die er erdulden mußte, und den eher trüben Aussichten auch bewundert. Bis zuletzt leitete er Workshops (dieses Frühjahr noch; er vertrat, noch gezeichnet von der Therapie seiner eigenen Erkrankung, sogar spontan einen Kollegen, der krankheitshalber ausgefallen war), reiste und betreute seine Doktoranden (obwohl er längst Pensionär war). Man kann sagen, daß er seine Arbeit, das Fach und den Austausch mit Kollegen auf der ganzen Welt liebte und (zumindest zu einem nennenswerten Teil) auch dafür lebte. So wundert es nicht, daß er von Kollegen weltweit geachtet, geschätzt und respektiert wurde und vielen von ihnen in jahrelanger Freundschaft verbunden war.
Peter las auch mein Blog, was mich natürlich geehrt hat und hat sogar gelegentlich kommentiert, z.B. zu diesem heißen Thema. Selbst da blieb er freundlich, ich habe ihn auch nur ganz selten mal genervt erlebt, z.B. wenn er für das e-book “Acupuncture” um einen wissenschaftlichen Beitrag gebeten wurde. Und Peter so:
“[…] Do you really believe that a serious scientist would waste an article on this dubious project? Please leave me alone with your book project!”
Ich hab’ es gefeiert 🙂
Nun bin ausgrechnet ich, der ehemalige Außenseiter, der eher zufällig in die forensische Genetik stolperte, sein Nachfolger in Köln. Ich bin mir der großen Fußstapfen, die er hinterlassen hat, natürlich bewußt. Ich glaube, ich werde auch gar nicht erst versuchen, darin zu gehen, sondern meinen eigenen Pfad zu bahnen, mich dabei aber an Peters Spur und Vorbild zu orientieren und davon leiten zu lassen.
Am 08.09.2022 ist er mit 67 Jahren nun viel zu früh gestorben und er wird uns allen, jedem, der ihn kannte, Freunden, Mitarbeitern und Kollegen und vor allem unserem Fach schrecklich fehlen und ganz sicher unvergessen bleiben!
_______
Nachtrag am 08.09.2023: Heute jährt sich Peters Tod zum ersten Mal. Die Betroffenheit über und Anteilnahme an seinem Tod in der gesamten auch internationalen forensisch-molekularbiologischen aber auch rechtsmedizinischen Community war enorm! Wir hier in Köln hatten am 31.05. dieses Jahres, Peters Geburtstag, ein “Peter Schneider Symposium” veranstaltet, das neben der Nachwuchsförderung (wir haben Workshops für junge Wissenschaftler angeboten) und dem wissenschaftlichen Austausch und Vorstellung neuer Ergebnisse – beides war Peter immer sehr wichtig gewesen – auch dem Andenken an Peter und sein Lebenswerk sowie dem Austausch von Geschichten und Erinnerungen an ihn und Momente mit ihm diente. Es kamen Gäste aus der ganzen Welt, die weiteste Anreise war von Australien! Eminenzen wie Peter Gill und Angel Carracedo und sogar Peters Doktorvater, Christian Rittner (inzwischen > 80 Jahre alt), trugen Vorträge bei. Auch seine engsten Familienmitglieder gaben uns mit ihrer Anwesenheit die Ehre, was uns ganz besonders gefreut hat und so war das Ganze eine besonders schöne, warme und auch wissenschaftlich erfolgreiche Veranstaltung.
Kommentare (12)