Also entwarfen wir Primer für eine RT-PCR-Anreicherung der entsprechenden Genmarker und ihre Darstellung mittels Kapillarelektrophorese, nahmen noch einmal neue Hirnproben von drei weiteren verstorbenen Individuen und untersuchten und verglichen die Expression der beiden Marker in den vier Hirnarealen. Und das ist, was wir sahen:
Der eine Marker wurde also in allen Arealen etwa gleich stark, der andere gleich nicht exprimiert, womit sich beide als ungeeignet für unsere Zwecke erwiesen und wir uns endgültig geschlagen geben mußten.Dennoch waren wir entschlossen, die Studie zu veröffentlichen; dies ist nun geschehen und das ist auch gut und richtig so, denn obwohl das Ergebnis „negativ“ ist, mit anderen Worten: unsere Hypothese, daß sich Proben von Leichen aus forensisch relevanten Hirnarealen anhand ihrer mittels MPS gemessenen Genexpression zuverlässig unterscheiden lassen, sich als nicht zutreffend erwiesen hat, ist es wichtig, auch dieses Ergebnis anderen bekannt zu machen. Erstens, weil dann niemand diesen Studienaufbau wiederholen (und ebenfalls scheitern) muß und zweitens, weil wir überzeugt sind, daß die Ergebnisse einen generalisierteren Schluß zulassen; nämlich, daß Genexpressionsunterschiede zwischen biologisch/funktionell sehr ähnlichen aber nicht identischen Geweben so klein sind, daß sie in forensischem Probenmaterial (das bekanntlich von geringer Qualität ist) selbst mittels der derzeit besten Methode (MPS mit guter Sequenziertiefe) generell nicht differenzierbar sind. Wir sind hier also mit den vorhandenen Methoden und wegen der Degradation der RNA in forensischem Material an die Grenzen des Machbaren gestoßen und das ist zwar schade aber eben auch gut zu wissen und wert es mitzuteilen.
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Referenzen:
[1] Euteneuer, J., Moitinho-Silva, L. & Courts, C. Forensically relevant anatomical brain regions cannot be sub-differentiated by RNA expression analysis. Forensic Sci Med Pathol (2024). https://doi.org/10.1007/s12024-024-00787-7
[2] C. Lux, C. Schyma, B. Madea, & C. Courts (2014). Identification of gunshots to the head by detection of RNA in backspatter primarily expressed in brain tissue Forensic Science International DOI: 10.1016/j.forsciint.2014.01.016
[3] Kaliszan, M., Dalewski, W., Dawidowska, J., Gos, T., & Jankowski, Z. (2021). Fake gunshot wounds in the skull—post-mortem artifact caused by steel probe during police search for a missing body. International Journal of Legal Medicine, 135, 879-883.
[4] Shaqiri, E., Xhemali, B., Ismaili, Z., Sinamati, A., & Vyshka, G. (2017). An unusual lethal gunshot wound to the head. Medico-Legal Journal, 85(1), 51-54.
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