Ein interessanter Beitrag von E. Bibbo befasste sich mit der Möglichkeit, DNA aus der Luft von Räumen, in denen sich eine Straftat ereignet hat, zu sammeln und zu analysieren. Das funktioniert erstaunlich gut und über die Idee wurde auch schon in Deutschland berichtet.

M. Swayambhu von unseren guten Kollegen aus Zürich hielt einen tollen Vortrag über die Identifikation von Körperflüssigkeiten vermittels des Nachweises körperflüssigkeitsspezifischer Bakterienarten.

an den verschiedenen Proben anhaftende Körpermaterialien konnten mit hohen Vorhersagewerten identifiziert werden

Der Nachweis der einzelnen Spezies wurde geführt, indem mittels NGS die V1V3, V3V4 and V4-V5 der bakteriellen 16S-rRNA sequenziert wurden. Mittels Maschinenlern-Algorithmen konnte dann die jeweils unterschiedliche Zusammensetzung der Bakterienpopulationen den entsprechenden Proben bzw. Körperflüssigkeiten zugeordnet werden. Ich hoffe, wir können demnächst ein Projekt zusammen machen, wo wir RNA- und bakterielle Marker zusammen ausprobieren und vielleicht ein einem Assay kombinieren.  Zu diesem Beitrag gibt es übrigens auch schon einen pre-print-Artikel bei biorxiv.

Spannend fand ich auch den Vortrag von W. Branicki, der zeigte, daß man das Rauchverhalten (und zwar auch differenziert nach Ex-Raucher, Wenigraucher, schwerer Raucher, Nieraucher) einer Person aus ihrem Blut oder Speichel, der Referent bezeichnete das als “lifestyle”-Aspekt, anhand des DNA-Methylierungsmusters ganz gut vorhersagen kann (ich hatte vor Jahren bereits beschrieben, wie auch äußere Einwirkungen und Erlebnisse sich im DNA-Methylierungsmuster niederschlagen können). So etwas wäre hilfreich, z.B. bei cold cases oder wenn man nach Straftaten nur eine DNA-Probe aber keine Ahnung hat, wer tatverdächtig sein könnte. In Deutschland wäre eine solche Untersuchung im Moment allerdings nicht erlaubt.

Der Träger des diesjährigen ISFG-Preises für den besten Talk, Miguel Boullón-Cassau, sprach auch über Methylierung, allerdings bei ihrem Einsatz in der Altersbestimmung (die auch in Deutschland erlaubt ist): im Moment haben wir das Problem, daß wir das Alter von Personen nicht genau bestimmen, sondern meist so auf 3-5 Jahre genau schätzen können und Miguel sprach über die Möglichkeit, diese Schätzung zu verbessern. Denn während es für strafrechtliche Ermittlungen mit unbekanntem Täter schon sehr hilfreich ist, dessen Alter ungefähr zu kennen, um die Fahndung entsprechend steuern und eingrenzen zu können, gibt es andere rechtliche relevante Fragestellungen, bei denen es auf das exakte Alter, z.B. die Unterscheidung zwischen 17 und 18 Jahren ankommt. Um das zu erreichen, hatte Miguel ein Model konstruiert, das Vorhersagen nur im Bereich von 14 und 25 Jahren ermöglicht (während die Intervalle normalerweise viel weiter sind), wodurch die Vorhersage auf einen MAE von 1,2 Jahren verbessert wurde. An einem Testset von über 1.400 Proben von ein- und zweieiigen Zwillingen, die jeweils 18 Jahre alte waren, resultierte sogar ein MAE von 1,08 Jahren. Mit solchen Modellen kommt man also der exakten Vorhersage des Alters schon sehr nahe!

Ein besonders interessanter (und zu einem unserer Projekte (s.u.) komplementärer) Beitrag von A.E. Fonnelop beschrieb eine angepasste Methode zur Bestimmung des Alters einer Spur (also nicht des Zeitpunkts der Deposition, sondern der nach Deposition vergangenen Zeit) anhand der Messung der differentiellen Degradation von RNA. Sie detektierten dafür mittels Multiplex-PCR 12 verschiedene Marker und differenzierten jeweils zwischen 3′- (am Ende des Fragments) und 5′ (am Anfang des Fragments) liegenden Bereichen. Mittels eines statistischen Modells konnten sie aus den Differenzen der 3′- und 5′-Produkte sowie der Integration aller Marker einen Zusammenhang zeigen und damit eine Berechnungsformel liefern für das Alter der Spur in Abhängigkeit vom Ausmaß der RNA-Degradation.

Natürlich war auch meine eigene Gruppe wieder mit insgesamt drei Forschungsbeiträgen, allesamt zum Thema forensische RNA-Analyse, vertreten, die jeweils als Poster präsentiert wurden:

Max präsentiert stolz die Essenz seiner 4,5 jährigen Promotions-Arbeit (Zwischenergebnisse hatte er schon in Washington gezeigt), die kürzlich mit Aplomb veröffentlich wurde [1]

Annica präsentierte Zwischenergebnisse ihres Projekts zur RNA-basierten Bestimmung des Depositionszeitpunkts von biologischem Spurenmaterial, das sich nun dem Ende nähert. Erste Ergebnisse sind schon veröffentlicht [2]

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Kommentare (2)

  1. #1 RPGNo1
    25/09/2024

    @CC

    (ich aß dort sehr köstlichen gegrillten Pulpo!).

    Lass das bloß nich Bettina Wurche hören! 😀 Ich verstehe allerdings dein Schwärmen.

    Dieses Mal aber hat sich irgendwer einfallen lassen, man müsse unbedingt digitaler werden und die Papierposter durch große Bildschirme ersetzen. Allerdings nicht 438 (entsprechend der Zahl der Poster), sondern 14 (in Worten: vierzehn)! […] Oft begannen die engen Zeitfenster nicht zum richtigen Zeitpunkt, die Anzeigetafeln fielen öfter mal aus, die letzten Zeitfenster begannen, als im Hauptsaal bereits die Vorträge weitergingen und niemand erschien am Poster etc. pp.

    Analoge Medientechnik ist nicht immer “veraltet” und digitale nicht immer “innovativ”. Das merke ich regelmäßig auch bei meiner Arbeit. Es gibt noch genügend Fälle, wo ein Blatt Papier und ein Schreibstift jeden noch so modernen Laptop/Notebook schlagen. 🙂

  2. #2 Kollege
    27/09/2024

    schöner Bericht, ich fand auch die Keynote von Duncan Taylor gut – hoffe, wir werden nicht irgendwann alle arbeitslos Oo
    Und ja, das mit den Postern ging gar nicht!! Nicht genug Zeit, das Format passte nicht, viel (!) zu wenig Bildschirme. Ganz dicker Daumen runter!