In zwei Tagen entscheiden die Bürgerinnen und Bürger der Vereinigten Staaten darüber, wer in den kommenden vier Jahren im Weißen Haus wohnen wird: Der demokratische Amtsinhaber Barack Obama oder der republikanische Herausforderer Mitt Romney. In Deutschland wäre die Wahl bereits entschieden: 91% der Deutschen würden laut einer Umfrage der ARD für Barack Obama stimmen. Dies mag auch daran liegen, dass die Sympathien in der deutschen Presse recht eindeutig verteilt sind: Während die Demokraten eher für Frieden, Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit und die Förderung von Minderheiten stehen, werden die Republikaner vor allem als Militaristen, Sozialdarwinisten, Wirtschaftslobbyisten und Hort religiöser Spinner betrachtet.
Inwieweit diese Verallgemeinerungen berechtigt sind oder nicht, will ich an dieser Stelle gar nicht weiter diskutieren – ebenso wie ich auch Wahlkampf und Wahlausgang nicht kommentieren will, sondern diesbezüglich lieber auf die wie in jedem Wahljahr sicher exzellente Analyse unseres „Zoon Politikon“ Ali Arbia warte. Was ich jedoch ganz spannend finde, ist der Blick in die Rolle der beiden Parteien in der US-Geschichte und die Frage, wie wir als Deutsche historische Wendepunkte spontan – also ohne Nachschlagen in der Wikipedia – den Parteien zuordnen.
In diesem Sinne: Challange your perceptions! (die Antworten finden sich dann weiter unten)
Frage 1: Ein Präsident dieser Partei unterzeichnete 1863 die Emancipation Proclamation, die das Ende der Sklaverei in den Vereinigten Staaten einläutete. Zwei Jahre später wurde unter dem gleichen Präsidenten der 13. Zusatzartikel zur US-Verfassung verabschiedet, der die Sklaverei endgültig für abgeschafft erklärte.
A Demokraten
B Republikaner
C Keine von beiden – damals gab es diese Parteien noch nicht
Frage 2: Ein Präsident dieser Partei unterzeichnete nach einem (vermeintlichen) Gefecht zwischen dem US-Kriegsschiff USS Maddox und nordvietnamesischen Schnellbooten im Golf von Tonkin im Jahr 1964 die Tonkin-Resolution, die wiederum die Grundlage für die amerikanische Militärbeteiligung am Vietnamkrieg bildete, welcher beinahe zehn Jahre andauern sollte.
A Demokraten
B Republikaner
Frage 3: Ein Präsident dieser Partei ordnete im Jahr 1975 den vollständigen Rückzug der US-Truppen aus Vietnam an, nachdem der dort über fast ein Jahrzehnt geführte Krieg als militärisch nicht mehr zu gewinnen galt.
A Demokraten
B Republikaner
Frage 4: Ein Präsident dieser Partei rief im Jahr 1942 das Manhattan Project zum Entwicklung der ersten Atombombe ins Leben.
A Demokraten
B Republikaner
Frage 5: Ein Präsident dieser Partei gab im Jahr 1945 den Befehl zum Abwurf der ersten beiden je in einem militärischen Konflikt eingesetzten Atomwaffen auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki.
A Demokraten
B Republikaner
Frage 6: Ein Präsident dieser Partei unterzeichnete im Jahr 1964 an der Seite von Martin Luther King den Civil Rights Act, der die Rassentrennung in Bussen, Schulen, Kinos und Bars aufhob.
A Demokraten
B Republikaner
Frage 7: Ein Gouverneur dieser Partei kämpfte in den 1960er Jahren mit allen Mitteln für die Aufrechterhaltung der Rassentrennung in den USA. Er blockierte im Jahr 1963 mit einigen Polizisten persönlich die Tür des Auditoriums der University of Alabama um die beiden ersten afro-amerikanischen Studenten daran zu hindern, sich für ihre Kurse einzuschreiben. Sein Protest wurde schließlich von Soldaten der US-Nationalgarde beendet, die Präsident John F. Kennedy zur Universität beordert hatte.
A Demokraten
B Republikaner
Frage 8: Diese Partei entsandte ein ehemaliges führendes Mitglied des rassistischen Ku Klux Klan zunächst in den US-Kongress und später in den US-Senat, obwohl dessen Vergangenheit öffentlich bekannt war.
A Demokraten
B Republikaner
Frage 9: Ein Senator dieser Partei gehörte als prominentes Mitglied dem America First Committee an, das Anfang der 1940er Jahre gegen einen Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg kämpfte. Am Tag des japanischen Angriffs auf Pearl Harbor hielt er eine öffentliche Rede, in der er um Frieden mit dem japanischen Kaiserreich warb. Als er noch während dieser Veranstaltung über den Angriff informiert wurde, warf er der US-Regierung vor, den Militärschlag durch ihre Wirtschaftspolitik gegenüber Japan provoziert zu haben.
A Demokraten
B Republikaner
Frage 10: Ein Präsident dieser Partei wurde durch einen weißen Rassisten ermordet, der mit diesem Mord die Niederlage der Südstaaten im Sezessionskrieg rächen wollte.
A Demokraten
B Republikaner
Frage 11: Eine pazifistische Kongressabgeordnete dieser Partei stimmte sowohl 1917 gegen den Eintritt in der USA in den Ersten Weltkrieg als auch 1941 – als einzige Abgeordnete überhaupt – gegen den Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg.
A Demokraten
B Republikaner
Frage 12: Ein Präsident dieser Partei verbot in den 1990er Jahren per Executive Order die Offshore-Ölförderung im Golf von Mexico.
A Demokraten
B Republikaner
Frage 13: Ein Präsident dieser Partei berief den ersten afro-amerikanischen Generalstabsvorsitzenden in der US-Geschichte. Ein Präsident der gleichen Partei berief diesen früheren General etliche Jahre später zum ersten afro-amerikanischen Außenminister der USA.
A Demokraten
B Republikaner
Frage 14: Diese US-Partei stellte den Präsidenten während der Gründung des heutigen Staates Israel auf ehemals britisch besetztem Territorium.
A Demokraten
B Republikaner
…und als (parteiunabhängige) Bonus-Frage 15: Von den bislang vier ermordeten US-Präsidenten wurde einer durch einen religiösen Fanatiker getötet. Welcher Religionsgemeinschaft gehörte der Attentäter an?
A Islamist
B Mormone
C Evangelikaler
D Buddhist
…und hier kommen die Antworten…
Antwort auf Frage 1: B – Die Emancipation Proclamation, in der alle in den Südstaaten “gehaltenen” Sklaven zu freien Bürgern erklärt wurden, wurde am 1. Januar 1863 durch den Republikaner Abraham Lincoln unterzeichnet. Zum Ende des US-Bürgerkrieges setzte sich Lincoln für eine Änderung der US-Verfassung ein, welche die Sklaverei in den Vereinigten Staaten endgültig für illegal erklärte. Lincoln selbst erlebte noch die Verabschiedung dieser Verfassungsänderung am 31. Januar 1865, bevor er am 14. April des gleichen Jahres niedergeschossen wurde und einen Tag später an seiner Kopfverletzung verstarb.
Antwort auf Frage 2: A – Die sogenannte Tonkin-Resolution wurde am 7. August 1964 durch den Demokraten Lyndon Baines Johnson unterzeichnet, der nach der Ermordnung John F. Kennedys am 22. November 1963 das Präsidentenamt übernommen hatte.
Antwort auf Frage 3: B – Der Republikaner Gerald Rudolph Ford, der 1974 das Präsidentenamt von dem über die Watergate-Affäre gestürzten Richard Milhouse Nixon übernommen hatte, ordnete im April 1975 mit der Operation Frequent Wind die Evakuierung aller Amerikaner aus Saigon sowie den Abzug sämtlicher US-Truppen aus Südvietnam an. Der Vietnamkrieg endete am 30. April 1975 mit dem Einmarsch nordvietnamesischer Truppen in Saigon sowie der Kapitulation der südvietnamesischen Regierung.
Antwort auf Frage 4: A – Der Demokrat Franklin Delano Roosevelt leitete ab 1939 staatliche Mittel in die Kernwaffenforschung, nachdem ihn unter anderem Albert Einstein vor einem möglichen deutschen Kernwaffenprogramm gewarnt hatte. Im Jahr 1942 wurde unter seiner Regierung das Manhattan Project ins Leben gerufen, welches zum ersten erfolgreichen Kernwaffentest (Trinity-Test) im Jahr 1945 führte.
Antwort auf Frage 5: A – Der Demokrat Harry Truman ordnete in der Endphase des Zweiten Weltkriegs den Abwurf zweier Atomwaffen über den japanischen Städten Hiroshima und Nagasaki am 6. bzw. 8. August 1945 an, durch die etwa 200.000 Menschen – mehrheitlich Zivilisten – ums Leben kamen. Truman hatte die Angriffe unmittelbar nach dem erfolgreichen ersten Atombombentest am 15. Juli des gleichen Jahres befohlen.
Antwort auf Frage 6: A – Der Demokrat Lyndon Baines Johnson unterzeichnete den Civil Rights Act am 2. Juli 1964 (zu einfach soll das Quiz ja dann doch nicht werden…).
Antwort auf Frage 7: A – Der Demokrat George Corley Wallace war vermutlich einer der überzeugtesten Rassisten, die in den USA je in ein hohes Amt gewählt wurden. Er blieb bis 1987 im Amt, schwor in seiner letzten Amtszeit nach seiner Konvertierung zu den “wiedergeborenen Christen” jedoch (zumindest öffentlich) dem Rassismus ab und besetzte zahlreiche hohe Verwaltungsposten gezielt mit afro-amerikanischen Bewerbern.
Antwort auf Frage 8: A – Der langjährige demokratische Kongressabgeordnete und spätere Senator Robert Byrd war in den 1940er Jahren im Ku Klux Klan von West Virginia als Rekruter aktiv, wo er innerhalb weniger Monate über 150 neue Mitglieder anwarb. Anfang der 1950er Jahre schied er nach eigenen Angaben aus dem Klan aus und trat 1952 erstmalig erfolgreich als Kandidat der Demokraten für den US-Kongress an. Seine Mitgliedschaft in der rassistischen Vereinigung deklarierte er in zahlreichen späteren Interviews zu einer Jugendsünde um (Byrd war beim Eintritt in den Klan 25 Jahre alt). Zuletzt hatte er das Amt des Senatspräsidenten inne. 1964 stimmte er als einer von wenigen Demokraten gegen den Civil Rights Act (siehe Frage 6). Bill Clinton erklärte die Mitgliedschaft Byrds 2010 mit den Worten: “He was trying to get elected”.
Antwort auf Frage 9: B – Der Republikaner Gerald Prentice Nye, der den Staat North Dakota im US-Senat vertrat, war eines der prominentesten Mitglieder des America First Committee. Am 7. Dezember 1941 sprach er auf der in die Annalen der US-Geschichte eingegangenen America First-Kundgebung in Pittsburgh. Bei der nächsten Senatswahl verlor er gegen den Demokraten John Moses. Einer der Gründer des Committees war übrigens Gerald Ford (siehe Frage 3).
(Charles Lindbergh spricht auf einer Kundgebung des America First Committees)
Antwort auf Frage 10: B – Der Republikaner Abraham Lincoln wurde am 14. April 1865 im Ford’s Theater durch den Südstaaten-Sympathisaten John Wilkes Booth mit einem Schuss in den Hinterkopf tödlich verwundet und starb am Morgen des darauffolgenden Tages.
Antwort auf Frage 11: B – Die Republikanerin Jeannette Pickering Rankin – übrigens die erste weibliche Kongressabgeordnete überhaupt und bis heute die einzige Frau, die jemals den Staat Montana im Kongress vertrat – stimmte als einziges Kongressmitglied gegen den Eintritt in beide Weltkriege. Ihr Nein zum Kriegseintritt nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor begründete sie damit, dass sie als Frau (damals) nicht selbst an der Front hätte kämpfen können und ihr somit auch nicht das moralische Recht zustünde, andere Amerikaner in ihrem Namen in den Krieg zu schicken. Das heute noch existierende Jeanette Rankin Peace Center und der Jeanette Rankin Woman’s Scholarship Fund gehen auf ihr Wirken zurück.
Antwort auf Frage 12: B – Der Republikaner George Herbert Walker Bush verbot 1990 vor dem Hintergrund der Exxon Valdez-Katastrophe die Errichtung neuer küstennaher Förderplattformen. Sein eigenen Sohn, George Walker Bush, hob das Verbot jedoch 2008 teilweise wieder auf. Barack Obama, der im Wahlkampf mit dem Versprechen angetreten war, das Offshore Drilling wieder zu beenden, gab 2010 überraschenderweise auch noch unter Bush gesperrte Zonen im Golf von Mexiko für die Ölförderung frei.
Antwort auf Frage 13: B – Der Republikaner George Herbert Walker Bush berief im Jahr 1989 den ebenfalls der republikanischen Partei angehörenden Colin Powell zum Vorsitzenden des Generalstabs. Im Jahr 2000 holte der gerade neu gewählte George Walker Bush Colin Powell aus dem Ruhestand zurück und berief ihn zum ersten afro-amerikanischen Außenminister.
Antwort auf Frage 14: A – Der Demokrat Harry S. Truman, der das Präsidentenamt von 1945 bis 1953 innehatte, unterstützte im Jahr 1948 die bereits 1947 von der UN-Vollversammlung beschlossene Gründung des israelischen Staates. Die Vereinigten Staaten erkannten Israel noch am Gründungstag, dem 14. Mai 1948, als erste Nation überhaupt offiziell an.
Antwort auf Frage 15: C – Der Republikaner James A. Garfield wurde am 2. Juli 1881 von Charles Julius Guiteau angeschossen und starb mehrere Wochen später an den Folgen seiner Verwundung. Der offenbar geistesgestörte Guiteau – ein bankrotter Anwalt, evangelikaler Wanderprediger und früherer Herausgeber der gescheiterten religiösen Wochenzeitung “The Daily Theocrat” – verfasste vor seiner Tat ein Bekennerschreiben, in dem er ausführte, Gott habe ihn zu seinem Werkzeug berufen, um die Nation von einem Schädling zu befreien.
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