Das Gummituch-Modell
Die Raumkrümmung wird ja gern mit “Gummituch-Modellen” veranschaulicht, in denen der gekrümmte Raum als zweidimensionale Fläche im dreidimensionalen Raum dargestellt wird. Das sieht meist etwa so aus:
Häufig wird dazu gesagt, dass man sich den Raum eben als “Gummituch” vorstellen soll, in dem die Massen Vertiefungen erzeugen. Das ist natürlich gleich mehrfach unsinnig: Die dritte Dimension in diesem Gummituchbild hat ja keine physikalische Bedeutung. Außerdem – damit die Massen eine Vertiefung erzeugen könnten, müsste es ja eine Schwerkraft in der dritten Dimension geben, die “nach unten” wirkt. Es wäre ziemlich blödsinnig, die Schwerkraft über die Schwerkraft erklären zu wollen…
Trotz dieser Probleme können solche Bilder der Anschauung für den gekrümmten Raum manchmal helfen. Wenn ihr euch vorstellen wollt, wie man ein solches Bild “korrekt” erzeugen kann, dann geht das so: Stellt euch ein flaches Koordinatennetz vor, bei dem die einzelnen “Knoten” mit Stäben verbunden sind, so wie in meinem Bild oben. Jetzt dehnt oder staucht ihr die Abstände zwischen den Koordinatenlinien entsprechend der Metrik. Außerhalb der Erdkugel oben im Bild werden die Stäbe um so länger, je weiter man nach innen kommt, deshalb wölbt sich das Netz trichterförmig auf. Im Innern der Erde werden die Stäbe wieder kürzer, das Netz biegt sich also wieder zurück. Was wir hier sehen, ist analog zu den gestrickten hyperbolischen Räumen, die ich neulich gezeigt habe – wenn die Strickmaschen von Länge und Umfang her nicht zueinander passen, dann verwirft sich das Gestrickte zu einem dreidimensionalen Objekt.
Hier noch einmal ein Bild “von der Seite”, bei dem man den positiv (wie eine Kugel) gekrümmten Bereich im Zentrum besser sieht:
Auch dieses Bild habe ich mit gnuplot gemacht. Die Formeln dazu habe ich aus dem Misner, Thorne, Wheeler, Kap. 23. Allerdings gibt es da etwas, das mir Kopfzerbrechen bereitet – vielleicht ist ja jemand von euch schlauer als ich? Die Formel für die z-Koordinate lautet im MTW (23.34b)
z(r) = √[8M (r-2M)]
Für große r verhält sich das wie √r. Die Gumifläche sollte also auch weit außen immer noch gekrümmt sein. Auch im Text steht, dass die Fläche asymptotisch nach außen niemals flach wird außer bei unendlicher Entfernung. Das zugehörige Bild 23.1 (wie auch alle anderen typischen Gummituch-Bilder, die man zu sehen bekommt), wird aber nach Außen hin flach:
Falls jemand mir erklären kann, woher die Diskrepanz kommt, wäre das super. Vielleicht ist es tatsächlich nur eine inkorrekte Vereinfachung – jedenfalls habe ich hier eine Darstellung gefunden, die meiner entspricht. Auf der Seite gibt es übrigens auch ziemlich coole Animationen. (Dieser gut in einem Warn-Abschnitt versteckte link ist meine Version eines “easter eggs”)
Die Raumzeitmetrik
Ganz oben hatte ich ja Raumzeit-Diagramme gezeigt, dann habe ich euch die Metrik des Raumes veranschaulicht. Was jetzt noch fehlt, ist die Zeitkomponente der Metrik. Anders als bei der räumlichen Komponente, bei der ja der Überschussradius im Innern der Erde wieder abnimmt, vergeht die Zeit immer langsamer, je weiter man nach Innen kommt. Hier die entsprechende Grafik:
Wieder ist auf der x-Achse der Abstand vom Zentrum aufgetragen, auf der y-Achse jetzt der zeitliche Abstand zwischen zwei “Zeitkoordinaten” – im Bild ganz oben mit den Weltlinien also der zeitliche Abstand zwischen zwei Punkten in übereinanderliegenden Scheiben.
Man erkennt, dass die Zeit immer langsamer verläuft, je weiter man nach innen kommt. Auch außerhalb der Erde ist die Zeit entsprechend “verlangsamt” – wir hatten ja schon im letzten Teil gesehen, dass das dafür verantwortlich ist, dass Bälle auf gekrümmten Bahnen fliegen, wenn man sie wirft.
Es wäre schön, wenn man die ganze Raumzeitkrümmung in einem Bild darstellen könnte. Dazu nehme ich die Netzdarstellung mit den roten und grünen Abstandslinien von oben und zeichne den zeitlichen Abstand aus dem Bild hier als dritte Dimension hinein. Damit man sieht, wie die Zeit vergeht, staple ich – wie ganz am Anfang – drei Bilder übereinander. Das Ergebnis ist ein bisschen unübersichtlich (zum Vergrößern anklicken) – das ist vermutlich auch der Grund, warum ich so ein Bild noch nie gesehen habe; außer mir scheint niemand diese Darstellung hilfreich zu finden (die macht übrigens auch ziemlich viel Arbeit…):
Kommentare (115)