Letztlich können nur die Fossilien eine klare Aussage machen, welche Konfiguration real vorlag. Es gibt aber ja zahlreiche Fossilien mit erhaltener Flughaut – wo ist eigentlich das Problem?

Um das zu verstehen, schauen wir mal ein solches Fossil an (Bild 3E, Fossil eines Eosypterus):

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Ihr seht das Problem: Da sind ein paar dunklere Flecken, die die Überreste der Flughaut bilden, und das ist auch schon alles. Mit viel Mühe (und wenn man das Originalfossil anguckt, nicht bloß ein paar pixelige Fotos) kann man das Bild so interpretieren (Bild 4E):

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Man erkennt ein paar Flughautreste am Fuss (im linken unteren Bereich des Bildes), die darauf hindeuten, dass die Flughaut hier am Knöchel angesetzt haben mag, aber so richtig glasklar ist die Sache nicht.

Hinzu kommt noch ein anderes Problem: So ein Flugsaurierfossil wird ja nicht vorsichtig von einer Paläontologin in das Sediment gebettet, damit es möglichst unverformt nach 100 Millionen Jahren wieder geborgen werden kann. Der Flugsaurier stirbt, sinkt vielleicht auf den Grund eines Sees und wird mit Sediment zugedeckt. Dabei kann die Membran natürlich verformt werden. Außerdem ist die Membran ein elastisches Material, das sich im Tod und danach ebenfalls verformen oder verziehen kann. Ein schönes Beispiel dafür, wie einen Fossilien in die Irre führen können, findet sich ebenfalls in dem paper (Bild 5A1/5A2. eines Rhamphorynchus, von mir leicht unscharf maskiert, um den Kontrast zu erhöhen):

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Würde man die Flughaut hier für bare Münze nehmen, so wäre sie extrem schmal und würde überhaupt nicht am Körper ansetzen. Immerhin kann man ziemlich sicher davon ausgehen, dass diese Verzerrungseffekte eine Flughaut im Fossil nicht größer erscheinen lassen werden, als sie im lebenden Tier war, sondern nur kleiner. Wenn man also Fossilien findet, bei denen die Flughaut sich bis zum Knöchel erstreckt, dann dürfte das auch tatsächlich so gewesen sein.

Und zumindest ein paar solche Fossilien gibt es. Hier ist das schönste davon, der Rhamphorynchus mit dem Beinamen “dark wing” (klingt wie aus einem Batman-Film…):

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Oben in der Mitte sieht man sehr schön, dass die Flughaut bis zum Knöchel reicht. Elgin, Frey und Hone schauen sich im paper die wichtigsten Fossilien mit erhaltener Flughaut an, um zu sehen, bei welchen die Flughaut am Bein oder Fuß anfängt. Dazu gehört Sordes pilosus, der berühmt ist, weil er der erste entdeckte Flugsaurier mit deutlichen Spuren einer Körperbehaarung war. Auch bei Fossilien von Jeholopterus und Anurognathus scheint sich die Flughaut bis zum Fuß auszudehnen. Ein Fossil, bei dem die Flughaut gut erhalten ist und eindeutig nur am Rumpf ansetzt, wurde nicht gefunden. Die Autoren kommen insgesamt zu dem Schluss:

Based on the available specimens the only configuration supported by fossil evidence is that of an ankle or lower hind limb attachment of the proximal trailing edge.
[Auf der Basis der zugänglichen Funde ist die einzige Konfiguration, die durch Fossilien gestützt wird, eine, bei der die Hinterkante am Knöchel oder Unterschenkel ansetzt.]

Wie oben bereits erwähnt, muss natürlich die Form der Flughaut nicht bei allen Flugsauriern gleich gewesen sein. Um sich einen Eindruck zu verschaffen, welche Konfiguration bei anderen Flugsauriern zu erwarten ist, verwenden die Autoren einen Stammbaum (genauer gesagt, ein Kladogramm) der Flugsaurier, in dem sie diejenigen Arten markieren, für die sie einen Ansatz am Unterschenkel oder Knöchel gefunden haben (sie verwenden sogar zwei unterschiedliche Varianten, ich zeige hier nur eine, Bild 6B):

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Man erkennt, dass die “Beinkonfiguration” weit verbreitet ist und somit als “Standard” angesehen werden kann. (Das bedeutet aber nicht, dass nicht im Einzelfall eine Flugsauriergruppe eine andere Konfiguration entwickelt haben kann. Man könnte beispielsweise ein ähnliches Diagramm für die Körperbehaarung der Säugetiere aufstellen und sehen, dass ein dichtes Körperfell “Standard” ist – trotzdem gibt es Menschen, Wale und Nacktmulle.)

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Kommentare (8)

  1. #1 rolak
    27. Februar 2011

    ^^
    Läßt die Gedanken abschweifen…

  2. #2 KommentarAbo
    28. Februar 2011

  3. #3 Moetzi
    1. März 2011

    Wie schnell könnten sich Hautflügel denn evolutionär verändern? Gibt es da überhaupt genug Fossilien, um Aussagen für eine ganze Art treffen zu können? Die Flügelformen sehen sich teilweise ja sehr ähnlich.

  4. #4 MartinB
    1. März 2011

    @Moetzi
    Naja, innerhalb einer Art dürfte die Flügelform schon ziemlich konstant gewesen sein, aber es gibt ja so etwa 80 bekannte Flugsauriergattungen über etwa 150Millionen Jahre hinweg, das ist schon ziemlich viel Zeit für Evolution. Oderhab ich deine Frage falsch verstanden?

  5. #5 Moetzi
    3. März 2011

    Im Text steht, dass es zahlreiche Fossilien mit erhaltener Haut gibt. Das hatte ich überlesen. Irgendwie hatte ich von den Landsauriern im Kopf, dass man kaum etwas über die Haut weiß, weil zu wenig gut erhaltene Fossilien.
    Meine Frage zielte eher auf kürzere Zeiträume innerhalb einer Gattung, also wie kann man von ein paar Fossilien auf eine ganze Gattung schließen. Bei einem Hautflügel hatte ich mir vorgestellt, dass er sich über wenige Generationen schon merklich verändern kann. Also Frage beantwortet.

  6. #6 MartinB
    3. März 2011

    @Moetzi
    Die Flugsaurierhaut hat natürlich zum einen den Vorteil, dass es ne ziemlich feste Membran (aus Actinofibrillen) ist. Und man kennt viele Flugsaurier z.B. aus der gegend von Eichstätt, wo die Erhaltungsbedingungen besonders günstig waren.
    Abdrücke von Dinosaurierhaut gibt es aber auch gar nicht so wenige…

  7. #7 KnoxonK
    7. März 2011

    Die Haut wird ja nur unter besonderen Bedingungen Konserviert. Bei landlebenden Sauriern stammen Fossilfunde der Haut ja häufig von in besonders trockenen Gegenden mumifizierten Tieren.
    Kann es sein, dass es bei Flugsauriern mehr Abdrücke von der Haut gibt, gerade weil sie fliegen konnten? Es wäre schließlich denkbar, dass gerade die Flugfähigkeit sie an Orte bringen konnte an denen die Bedingungen für die Konservierung besonders gut waren, an die andere landlebende Saurier, aber gar nicht gelangen konnten.
    Interessant wäre es in diesem Zusammenhang auch zu wissen wie die Fossilienlage zur Haut von wasserlebenden Sauriern ist.

  8. #8 MartinB
    7. März 2011

    @KnoxonK
    Die entscheidende Rolle spielt wohl die Frage, in welchem gestein die Tiere erhalten bleiben. Solnhofen/Eichstätt mit dem feinen lithographischen Schiefer ist da prädestiniert, ebenso die neueren Funde aus China, wo ja auch z.B. “Haare” (Protofedern oder “Dino-Fuzz”) von Raubsauriern erhalten sind. Bei Meeressauriern sind ja die Abdrücke im Ölschiefer berühmt.
    Da solche Gesteine oft am Boden von Seen oder flachen Meeren entstehen, haben fliegende Tiere da sicher größere Wahrscheinlichkeiten, erhalten zu werden, wenn sie z.B. durch einen Sturm abgetrieben werden.