In Genf wird gerade verhandelt. Man ist auf der Suche nach einem Weg das andauernde Massaker in Syrien zu beenden. Oder man gibt zumindest vor sich an einer solchen zu beteiligen. Die Medienaufmerksamkeit ist so gross. Die Chancen auf Erfolg klein.Langjährige Leserinnen und Leser dieses Blogs wissen, dass ich fast immer den Standpunkt vertrete, dass ein diplomatischer Dialog besser ist als Schweigen. Das trifft auch in diesem Fall zu. Der Unterschied so befürchte ich, ist jedoch in diesem Fall sehr klein. Darum hier ein paar Gedanken zum Gesprächs-Theater um Syrien für welche Genf gerade als Bühne dient.

Die Gespräche, normalerweise als Geneva II bezeichnet,1 weil es sich um die zweite Runde handelt, haben am anderen Ende des Genfersees in Montreux begonnen (da in der Stadt wegen einer Uhrenmesse alles belegt war) und sind inzwischen tatsächlich in der Stadt. Die erste Runde der Gespräche fand im Sommer 2012 statt (ja, so lange dauert die Tragödie in Syrien schon an).2 Das Resultat der ersten Genfer Gespräche war das Genfer Kommuniqué. Diese Abschlusserklärung ist nicht nur wichtig um die jetzigen Gespräche einschätzen zu können, sondern erklären auch das diplomatische Scharmützel und die Blossstellung von UN Generalsekretär Ban Ki-Moon rund um die Ein- und Wiederausladung von Iran zu den Gesprächen.

Eine Kernforderung des Dokuments, dessen Akzeptanz als Vorbedingung für die Gespräche von Geneva II galt, ist jene nach einer Übergangsregierung in Syrien. Die USA insistierten bisher immer, dass dies als Vorbedingung für eine Teilnahme zu gelten hat. Iran stellte sich bisher immer auf den Standpunkt, dass es keine Vorbedingungen für seine Teilnahme geben dürfe. Es scheint nun so, dass man im Vorfeld aus Teheran Signale erhielt, dass man das Genfer Kommuniqué akzeptieren würde, unter der Bedingung, dass dies nicht öffentlich gesagt wird.3 Inzwischen wurde klar, dass es irgendwo einen Kommunikationszusammenbruch in der theoretisch mit den USA orchestrierten Einladung Irans gegeben haben muss. Zumindest scheint es als ob Irans Rückzieher für Ban Ki-Moon überraschend kam. Das Fehlen von Iran an den Gesprächen ist jedoch ein grosses, wenn nicht gar zentrales Problem. Der Iran spielt eine zentrale Rolle unter den externen Akteuren und hat vermutlich mehr Einfluss auf Assad als Russland.

Aber auch sonst gibt es kaum Grund zur Hoffnung. Wenn es ein Erfolg ist, dass die Parteien, sich am dritten Tag im selben Raum treffen (aber nur via Mediator kommunizieren), weiss man, das schleppend nicht einmal ansatzweise beschreibt, wie man sich den Fortschritt vorstellen muss. Dazu kommt, dass es kaum einen gemeinsamen Nenner gibt, der als Verhandlungsbasis dienen kann. Während die Opposition nur über eine Zukunft ohne Assad zu sprechen bereit ist, steht auf der anderen Seite die Regierung Syriens, für die ein Rücktritt Assads ausser Frage steht. Rückenwind erhält sie dadurch, dass sie inzwischen militärisch eher die Oberhand hat. Während sie einerseits Waffen aus Russland erhält, will der Westen keine an die inzwischen sich teilweise gegenseitig bekämpfende Opposition liefern, aus Angst, dass diese in die Hände von Islamistengruppe geraten (eine Angst die nicht unbegründet ist, sieht man was für Gruppen in Syrien mitmischen). Trotz erheblichen Drucks westlicher Staaten auf diverse Gruppen teilzunehmen, bleibt die Opposition zerstritten und nur partiell vertreten. Die Regierung Syriens kann natürlich unter diesen Umständen sich kooperationsbereit zeigen, die Bühne nutzen und gleichzeitig dafür sorgen, dass die Verhandlungen so langsam wie möglich vorwärts gehen. Dass man sich mit grosser Mühe auf eine minimale humanitäre Geste einigen konnte, deren Implementierung noch in den Sternen steht, ist ein sicheres Anzeichen wie wenig sich die Parteien anzubieten haben.

Assad spielt also weiterhin gekonnt die verschiedenen Akteure die grössten Kritiker müssen inzwischen akzeptieren, dass Assad ein Teil einer Lösung sein muss. Dies ist in Anbetracht der Greultaten die von beiden Seiten begangen werden und den sich verdichtenden Hinweise auf Kriegsverbrechen4 nicht für alle einfach zu schlucken. Hier liegt das Dilemma für den Westen. Man will nicht mit Assad. Man will aber auch nicht mit vielen der Rebellengruppen. Egal wer gewinnt (falls es so etwas wie “gewinnen” in diesem Kontext überhaupt noch geben kann), es sind vermutlich die falschen.

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Kommentare (3)

  1. #1 rolak
    Januar 27, 2014

    Der Unterschied so befürchte ich, ist jedoch in diesem Fall sehr klein

    Alte Lebensweisheit: Besser ist nicht unbedingt gut 😉

    Ganz abgesehen davon, daß selbst kleine Erfolge des Treffens wohl nur ein Wunschtraum bleiben dürften – hoffen kann man ja mal.

    Inzwischen Sorgen wir uns in der Schweiz

    Auch hier vermeine ich ein Ansteigen der geäußerten Ressentiments zu spüren. Völlig surreales, phobisches Verhalten…

  2. #2 Dr. Webbaer
    Februar 5, 2014

    Egal wer gewinnt (falls es so etwas wie “gewinnen” in diesem Kontext überhaupt noch geben kann), es sind vermutlich die falschen.

    So scheint die Lage zu sein.
    Allerdings könnte auch klar sein, dass derart verfeindete Kräfte, wenn flüchtig, nach ihrer Aufnahme bei einem Asylgeber ihre Konflikte nicht zwingend beenden werden.

  3. #3 Ellen
    p7q2TXVSDHM
    Dezember 26, 2016

    That’s 2 clever by half and 2×2 clever 4 me. Thkans!