“Was nicht sein kann, das darf nicht sein.”
“Was nicht dem vorherrschenden Weltbild entspricht, wird ignoriert.”
“Neue Ideen werden unterdrückt.”
“Wer abseits des Mainstreams forscht, wird nicht ernst genommen und lächerlich gemacht.”
Solche und ähnliche Behauptungen bekommt man in gewissen Diskussionen immer wieder zu hören. Meistens dann, wenn es um Themen wie Astrologie, Homöopathie, UFOs, “freie Energie” und ähnlich seltsame Sachen geht, die mit Wissenschaft nichts zu tun haben. Obwohl das ja gar nicht stimme, denn – so argumentieren die Anhänger der jeweiligen Pseudowissenschaft – natürlich seien die Thesen der Astrologen/Homöopathen/Vakuumsenergieerforscher alle höchst seriös und wissenschaftlich und korrekt und gerade deshalb werden sie von der “Schulwissenschaft” abgelehnt. Denn alles was nicht ins bestehende Weltbild passe, müsse unterdrückt werden. Neue Erkenntnisse würden dazu führen, dass die Wissenschaftler ihre Meinung ändern müssen und dann würden sie ihre gutbezahlten Posten verlieren und ihre Deutungshoheit über die Welt. Deswegen müssen neue Ideen gnadenlos unterdrückt werden, jeder der sich abseits der ausgetretenen Pfade bewegt muss lächerlich gemacht werden und es darf nur der Karriere machen, der genau das wiederholt, was die Vorgänger gesagt haben. Und außerdem haben die Wissenschaftler früher geglaubt, dass die Erde eine Scheibe ist und haben Galileo ausgelacht. Also!
Ist die Wissenschaft wirklich so dogmatisch? Wird wirklich jede neue Idee abgelehnt? Macht man sich als Wissenschaftler lächerlich, wenn man neue Wege beschreiten will? Natürlich nicht…
Wer behauptet, in der Wissenschaft würde nur der Status Quo verteidigt und alles neue würde abgelehnt, der zeigt, dass er kaum Ahnung davon hat, wie Wissenschaft wirklich funktioniert. Wissenschaft ist eigentlich nichts anderes, als ein effektiver Weg um 1) neue Ideen zu finden und 2) neue Ideen zu prüfen. Natürlich will man als Wissenschaftler neue Ideen haben und kennenlernen. Das steckt ja schon im Namen: Wissen schaffen! Wissenschaft ist ständig in Bewegung; es wird ständig etwas neues herausgefunden, eine neue Idee ausprobiert und nach neuen Wegen gesucht. Aber das ist nicht alles. Sich neue Dinge auszudenken ist zwar durchaus Teil der wissenschaftlichen Arbeit. Aber nur ein Teil! Da ist noch mehr und hier entstehen die Missverständnisse.
Denn es reicht nicht, sich einfach irgendwas Tolles und Faszinierendes auszudenken. Es muss auch überprüft werden. Es darf dem, was schon vorher überprüft und für korrekt befunden wurde, nicht widersprechen ohne den Widerspruch aufzulösen und das alte Wissen in die neuen Theorien zu integrieren (so wie es zum Beispiel die Allgemeine Relativitätstheorie mit der Newtonschen Gravitationstheorie gemacht hat). Und je spektakulärer und je neuer die Idee ist, desto besser und sorgfältiger muss sie überprüft werden. Ein idealer Wissenschaftler muss in seinem Kopf zwei unterschiedliche Denkweisen vereinen: Er muss prinzipiell offen für alles sein und nach neuen Ideen suchen – denn sonst gibt es auch keine neuen Erkenntnisse. Er muss aber auch skeptisch gegenüber allen neuen Ideen sein und sie objektiv prüfen – denn nur so kann sicher gestellt werden, dass neue Erkenntnisse auch richtig sind.
Der Konflikt mit den Anhänger der Pseudowissenschaften erwächst aus dieser zweiten Denkweise. Denn all die Leute, die in ihren Hobbykellern tolle Maschinen bauen, die unser Energieproblem für immer lösen; die Leute, die Einstein widerlegt und eine neue Theorie von Allem entwickelt haben; die Leute, die Geräte bauen, mit denen man in die Zukunft sehen kann – sie haben zwar tatsächlich neue und aufregende Ideen. Aber es fehlt der zweite Teil, der, der aus neuen Ideen echte Wissenschaft macht. Es fehlt die Skepsis den eigenen Ideen gegenüber! Nur weil man sich wünscht, dass man recht hat, ist es noch lange nicht so. Man muss bereit sein, die Ideen zu überprüfen. Und man muss vor allem bereit sein, die Ergebnisse dieser Überprüfung zu akzeptieren. Wenn sich herausstellt, dass die Idee falsch war, dann muss man sie verwerfen.
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