Anhänger diverser abergläubischer Disziplinen fühlen sich gerne mal von der rationalen Mehrheit unterdrückt. Die bösen Wissenschaftler und die unfreundlichen Skeptiker würden ihre Astrologie, ihre Wünschelruten oder ihre Heiledelsteine einfach nicht ernst nehmen, sondern lächerlich machen, kritisieren und sogar öffentlich behaupten, dass es sich nur um Unsinn handelt! Diese Märtyrer-Rolle nimmt auch die Homöopathie gerne in Anspruch. Dabei können sich die Anhänger der Globuli kaum beschweren. Wie kaum ein anderes pseudowissenschaftliches Konzept hat es die Homöopathie geschafft, tief in die Gesellschaft und vor allem die Wissenschaft einzudringen. Homöopathie wird an Universitäten gelehrt, wird von Ärzten praktiziert, von Politikern unterstützt und in Medien gelobt. Die Pseudomedizin der Homöopathie ist überall und es scheint aussichtslos, darauf hinzuweisen, dass sie weder wirkt noch seriöse Medizin ist. Umso wichtiger ist das Buch, dass die beiden Wissenschaftsjournalisten Christian Weymayr und Nicole Heißmann geschrieben haben. In “Die Homöopathie-Lüge: So gefährlich ist die Lehre von den weißen Kügelchen” erklären sie ausführlich und verständlich, was Homöopathie eigentlich ist, was sie nicht ist und wie sie es geschafft hat, so populär zu werden, wie sie es heute ist.
Das Buch beginnt mit einer historischen Einführung und erklärt die Entstehung der Homöopathie vor knapp 200 Jahren. Die Autoren zeigen, wie Samuel Hahnemann damals auf die Idee kam, dass man “Gleiches mit gleichem” heilen könnte und das ein Medikament umso wirksamer werden würde, je weniger Wirkstoff es enthält. Sie erklären auch, warum diese beiden Grundlagen der Homöopathie durch den Fortschritt der medizinischen Forschung in den letzten 200 Jahren längst widerlegt wurden und nicht mehr haltbar sind:
“Während die Homöopathie bei ihrer Entstehung noch halbwegs im Einklang mit den Vorstellungen ihrer Zeit stand, ist sie heute das Vermächtnis eines einzelnen Mannes, der sich aus fragmentarischen Wissen und fundamentalen Irrtümern ein Gedankengebäude zusammengezimmert hat, über das die Erkenntnisse der vergangenen 200 Jahre längst hinweggegangen sind.
Trotzdem sind viele Menschen von den Globuli sehr begeistert. Die Autoren widmen sich daher auch der Frage, was die Homöopathie so attraktiv macht und wieso so viele Menschen fest davon überzeugt sind, die Globuli hätten eine Wirkung, obwohl sie aus reinem Zucker bestehen und keinen Wirkstoff mehr enthalten. Der Placebo-Effekt – der weit mehr ist als nur “Einbildung”! – wird ausführlich erklärt und Weymayr und Heißmann zeigen, warum das Gesamtpaket Homöopathie ein so wirksames Placebo ist.
Ein eigenes Kapitel ist auch der wissenschaftlichen Erforschung der Homöopathie gewidmet. Homöopathen erzählen ja immer gerne von den vielen Studien, die die Wirkung ihrer Globuli angeblich einwandfrei belegen würden. Von den vielen Studien, die zeigen, dass Homöopathie nicht wirkt, wird dagegen nie gesprochen. Genauso wenig von den qualitativen Unterschieden der Studien und der Tendenz, dass Homöopathie umso “wirksamer” wird, je schlechter die Studie durchgeführt wurde. Weymayr und Heißmann erklären, wie eine gute Studie funktioniert und zeigen, wie die Homöopathen sich aus den vielen wissenschaftlichen Untersuchungen die Rosinen herauspicken, deren Ergebnisse in ihrem Sinne sind, dabei aber den Rest ignorieren:
“So funktioniert die ‘wissenschaftliche’ Welt der Homöopathie nach dem einfachen Schema: negative Ergebnisse ausblenden, positive hochjubeln. Fairerweise muss man dazusagen, dass auch die medizinische Welt so vorgeht – nur dass es Pharmafirmen, die vor Zulassungsbehörden und Konkurrenten bestehen wollen, und Ärzten, die innerhalb ihrer Zunft um wissenschaftliche Anerkennung ringen, ungleich schwerer gemacht wird, Studienergebnisse selektiv und unsauber zu interpretieren. Darüber wachen interne Kontrollinstitutionen der evidenzbasierten Medizin (…) sowie viele andere öffentliche und private Einrichtungen, die Fehlverhalten monieren und teilweise auch öffentlich machen. In der Welt der Homöopathie sucht man solche Kontrollinstanzen, die die Wirksamkeit homöopathischer Arzneien streng nach den Regeln der evidenzbasierten Medizin hinterfragen, vergeblich.”
Weymayr und Heißmann sind der Meinung, dass die Wissenschaft sich lang genug mit dem Thema beschäftigt hat. Nicht nur zeigt jede qualitativ hochwertige Studie, dass die Homöopathie nicht besser wirkt als ein Placebo. Die Grundprinzipien der Homöopathie widersprechen auch sämtlichen Naturgesetzen, auf denen die moderne Wissenschaft begründet ist. Naturgesetze, die millionenfach überprüft und bestätigt sind. Immer neue und weitere Studien werden an diesem Befund nichts ändern. Darum meinen die Autoren:
Kommentare (1.111)