Wie in einer Trance wankten sie mit schleppenden, eckigen, mechanisch wirkenden Bewegungen über die Myrtle Avenue. Sie stöhnten unartikulierte Laute und ihre Augen erschienen leblos… Zombies in Brooklyn?

So wurden die 33 Opfer einer Überdosis von AMB-FUBINACA von Passanten, die letzten Juli in Brooklyn, New York einen Notruf absetzten, tatsächlich bezeichnet und kürzlich berichtete sogar das New England Journal of Medicine über den „Zombie-Ausbruch“ und die drastischen Auswirkungen dieser Substanz, die der Gruppe der synthetischen Cannabinoide zugerechnet wird, obwohl sie eine völlig andere chemische Struktur als THC hat [1, 2].

620px-Tetrahydrocannabinol.svg

Tetrahydrocannabinol (THC)

AMB-FUBINACA.svg

AMB-FUBINACA

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Von acht der 18 Opfer, die stationär aufgenommen werden mußten, wurden Serum-, Vollblut- und Urinproben genommen und parallel zu einer Probe der „Kräutermischung“, die als „AK 47 24 Karat Gold“ bezeichnet wird und sich noch im Besitz einiger der Opfer befand, toxikologisch mittels HPLC/TOF-MS untersucht. Dabei stellte sich heraus, daß die Kräutermischung AMB-FUBINACA in einer Konzentration von 16,0 +/- 3,9 mg/g enthielt und sich ein Abbauprodukt der Substanz in Serum und/oder Vollblut aller getesteten Opfer in Mengen von 77 – 636 ng/ml nachweisen ließ.

Die Konzentration dieser ultrapotenten Substanz in den untersuchten Proben erklärt die stark zentralnervös dämpfenden Effekte, die das zombieartige Verhalten der Opfer dieser Massenvergiftung hervorgerufen haben und nur der guten Zusammenarbeit von Ärzten, Rettungskräften, toxikologischen Labors und Ermittlungsbehörden ist es zu verdanken, daß die Substanz schnell identifiziert und die nötigen Schritte eingeleitet werden konnten.

Im Zuge des „Kriegs gegen die Drogen“ gibt es zwischen Drogenfahndern und –regulierungsbehörden einerseits und Drogenhändlern und -nutzern andererseits ein stetiges Wettrüsten, denn für jedes neue Verbot einer Substanz kommt mindestens eine neue Substanz auf den Markt. Diese neuen Drogen werden oftmals in chinesischen Labors synthetisiert, basierend auf Forschungsergebnissen aus den Uni-Laboren westlicher Industrieländer. Wenn sie auf den Markt kommen, gibt es noch keine Regulierung für sie, wodurch sie besonders schwer zu detektieren sind. Das wiederum macht sie speziell attraktiv für Nutzer, die sich regelmäßig Drogentests unterziehen müssen, da sie dabei nicht entdeckt wird.

Daß das nicht ungefährlich ist, sieht man an den immer potenteren Designerdrogen wie AMB-FUBINACA, das übrigens ursprünglich vom Pharmakonzern Pfizer entwickelt, dann aber nicht weiter verfolgt und auch nie am Menschen getestet wurde. Die Bezeichnung als „synthetisches Marijuana“ ist nicht nur, wie oben erwähnt, chemisch ungenau, sondern auch irreführend, weil es so gut wie unmöglich ist, sich eine THC-Überdosis zu versetzen. Die Droge aber, die ihre Nutzer als Zombies durch Brooklyn torkeln ließ, war 85 mal potenter als THC!

Die Geschichte der synthetischen Cannabinoide läßt sich bis zum Forscher John Huffmann von der Clemson Universität zurückverfolgen, der versuchte, eine Substanz zu gewinnen, die das gleiche medizinische Potential von THC, nicht aber dessen psychotrope Wirkung aufweist. Es kam, wie es kommen mußte, 2008 tauchte die erste synthetische Droge auf der Straße auf, die in Europa als „Spice“ bekannt wurde und deren Hauptwirkungskomponente ironischerweise JWH-18, nach Huffmann, bezeichnet wird: den Abusus seiner neuen Substanzen hat Huffmann nie gewollt.

Seither ist die Zahl verfügbarer synthetischer Drogen stetig gestiegen und das Patent für AMB-FUBINACA, das 50 mal potenter ist als Spice, ist sogar öffentlich zugänglich. Chinesische Drogenlabore durchsuchen solche öffentlich verfügbaren Quellen, um Ideen für die Grundzüge neuer Substanzen zu sammeln. Diese gehen dann direkt vom Labor auf die Straße und die ersten Nutzer sind die Versuchskaninchen.

Das wird besonders dann gefährlich, wenn die Substanzen so potent sind, wie AMB-FUBINACA, denn hier können schon kleine Fehler bei der Zusammenstellung der verkaufsfertigen Mischung drastische Auswirkungen haben, so es wohl im Fall der Massenvergiftung von Brooklyn gewesen ist. Dieser Fall illustriert wieder einmal, welchen Schaden der „Krieg gegen die Drogen“ anrichtet. Wäre etwa THC frei verkäuflich, bestünde nicht der Bedarf nach immer neuen und mitunter gefährlichen, ungetesteten Substanzen, um Entdeckung und Verboten zu entgehen. Ein weiterer Effekt von Prohibitionen dieser Art ist, daß es stets einen Trend zu immer stärkeren Mitteln gibt, um den Gewinn der Händler zu maximieren: auf gleichem Raum läßt sich – bei gleichem Risiko, entdeckt zu werden – mehr „Rauschpotential“ und damit verkaufbare Drogeneinheiten transportieren, je „konzentrierter“ eine Substanz ist.

Es liegt natürlich nicht im Interesse von Dealern, ihre Kunden umzubringen, aber je potenter der Stoff wird, den sie verkaufen, umso stärker wird das Risiko, daß genau das passiert, steigen. Noch wurde keine Substanz bekannt, die das Potential hat, viele Hundert, vielleicht Tausende Nutzer umzubringen, aber wenn sich nichts an der Drogenpolitik ändert, wird ein solches Szenario wohl immer wahrscheinlicher werden.

________

Referenzen

[1] Adams, A. J., Banister, S. D., Irizarry, L., Trecki, J., Schwartz, M., & Gerona, R. (2016). “Zombie” Outbreak Caused by the Synthetic Cannabinoid AMB-FUBINACA in New York. New England Journal of Medicine.

[2] Hier ein kurzes Video, das die Ergebnisse und Hintergründe zusammenfasst (englisch).

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Kommentare (24)

  1. #1 Cornelius Courts
    26/01/2017
  2. #2 tomtoo
    27/01/2017

    @CC

    Gibts eigentlich eine Studie bzgl. der Sterblichkeit bei Cannabispflanzen vs. Waffenbesitz ?
    Ich kann mich nicht so gut ausdrücken. Aber was ist gefährlicher ne nette Holländerin oder ein Schießstand im Keller ?

    Und nicht OT evtl. wäre das Zombiezeugs ja ruck , zuck out ?

  3. #3 zimtspinne
    27/01/2017

    Die Cannabispflanze als solche ist robust und wüchsig und neigt erst bei voller Blüte zu Sterblichkeitsanzeichen (ist normal). Selbst Hitze von 52 Grad auf einem Südwestbalkon, bei der Pflanzen ihr Wachstum normalerweise komplett einstellen und sogar mediterrane Arten gerne mal die Flügel strecken, machen ihr nichts aus, eher im Gegenteil.
    Blätter regelmäßig auf Schädlinge und Mehltau kontrollieren und vor Regen schützen und alles wird gut.
    Waffen fangen sich draußen sicher leicht Rost ein und leben verkürzt 😉

  4. #4 Cornelius Courts
    27/01/2017

    @tomtoo: ” Aber was ist gefährlicher ne nette Holländerin oder ein Schießstand im Keller ?”

    Definitiv letzteres. ‘Ne Studie gibt’s dazu meines Wissens nicht, die dürfte aber in etwa so sinnvoll sein, wie eine Studie, die vergleicht, was Leuten besser gefällt: auf einem bequemen Stuhl zu sitzen oder auf einem bequemen Stuhl zu sitzen und einer haut ihnen volle Kanne mit einem Hammer auf den dicken Zeh 😉

    “Und nicht OT evtl. wäre das Zombiezeugs ja ruck , zuck out ?”

    Daher meine Einschätzung: “Wäre etwa THC frei verkäuflich, bestünde nicht der Bedarf nach immer neuen und mitunter gefährlichen, ungetesteten Substanzen,”

    @zimtspinne: “Hitze von 52 Grad auf einem Südwestbalkon”

    Wow. Wo wohnst’n Du? Im Death Valley? Auf der Venus?

  5. #5 noch'n Flo
    Schoggiland
    27/01/2017

    @ CC:

    Wo wohnst’n Du?

    Hey! Man fragt doch nicht nach dem Standort einer Hanfplantage. 😉

    Aber das mit den ständig neuen Drogen und dem nicht zu gewinnenden “War on drugs” predige ich ja nun schon im 20. Jahr. Früher haben wenigstens noch Leute wie Sasha Shulgin (er ruhe in Frieden!) die neu designten Drogen systematisch untersucht und genaue Dokumentationen veröffentlicht, so dass sich die User recht genau darauf einstellen konnten, was sie erwartet.

    Damals war es allerdings auch eher noch ein recht überschaubares Häufchen, welches mit Drogens ausserhalb des Mainstreams herumexperimentiert hat. Heutzutage ziehen sich viele Möchtegern-Drogenbosse einfach ein paar neue Formeln aus dem Netz, suchen über einschlägige Handelsportale einen Hersteller in China oder Indien, und schon ist wieder eine neue Substanz auf der Strasse, von der nicht einmal mehr die einschlägigen Datenbanken (e.g. “Erowid”, “Lycaeum”) noch vernünftige Einträge haben.

    Okay, dumme Menschen hat es immer gegeben (ich erinnere nur an den Halbstarken, der sich ein ganzes Fläschchen 2-C-T-21 aus dem Internet bestellt hat, und anstatt einer Analysenwaage lieber seine Zungenspitze zum Dosieren verwendet hat – eine derartige Dummheit, dass man sich nur noch wundern konnte, dass es am Ende doch noch mehrere Monate bis zum letalen Zwischenfall gedauert hat), aber was da heutzutage in der Spass-Community abgeht, ist im regelfall sogar für den Darwin-Award zu dämlich.

  6. #6 zimtspinne
    27/01/2017

    @ CC
    Ja tatsächlich gemessen 2015 in der Woche mit täglich 35+ Hitzegraden…. wenn die Sonne tagelang mit maximaler Sonnenscheindauer an Hauswände knallt und sich dann noch innerhalb eines Balkons staut, kommt es locker zu solchen Temperaturen. ich habe nun die Aussicht von meinen Eltern die große und stabile Markise von deren Terrasse zu übernehmen, das ist aber ein Transportproblem.. ich fühle mich hier jedenfalls oft wie in Death Valley, ja! Und Pflanzen sind auch echt ein Problem; die meisten starten super und fangen unter sommerlichen Extrembedingungen an zu mickern. Habe schon so ziemlich alles durchprobiert und Hanfpflanzen haben sich bisher in der Tat als sehr hitzestabil bis hitzeresistent erwiesen und Sonne kann es gar nicht genug sein. Also eher pragmatisch gedacht! Ich verwende sie natürlich nur als Deko.

  7. #7 Kassandra
    27/01/2017

    Wäre etwa THC frei verkäuflich, bestünde nicht der Bedarf nach immer neuen und mitunter gefährlichen, ungetesteten Substanzen, um Entdeckung und Verboten zu entgehen.

    Wie ist eigentlich das Verhältnis der Produktions- und Vertriebs-Kosten bei “natürlichen” und “künstlichen” Drogen? Ich frage deshalb, weil ich einen Ersatztherapie-Patienten kenne, der mir ab und zu die News aus seiner Szene erzählt, und nach seiner Darstellung gibt es bei allen Arten von Drogen (Opioide, Kokain usw.) gerade einen gewaltigen Boom von synthetischen Varianten mit teils sehr beunruhigenden Nebenwirkungen. Ich habe mich deshalb schon gefragt, ob das vielleicht einfach billiger zu produzieren ist.

    Das Sonderbare ist, dass in den USA hingegen Heroin wieder auf dem Vormarsch und billig wie Dreck sein soll. Der erwähnte Bekannte staunte darüber. Hierzulande wird normales Heroin seiner Darstellung nach allmählich zu einem Ladenhüter. Oder ist das, was in den US-Medienberichten als “Heroin” auftaucht, womöglich auch synthetisches Zeug?

  8. #8 Laie
    27/01/2017

    Vermutlich geht es um die Gewinneinnahmen, weshalb lediglich Drogen wie Alkohol und Zigaretten legal verkauft werden dürfen.

    Ich selbst finde Drogen sollten vermieden werden, nicht nur wegen der Langzeitfolgen. Trotzdem sollte man Menschen mit einem freien Geist und Willen, mehr als die 2 kommerziell vermarkteten Drogen (Alk- und Zigaretten) erlaubt lassen, um nicht wie CC schreibt Leuten die Gefahr von Fehl- oder Überdosierung auszusetzen.

    Was ich so gelesen habe, dürfte der volkswirtschaftliche Schaden durch Alkohol sogar wesentlich größer sein, als durch THC. Rein aus ökonomischer Sichtweise wäre eine Änderung wahrscheinlich angebracht.

    Ich bleibe bei Schokolade! 🙂

  9. #9 zimtspinne
    27/01/2017

    @ Laie

    “”mehr als die 2 kommerziell vermarkteten Drogen (Alk- und Zigaretten) erlaubt lassen, um nicht wie CC schreibt Leuten die Gefahr von Fehl- oder Überdosierung auszusetzen.””

    Machst du Witze!?
    Von ca. 2 Mio Alkoholikern (Dunkelziffer unbekannt) dürfte mindestens die Hälfte (Spiegeltrinker evtl seltener) dauernd oder oft Überdosierungen fabrizieren und Alkoholvergiftungen sind nicht lebensungefährlich.
    9 Mio weitere riskant konsumierende Personen fallen ebenfalls sicher mal hie und da ins Alkohol”koma”, darunter auch haufenweise Jugendliche und Frauen, was ich deshalb gesondert erwähne, weil bei denen Alkohol eine noch gesundheitsgefährdendere Wirkung hat.

    Zigaretten sind mit 80 als Tagesration sicher auch eine Form von Überdosierung (nicht nur an Nikotin…) und übrigens behaupte ich, auch mit Cannabis ist eine Überdosis möglich.
    Wenn man “Überdosis” so definiert, dass alles darunter fällt, was tödlich verläuft, dann geht das mM am Kern der Sache vorbei.
    Horrortrip auf THC ist nichts schönes und das kann man getrost als Überdosis bezeichnen. Sonst wirkt das verharmlosend und ich bin der Ansicht, über Drogen muss ehrlich gesprochen und aufgeklärt werden.
    Schlimm genug, dass die Gesellschaftsdroge Alkohol da schon so verharmlost wird, allein durch ihre Präsenz in allen Lebenslagen (und Supermarkregalen)

    Überdosiert werden übrigens auch sehr häufig Psychopharmaka. Ich kenne Leute, die eine ganze Flasche Atosil auf Ex austranken, was ursprünglich als Bedarfsmedikament gedacht war.
    Verantwortungsvolle Neurologen etc würden das Medikament nur in Tablettenform, niedriger Dosierung und N1 Packungsgröße herausgeben an Patienten, die suchtanfällig sind oder gar schon wegen Abhängigkeiten in Behandlung sind. Sehr sehr viele davon neigen dazu, ihre Medikamente irgendwann einmal höher (oder viel höher) zu dosieren als von ihren Ärzten empfohlen. Während nahezu jeder Rentner brav den Anweisungen des Arztes folgt, haben gerade psychisch Erkrankte die Tendenz, sich über solche Anweisungen hinweg zu setzen und ihr eigenes Pillensüppchen zu kochen.
    Menschen können letztlich nicht kontrolliert und überwacht werden. Außer vielleicht in der Geschlossenen^^

  10. #10 noch'n Flo
    Schoggiland
    27/01/2017

    @ zimtspinne:

    Also würdest Du gerne alle potentiell suchterzeugenden Substanzen verbieten lassen? Hast Du Dich mal mit den Folgen der Prohibition in den USA in den 1920er- und 1930er-Jahren auseinandergesetzt?

    Der Mensch sucht nun einmal den Rausch, das ist in seinen Genen festgelegt. Auch viele andere “höherentwickelte” Tierarten streben danach. Das ist wissenschaftlich unbestritten.

    Warum also mit Alkohol und Zigaretten (anerkanntermassen) wirklich schlimme Drogen legal lassen, während es andere Drogen gibt, die wesentlich weniger schädlich sind (sofern die User im korrekten Gebrauch sachgerecht unterwiesen werden)?

    Eine Haltung wie Deine gerade geäusserte hat uns erst in die heutige Lage gebracht.

    Bitte informiere Dich also erst einmal über die diversen Drogen, bevor Du solchen Schwachfug von Dir gibst. Du klingst leider im Moment echt wie die ganzen Evangelikalen in den USA.

  11. #11 Laie
    27/01/2017

    @zimtspinne
    Ich weiß ja, wie schwierig es ist, eine allgemeine Regelung zu finden, die auch für alle Menschen günstig ist. Betrachtet man die 2 Extrempositionen “alles verbieten” und “alles erlauben”, so sind diese wohl die ungünstigsten für die Mehrheit. Dazwischen sollte sich schon etwas finden, das für mündige Bürger vorteilhaft ist.

    Da hier in diesen Blogs auch immer wieder zu lesen war, dass die Gefährdung oder Schädigung des Körpers/Geistes durch THC eine weit aus geringere als durch Alkohol wäre, müsste eine Erweiterung der legalen Drogen um diese Substanz vielleicht sogar in Summe gesehen positiv sein.

    Insgesamt problematisch ist, wie stark die Jugend bereits mit Saufen ihr Hirn beschädigen, das ist volkswirtschaftlich auch eher ungünstig, ebenso wie die langfristigen Folgen.

    Selbst Schokolade soll manchmal schädlich sein, wegen Cadimium, achja, es gibt halt nix, was man zu 100% empfehlen kann! 🙂

  12. #12 Sinapis
    28/01/2017

    Der Wesentliche Punkt der Legal/Illegal Diskussion ist für mich immer wieder der, dass eine Legal gehandelte Substanz ironischerweise besser kontrolliert ist als der ganze illegale/innovative Krempel. Siehe “Kräutermischungen”.

    btw. Folgen der Legalisierung. Kennt jemand gute Zahlen aus den USA? Da müssten doch so langsam mal diskussionswürdige Zahlen zu den Folgen der legalen THC Abgabe produziert werden…

  13. #13 zimtspinne
    28/01/2017

    @ Sinapis

    Drogenproduktion in Hinterhöfen und Neuerfindungen wird es immer wieder und auch weiterhin geben, selbst wenn alle beliebten Drogen in guter Qualität ohne Murks und Verpanschung legal erhältlich wären.

    Das ist erstens so, weil Drogen auch eine Frage des Geldes sind (Stichwort Sucht, was ja hier schön ausgeblendet wird) und zweitens die Nachfrage für neue, potentere, schneller anflutende usw usf Stoffe einfach vorhanden ist.

    Das sieht man ja an den begehrtesten Cannabiszüchtungen, die signifikant mehr THC enthalten als frühere Sorten.
    So kommen übrigens auch Horrortrips zustande, werter Flo. Auch wenn du das für Schwachfug hältst, womöglich hattest du mal vor 15 Jahren mit Cannabis zu tun; als es diese neuen potenten Züchtungen noch gar nicht gab.

    Muss man hier wirklich die Mechanismen von Sucht erklären?
    Wie billig sollen denn die legalen Drogen sein, damit das alles halbwegs unter Kontrolle bleibt und der Markt für illegale, zusammengepanschte, wirkungsvollere Substanzen weitestgehend uninteressant und unattraktiv für Drogenkonsumenten wird?
    Ich spreche hier nicht von Gelegenheitskonsumenten; diese sind ja auch bei Tabak und Alkohol nicht das “Problem”.

    @ Ich kenne niemanden, der tatsächlich explizit schokoladensüchtig ist. Meist handelt es sich doch um eine allgemeine Sucht nach der Kombination hochkalorisch/Fett/Zucker. Ist keine Schokolade da, wird eben die Kekspackung oder Kuchen genommen.
    Die Übergänge von gelegentlich mal aus Frust, Trost, Belohnung ect zu Essen (bevorzugt die Kombi hochkalorisch-Fett/Kohlenhydrate) greifen und sich regelmäßig damit ein kurzzeitiges Wohl- und Hochgefühl zu verschaffen, sind da sehr fließend.
    Genau wie bei Alkohol, Kiffen und allem, was seine Wirkung stark über das Belohnungszentrum entfaltet.

    Ich bin außerdem überhaupt nicht für Verbote, das habe ich niemals behauptet (ansonsten bitte zeigen, wo ich das behauptet habe).
    Meinetwegen kann alles legalisiert werden, dann aber zu gleichen Bedingungen.

    Weshalb gibt es auf Alkoholflaschen keine Warnhinweise wie auf Zigarettenpackungen?
    Die gehören dort genauso hin.
    Zumal noch keiner nach einer Packung Zigaretten erstickt ist, Alkoholtote nach einmaligem Konsum gab es aber schon genügend.

    Genauso muss über andere und jede Droge aufgeklärt werden, nicht mit dem moralischen Zeigefinger oder unrealistischen Horrorszenarien, sondern mit Fakten.
    Dazu gehören auch die Fakten, die *für* die Droge sprechen, sie attraktiv machen. Nur so bleibt man gerade auch für Heranwachsende authentisch und glaubwürdig.
    Natürlich auch die Risiken, kurzfristige und langfristige.

    Auf dieser Basis kann sich jeder dafür oder dagegen entscheiden.
    Oder auch das geringere Übel wählen, wenn man so will 😉

  14. #14 zimtspinne
    28/01/2017

    … das letzte @ ging an Laie
    zu schnell getippt.

  15. #15 LasurCyan
    28/01/2017

    So kommen übrigens auch Horrortrips zustande

    Wegen des unterschätzten Wirkstoffgehalts, zimtspinne? Das funktionierte aber auch vor 15 Jahren schon vorzüglichst nach einer Weile Abstinenz und GrünZeuchs aus unbekannter Quelle.

  16. #16 zimtspinne
    28/01/2017

    Da hast du sicherlich recht, ich wollte es nicht verkomplizieren^^

    Grünzeux aus unbekannter Quelle (keine Kräutermischungen!) oder Grassamen aus unbekannter Quelle und/oder nicht bekannter und identifizierter Sorten, unterschiedliche Lagerung (nicht beachtet), orale Einnahme (Besonderheiten nicht beachtet) und Abstinenz.
    Übergeordnet und ungeachtet der Details kann man aber festhalten, führen die Sorglosigkeit und Respektlosigkeit gegenüber der Droge zu unvorteilhaften Ergebnissen.

  17. #17 noch'n Flo
    Schoggiland
    28/01/2017

    @ zimtspinne:

    Übergeordnet und ungeachtet der Details kann man aber festhalten, führen die Sorglosigkeit und Respektlosigkeit gegenüber der Droge zu unvorteilhaften Ergebnissen.

    Das unterschreibe ich.

  18. […] blooD’N’Acid (scienceblogs.de): Zombies in Brooklyn! Oder: warum „Kräutermischungen“ gefährlich sind. […]

  19. #19 Smok Danek
    30/01/2017

    @ Zimtspinne:

    > Drogenproduktion in Hinterhöfen und Neuerfindungen
    > wird es immer wieder und auch weiterhin geben,
    > selbst wenn alle beliebten Drogen in guter Qualität
    > ohne Murks und Verpanschung legal erhältlich wären.

    Es gibt auch heutzutage, auch in Deutschland, gepanschten Schnaps. Es gibt Schmuggel-Zigaretten, die ohne jegliche Kontrolle verhökert (und geraucht) werden – keine Sau weiß, was drin ist. Das obwohl Alkohol und Tabak legal erhältlich sind. So etwas ist nicht auszuschließen.

    Der Unterschied und die eigentliche Gefahr liegen im sozialen Ausmaß. In einer prohibitiven Lage gibt es einfach viel, viel mehr gepanschte, gestreckte, unkontrollierte Ware mit weitgehend unbekannten Eigenschaften. Methanol-Vergiftungen waren etwa in sowjetisch besetzten Ländern Europas bis 1990 Gang und Gäbe, weil dort der Alkoholverkauf und -ausschank nach offizieller Version strengster Kontrolle unterlagen. De facto war dies einer, wenigstens temporären, Prohibition gleich. Aber natürlich konnte man zu jeder Zeit Spirituelles 😉 kaufen: die “Verkaufsstellen” waren ein offenes Geheimnis. Natürlich viel teurer als im Laden, der Käufer machte sich strafbar, konnte andererseits einfach ausgeraubt werden, und der Inhalt der Buddel war, nomen est omen, russischer Roulette. Die Folge waren Tote. Viele Tote. Methanol und Ethanol sollen im Geschmack gleich sein. In der Wirkung nicht so.

    Klar lässt sich immer jede Maßnahme abweisen und klein reden, indem gesagt wird “X löst aber nicht alle Probleme”, “X ist kein Allheilmittel”. Leute, die so reden, schließen bestimmt ihre Wohnung nicht ab, ketten ihr Fahrrad nicht an, da sich ein Profi ja an den Schlössern eh nicht stört.

  20. #20 bombjack
    30/01/2017

    Und damit zukünftig der “Schutz” super spitze klasse ist, gibt es neu in Deutschland:
    Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz
    https://www.gesetze-im-internet.de/npsg/index.html

    Mit u.U. netten Nebenwirkungen für KMUs, naturwissenschaftlich interessierten Personen, die z.B. aus China in Bulkmengen so etwas bekommen:
    https://illumina-chemie.de/fluorophore-fuer-knicklichter-t3189.html

    bombjack

  21. #21 Aaron Kunz
    31/01/2017

    @Kassandra: Die Sache mit der Drogenökonomie ist die, dass der einzig unveränderbare Artikel der Gewerbeordnung der ist, dass alle weiteren von dem Anbieter mit den meisten Schnellfeuerwaffen festgelegt werden. Die Gewinnspanne dürfte je nach Szenario größer sein als bei Apple. Dann kam allerdings (zum Teil dank Apple) das Internet und mit ihm die Möglichkeit, große Drogenmengen zu sehr viel geringerem Risiko, sehr viel geringeren Kosten und außerhalb der Revierlogik etablierter Kanäle zu handeln Könnte sein, dass sich zumindest ein Teil der Preissenkung darauf zurückführen lässt.

  22. #22 zimtspinne
    01/02/2017

    @ Smok Danek

    Ich habe mir deine Gedankengänge mal durchs Hirn rieseln lassen und möchte mich auch nicht falsch verstanden wissen: Ich befürworte keine Verbote, nicht mal für Dinge, die viele für verbietenswert halten. Immerhin hatte ich vor nicht allzu langer Zeit lebensphilosophisch noch anarchistische Anwandlungen und schon deshalb sind mir viele Arten von Kleinbürgerei und Spießertum suspekt und Ausdruck von Freiheitseinschränkungsversuchen und Dominanzverhalten.

    Das Problem sehe ich bei deiner Argumentation nun darin, dass du Alkohol nicht mit Drogen mit enorm hohen Abhängigkeitspotential gleichsetzen kannst.

    Auch wenn ich das nicht gerne sage, muss man ja auch bedenken, dass sich Alkohol längst in unseren Genen etabliert hat, was vielen funktionierenden und therapieresistenten Alkoholikern zum Verhängnis wird. Sie vertragen das Zeug einfach viel zu gut, um genug Leidensdruck zum Aufhören aufzubauen.

    Dort wird es langfristig nur über eine gesellschaftliche Ächtung funktionieren, was derzeit noch unvorstellbar erscheint, beim Tabak aber überraschend zügig umgesetzt wurde und wird.
    Rauchen wird mit Sucht, Schwäche, Rücksichtslosigkeit (sich selbst und anderen gegenüber) und mit anderen negativen Assoziationen belegt und schon heute leben Raucher in einem ziemlich ungemütlichen gesellschaftlichen Akzeptanzklima.
    Nicht unterschätzen sollte man auch den Dreh- und Angelpunkt “Partnerwahl”, der quasi Selektionsdruck auslös. Für viele ist ein rauchender Partner (potenzieller Vater/Mutter) schon heute ein Ausschlusskriterium, auch wenn das im Einzelfall dann doch immer mal über den Haufen geworfen wird…. aber der Trend ist da und genauso wird das hoffentlich eines Tages der Volksdroge Alkohol passieren.

    Es wird schwieriger, da sich der Suff besser als Tabak vertuschen und verheimlichen lässt und sich der Elendsalkoholismus erst im späten Stadium offen zeigt und erfolgreich gesellschaftlich ausgegrenzt wird.

    Moderne Drogen wie Chrystal Meth sind nun mal ein anderes Kaliber (unser Körper ist daran auch nicht “gewöhnt” wie an Alkohol), ich kann es mir schwer vorstellen, wie das Zeug von Konsumenten in der Apotheke erworben wird. Gerade der hohe Wirkstoffgehalt und Reinheitsgrad sind Problem.
    Hohes Abhängigkeitspotential sorgt bei den Konsumenten natürlich auch für einen immer höheren Bedarf.
    Abgesehen davon, ist Theorie über Drogen eine Sache, die Realität eine ganz andere. Ich wohne hier in einer Hochburg für Crystal Meth, kenne Konsumenten in jedem Stadium und nahezu alle praktizieren einen Mischkonsum, wechseln bei Bedarf (Verfügbarkeit, Finanzen etc) mal mehr auf Alkohol, Kiffen oder andere Drogen.
    Ich habe keine Ahnung, wie diese enorme Flexibilität zustande kommt (reinrassige Alkoholiker bleiben ja meist bei ihrer Droge und sogar bei ihrer speziellen Vorliebe Bier, Wein oder Schnaps, wobei es dort natürlich auch die Mischkonsumenten gibt und natürlich gehören prinzipiell auch bei vielen Tabak & Alkohol zusammen; aber seltener andere Drogen).

    Drogen wie Crystal sollte sich eigentlich selbst eliminieren oder auf einen kleineren Kreis beschränkt bleiben, da es einfach viel zu schnell sozial ausgrenzend und handlungsunfähig machend wirkt. Man kann damit nicht alt werden, oder alt genug, um sich erfolgreich fortzupflanzen.
    Chronisch konsumierende Menschen sind einfach sehr schnell psychisch und physisch kaputt, zumeist auch noch klapprig auf den Beinen, da der Stoff Appetit dämpfend und dehydrierend wirkt. Nein, ich habe noch nie ein Crystal Meth Face (wie im internet kursierend) gesehen, gesunde Gesichtsfarbe allerdings auch nicht. Absolut typisch ist das Meth-Gezappel und die fehlende Körperspannung und das Gebiss leidet ebenfalls tatsächlich bereits nach kurzer Zeit auch bei sehr jungen Menschen.
    Vermute mal, die Horrorgesichter aus den USA kommen anderweitig zustande bzw andere Faktoren spielen mit hinein, wie Obdachlosigkeit, fehlende Hygiene und medizinische Versorgung usw.

  23. #23 Smok Danek
    06/02/2017

    @ Zimtspinne

    > Das Problem sehe ich bei deiner Argumentation nun
    > darin, dass du Alkohol nicht mit Drogen mit enorm
    > hohen Abhängigkeitspotential gleichsetzen kannst.

    Natürlich nicht. Alkohol ist eine Droge mit einem der höchsten Abhängigkeitspotentiale. Um Längen potenter in diesem Sinne ist auf jeden Fall Nikotin. Die Droge also, die es in jedem Kiosk und in Deutschland – weltweites Evenement – nach wie vor im Automaten um die Ecke gibt.

    Potenziell suchterzeugende Mittel gibt es viele, jede Menge davon findet in der Medizin Verwendung. Etwas besseres als Opiate / Opioide bei Schmerzen wurde bislang nicht erfunden – interessanter Weise sind Entwicklungen in Richtung Opiate-Abhängigkeit bei Schmerzpatienten selten. Nach Ende der Therapie lässt sich Morphium & Co. hier recht gut ausschleichen.

    Mit Abstand schlimmste Entzugserscheinungen und, was damit einhergeht, sehr schlechte Prognosen, verursachen übrigens die Benzodiazepine. Ganz legale Medikamente, die meisten völlig normal auf reguläres Rezept zu haben. Dummerweise machen Substanzen aus dieser Reihe, obwohl an sich unter Umständen ein Segen für die Patienten, sehr schnell abhängig. Was nun? Verbieten?

    Was Du über die “psychisch und physisch kaputten” Konsumenten schreibst, ist nur zum Teil dem Missbrauch der Substanzen an sich zuzuschreiben. Zum größten Teil ist die soziale und gesundheitliche Verelendung direkte Folge der Prohibition. Denn würden die Leute ihre Substanzen in der Apotheke beziehen und in Ruhe daheim konsumieren – statt auf dem sprichwörtlichen Bahnhofsklo – wären gleich mehrere Probleme vom Tisch: keine Beschaffungskriminalität, keine Hygieneprobleme, keine Infektionen, keine Überdosierung, keine Vergiftung durch niemandem bekannte Substanzen, mit dem das Zeug auf dem Schwarzmarkt gestreckt wird, keine Bildung sozialer Parallelwelten…

    Crystal Meth aka “Pervitin” wurde ja im 2.WK bei der Wehrmacht und Luftwaffe großzügig eingesetzt. Es gab natürlich Suchtprobleme, in Folge deren den Gebrauch der Substanz stark eingeschränkt wurde. Gestorben ist an dem Gebrauch kaum jemand – gut, in so einem Krieg gibt es meist andere Todesursachen. Kontrollierte Abgabe ist schon etwas Gutes. Oder wie willst Du es erklären, dass in Staaten / Ländern mit liberaler, aufklärender Drogenpolitik die Problematik geringer ist als in Staaten mit rigoroser Strafverfolgung?

  24. #24 zimtspinne
    21/03/2017

    Ich habe gerade erfahren, dass ein Bekannter, mit dem ich vor zwei Jahren mal hin und wieder locker zu tun hatte, tot ist. 27 Jahre alt, hat auch ein Kind (lebt bei der Exfreundin).
    Genaues weiß ich noch nicht, er wurde wohl in der Wohnung am erst nach einiger Zeit am WE gefunden, war auch in der regionalen Zeitung, die lese ich aber nie.
    Seine Hauptdroge war Crystal Meth, hatte aber auch Alkohol dabei und dazu Diabetes insulinpflichtig.
    Er hatte vor einem dreiviertel Jahr mal einen Therapieversuch mit Entgiftung und längerem stationären Aufenthalt gestartet, als ich ihn dann aber beim Einkaufen mit einem seiner früheren Drogenkumpels sah, war mir klar, dass er es nicht schaffen wird und der nächste Rückfall ziemlich sicher ist. Drogen weglassen und so weitermachen wie bisher funktioniert eben nicht.
    Nun bin ich aber doch sehr geschockt über seinen Tod und wie es überhaupt in so kurzer Zeit so weit kommen konnte.