Das zweite große Problem war das “Flachheitsproblem”. In einem früheren Kapitel hat Greene schon von den prinzipiellen Möglichkeiten für die Form gesprochen, die der Raum haben kann. Er kann positiv gekrümmt, negativ gekrümmt oder flach sein. Das hängt ganz von der mittleren Materie/Energiedichte des Universums ab. Die Gleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie zeigen, dass, wenn das Universum heute genau die kritische Dichte hätte, die für ein flaches Universum nötig wäre, es dieses Dichte auch schon ganz zu Beginn haben hätte müssen. Wenn die mittlere Dichte kurz nach dem Urknall auch nur um eine Winzigkeit anders gewesen wäre – wenn sie zum Beispiel nur 99.99 % des nötigen Werts gehabt hätte, dann wäre dieser Wert heute auf 0,00000000001 % der kritischen Dichte reduziert worden.
Dunkle Dinge
Wenn wir also die mittlere Dichte messen, dann müssten wir entweder einen Wert finden, der genau der kritischen Dichte entspricht – oder aber einen Wert, der sich sehr stark davon unterscheidet. Das ist aber nicht der Fall. Die ersten Messungen, die dazu durchgeführt worden sind, haben gezeigt, dass die mittlere Dichte zwar nicht der kritischen Dichte entspricht – aber nicht stark von diesem Wert abweicht. Wesentlich weniger stark, als zu erwarten gewesen wäre. Die inflationäre Kosmologie löst auch dieses Problem. Denn es ist klar: je größer etwas ist, desto weniger stark krümmt es sich. Ein Fußball ist gekrümmt, genauso wie die Erde. Die Erde ist aber wesentlich größer und deswegen kommt es uns so vor, als wäre sie flach – ganz im Gegensatz zum Fußball. Wenn also das Universum sich durch die Inflation extrem stark ausgedehnt hat, dann wäre auch das beobachtbare Universum sehr flach – egal, wie groß die mittlere Massendichte war. Das Universum als Ganzes kann durchaus gekrümmt sein – aber der Teil, den wir sehen können (also der Teil, von dem das Licht genug Zeit hat, um bis zu uns zu gelangen) ist nur ein kleiner Teil davon und erscheint uns genauso flach wie uns z.B. Holland (ein kleiner Teil der gekrümmten Erdoberfläche) flach erscheint.
Die inflationäre Kosmologie sagt also vorher, dass wir, wenn wir probieren die Form des Universums zu bestimmen, ein flaches Universum finden werden. Und sie sagt vorher, dass die mittlere Materie/Energie-Dichte genau der kritischen Dichte für ein flaches Universum entsprechen muß. Vorhersagen sind dazu da, um sie zu überprüfen! Und was kommt raus, bei der Überprüfung?
Zuerst mal nicht viel… Nimm man all die Masse im Universum, die wir sehen können – also all die Galaxien, Sterne usw – dann machen diese Objekte nur etwa 5% der Masse aus, die eigentlich da sein sollte, wenn die Materie/Energie-Dichte wirklich der kritischen Dichte entspricht. Das ist zwar schon mal ein erster Hinweis, dass die Inflation tatsächlich stattgefunden hat (ohne Inflation müsste die Abweichung ja, wie oben erklärt, sehr, sehr viel größer sein) – aber 5% sind keine 100%. Aber in den letzten Jahrzehnten hat man herausgefunden, dass es neben der “normalen” Materie auch noch anderes gibt..
Über die dunkle Materie hab ich hier in meinem Blog schon öfter geschrieben – deswegen werde ich hier nicht mehr viel dazu schreiben. Aber seit den 1930er Jahren haben Astronomen immer wieder gemerkt, dass sich Sterne, Galaxien und Galaxienhaufen nicht so bewegen, wie sie es sollten, wenn die sichtbare Materie wirklich alles ist, was da ist. Irgendwas schien da zu sein, dass zwar Gravitationskraft ausübt, aber nicht mit der elektromagnetischen Kraft wechselwirkt; also unsichtbar ist. Unsere bisherigen Messungen zeigen, dass sichtbare und dunkle Materie gemeinsam etwa 25% der kritischen Dichte ausmachen. Das ist zwar schon besser als 5% – aber immer noch nicht ganz das, was man erwartet hat. Erst seit Ende der 1990er wissen wir, wo sich die restlichen ~75% verstecken. Damals hatten Forscher untersucht, wie schnell sich das Universum ausdehnt und wie sich diese Geschwindigkeit im Laufe der Zeit verändert hatte. Die Ergebnisse waren überraschend!
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