Dies ist eine Rezension eines Kapitels aus dem Buch “Der große Entwurf” von Stephen Hawking und Leonard Mlodinow. Die Rezensionen der anderen Kapitel können hier gefunden werden.
Der Schluß des vorherigen Kapitels brachte uns direkt wieder zurück zu den “großen Fragen”, die Hawking und Mlodinow zu beantworten versprochen haben. Jetzt wird es langsam konkret. Die Frage lautet:
“Warum gibt es ein Universum und warum ist das Universum so und nicht anders?”
Die Vergangenheit unseres Universums verstehen wir mittlerweile recht gut. Anfang des letzten Jahrhunderts machte Edwin Hubble seine großen Entdeckungen und fand heraus, dass sich das Universum ausdehnt. Theoretiker wie Alexander Friedmann oder Georges Lemaître unrtersuchten die Gleichungen von Einsteins Relativitätstheorie und fanden Lösungen, die auf ein Universum hindeuten, dass einen Anfang in der Zeit hatte und sich seitdem ausdehnt. Weitere Beobachtungsdaten wie z.B. die Entdeckung der kosmischen Hintergrundstrahlung stützten dieses Bild und auch andere Vorhersagen der Theoretiker (zum Beispiel über die Elementhäufigkeiten im Universum) bestätigten sich. Die Urknalltheorie wurde ständig weiterentwickelt – man führte die kosmische Inflation ein um einige theoretische Probleme zu lösen und konnte auch hier wieder die Theorie durch Beobachtungsdaten bestätigen.
Wenn es aber ganz zurück an den Anfang geht, dann wird es schwierig. Nicht nur versagt dort unsere Vorstellungskraft – es gibt auch Schwierigkeiten bei der mathematischen Beschreibung. Zu diesem Zeitpunkt war das Universum winzig klein – also wirklich winzig. Viel kleiner, als alles was wir heute so als “klein” bezeichnen; subatomare Teilchen zum Beispiel. Das heisst, der Ursprung des Universums war ein Quantenereignis und muss deswegen auch mit einer Theorie beschrieben werden, die Quantentheorie und allgemeine Relativitätstheorie kombiniert. Das haben Hawking und Mlodinow – zumindest teilweise und provisorisch – getan.
Aber – und das sollten mittlerweile schon alle wissen – die Quantentheorie ist seltsam 😉 Und verwirrend. Und deswegen sind auch die Schlußfolgerungen der Autoren überraschend. Vorstellen kann man sich hier wirklich nicht mehr viel. Bezieht man beispielsweise Effekte der Quantentheorie in die Relativitätstheorie mit ein, dann kann die Krümmung der Raumzeit in manchen Fällen so extrem werden, dass sich die Zeit so wie eine weitere Raumdimension verhält – sagen Hawking und Mlodinow. Ganz zu Anfang; als das Universum winzig war, gab es also quasi vier Raumdimensionen und keine Zeit. Ich kann mir nicht wirklich vorstellen, was das bedeuten soll und ich vermute, das geht auch allen anderen so. Unsere Alltagsvorstellungen funktionieren im frühen Universum einfach nicht mehr. Wir müssen uns hier ganz auf die Mathematik zurückziehen…
Trotzdem versuchen Hawking und Mlodinow ein paar Beispiel zu bringen. Die Frage nach dem “Anfang der Zeit” kann man nun zwar auch nicht wirklich beantworten – aber man sieht, dass die Frage an sich nicht wirklich viel Sinn macht wenn die Zeit selbst sich wie eine Raumdimension verhält:
“Nehmen wir an, der Anfang des Universums war wie der Südpol der Erde, wobei die Breitengrade die Rolle der Zeit übernehmen. Wenn wir uns nach Norden bewegen, weiten sich die Kreise konstanter Breite aus, die die Größe des Universums darstellen. Das Universum beginnt als ein Punkt am Südpol, der weitgehend jedem beliebigen Punkt ähnelt. Zu fragen was vor dem Anfang des Universums war, wird zu einer sinnlosen Frage, weil es nichts gibt, was südlich des Südpols liegt. Nach dieser Vorstellung hat die Raumzeit keine Grenze – am Südpol gelten die gleichen Gesetze wie an anderen Orten. Wenn wir die allgemeine Relativitätstheorie mit der Quantentheorie kombinieren, wird die Frage, was vor dem Anfang des Universums geschah auf ähnliche Weise bedeutungslos.”
Der alte Streit, ob das Universum ewig ist oder einen Schöpfer hat, ist also sinnlos. Jetzt sind wir im Buch an einer Schlüsselstelle angelangt. Hawking und Mlodinow erinnern nochmal an die “Summe über alle Geschichten” von Richard Feynman. Und sie sagen (Hervorhebung von mir):
“Wenn der Ursprung des Universums ein Quantenereignis war, muss es sich mit Hilfe von Feynmans Summen über alle Geschichten exakt beschreiben lassen.
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