Wer hat schon alle Weihnachtsgeschenke besorgt? Mir fällt das immer sehr leicht, denn ich verschenke meistens ausschließlich Bücher. Da lässt sich der gesamte Weihnachtseinkauf in einem einzigen Laden erledigen und man muss nicht nur die überfüllten Einkaufszentren und von Laden zu Laden hetzen. Bücher sind toll und immer ein gutes Geschenk! Und so wie jedes Jahr möchte ich euch auch diesmal wieder ein paar Bücher vorstellen, die man Weihnachten verschenken könnte.
Christoph Seidler, Wissenschaftsredakteur bei Spiegel Online, hat das Buch “Deutschlands verborgene Rohstoffe: Kupfer, Gold und Seltene Erden” geschrieben. Ich fand es äußerst interessant. Deutschland wird ja normalerweise nicht als rohstoffreiches Land wahrgenommen. Ok, es wird viel nach Kohle gebuddelt. Aber im Boden unter Deutschland liegt noch viel mehr. Christoph Seidler ist durch ganz Deutschland gereist um herauszufinden, was sich alles finden lässt und ob es sich lohnt, es aus der Erde zu holen. Und dank der steigenden Rohstoffpreise ist das immer öfter der Fall. In Spremberg will man demnächst ein neues, großes Kupferbergwerk eröffnen und auch im Erzgebirge möchte man die Bergwerkstradition der Vergangenheit wieder aufleben lassen. Denn neben den klassischen Rohstoffen finden sich in den deutschen Erzen auch viele der “seltenen Erden” die von der modernen Industrie dringend gebraucht, heute aber fast komplett aus China importiert werden. Auch Öl und Erdgas kann man in Deutschland fördern – diese Förderung stößt aber oft auf Widerstand. Generell thematisiert Seidler in seinem Buch immer auch die Folgen der Abbaus und die Reaktion der Bevölkerung. Und während man sich zum Beispiel in der Lausitz über neue Bergwerke und Arbeitsplätze freut und im Erzgebirge stolz wäre, die alte Tradition wieder aufzunehmen, sind die Menschen bei der Förderung von Erdgas viel zurückhaltender und stehen der hier angewandten Technik des Fracking skeptisch gegenüber.
Ich kann dieses Buch nur wirklich empfehlen. Seidler schreibt spannend und er schreibt anschaulich. Es ist keine trockene Abhandlung zum Thema, denn Seidler ist durch ganz Deutschland gereist und hat überall Menschen besucht, die auf die eine oder andere Art mit den Rohstoffen zu tun haben und mit ihnen gesprochen. Dabei entstanden jede Menge schöne Geschichten. Wer hat zum Beispiel gewusst, dass sich Deutschland ein Claim im Pazifik gesichert hat, um dort Manganknollen in der Tiefsee abbauen zu können? Oder das im Rhein Gold gesucht und gefunden wird? Christoph Seidler zeigt, was in Deutschland alles zu finden wäre, wenn man sich die Mühe macht, es zu suchen. Er zeigt aber auch, wie sich Deutschland verändern würde, wenn man all das abbaut, was in der Erde steckt. Manchmal sind die Änderungen gut, manchmal eher nicht – aber wie auch immer sie ausfallen: Ohne Rohstoffe werden wir auch in Zukunft nicht auskommen. Wer eine leicht verständliche und packende Einführung in diesen Themenkomplex sucht, der sollte sich das Buch unbedingt besorgen!
Den Dingen wirklich auch den Grund geht Brian Clegg in seinem Buch “Vor dem Urknall: Eine Reise hinter den Anfang der Zeit”. Ich habe ein wenig überlegt, ob ich dieses Buch in meine Liste mit aufnehmen soll, hab mich aber dann doch dafür entschieden. Von Cleggs Buch über die Wissenschaft beim Flugzeugfliegen war ich ja sehr begeistert und deswegen auch sehr interessiert an dem, was er über den Urknall schreibt. Oder genauer: das was vor dem Urknall passierte. Denn das ist das eigentliche Thema des Buches. Dazu muss Clegg natürlich erst einmal genau erklären, wie unser aktuelles Bild vom Urknall eigentlich aussieht. Die ersten Kapitel des Buches enthalten daher eine ausführliche Einführung in die Geschichte der Kosmologie; angefangen von den religiösen Schöpfungsmythen bis hin zum modernen Inflationsmodell. Der historische Überblick ist verständlich, interessant und locker zu lesen. Das trifft auf den zweiten Teil nicht mehr ganz zu. Da schreibt Clegg über diverse Alternativmodelle zur aktuelle Urknalltheorie beziehungsweise über Weiterentwicklungen wie die String-Theorie. Denn sie können uns Hinweise geben, was vor dem Urknall stattgefunden hat. Das sind natürlich hoch komplexe Themen und Clegg handelt sie manchmal für meinen Geschmack zu schnell ab. Auch Cleggs Einstellung zu einigen kosmologischen Thesen fand ich stellenweise zweifelhaft. Es ist absolut in Ordnung darüber zu streiten, ob die Realität besser durch dunkle Materie oder eine Änderung des Gravitationsgesetzes (MoND) beschrieben werden kann. Oder wie genau die Natur der dunklen Energie beschaffen ist. Aber so zu tun, als seien dunkle Energie und dunkle Materie einfach nur “Erfindungen” der Astronomen, ist Unsinn. Bei Clegg liest es sich stellenweise so, als wären da die Astronomen im Konferenzsaal gesessen und hätten sich entschieden, jetzt irgendwas möglichst absurdes zu erfinden, nur um ihre Theorien “zu retten”. Das ist ein weit verbreitetes Vorurteil, stimmt aber natürlich nicht. Niemand wollte die dunkle Energie haben. Die Forscher, die sie 1998 entdeckten, waren auf der Suche nach etwas ganz anderem – und die meisten wären heute wahrscheinlich glücklicher, wenn sie immer noch nichts davon wüssten. Eben weil die dunkle Energie noch immer so unverstanden ist und so schwer in die bisherigen Modelle integrierbar ist, ist es absurd anzunehmen, irgendwer hätte sie absichtlich “erfunden”. Gleiches gilt für die dunkle Materie (siehe dazu auch dieses Buch). Clegg gehört aber definitiv nicht zu den Leuten, die die moderne Physik überhaupt komplett ablehnen. Er sagt in seinem Buch deutlich, dass er das Modell des ekpyrotischen Universums als Alternative zum Urknall favorisiert. Das resultiert aus der Stringtheorie und besagt, dass der “Urknall” stattfand, als unser Universum mit einem anderen Universum kollidierte. Denn eigentlich leben wir nur auf einer sogenannten “3-Brane”, die zusammen mit vielen anderen solcher Branen ein zehndimensionales Multiversum bevölkert.
Wie gesagt: Sieht man mal von der etwas unmotivierten Ablehnung gewisser kosmologischer Konzepte (schwarze Löcher mag Clegg auch nicht besonders) ab, dann ist “Vor dem Urknall” ein lesenswertes Buch, in dem die grundlegenden Konzepte der Kosmologie anschaulich erklärt werden. Wer sich die Frage “Was war eigentlich vor dem Urknall?” gestellt hat (und wer hat das nicht!), der wird hier zwar auch keine definitive Antwort finden – aber jede Menge Material für Spekulationen.
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