Die Planck-Anomalien
Die Hintergrundstrahlung sollte überall gleich sein und nur winzige, zufällige Variationen zeigen. Zufällige! Wenn man verschiedene Regionen des Himmels vergleicht, sollten die im Durchschnitt gleich aussehen. Das spiegelt auch das grundlegende kosmologische Prinzip wieder. Es lautet, simpel gesagt: “Wir sind nichts besonderes.”. Unsere Ecke des Universums ist nicht außergewöhnlichere als andere Ecken. Egal wohin wir schauen, wir sollten im Wesentlichen überall das gleiche sehen. Planck zeigt uns nun aber, dass das NICHT der Fall. Es macht einen Unterschied, wohin wir blicken. Auf der Südhälfte des Himmels sind die Schwankungen der Hintergrundstrahlung systematisch ein wenig höher als auf der Nordhälfte, wie dieses Bild zeigt, in der Kontrast nochmal verstärkt wurde um den Unterschied deutlicher zu machen:
Man erkennt auch einen markierten blauen Fleck, unten rechts im Bild. Dort ist der Himmel viel kälter, als man erwarten würde und schon WMAP hatte diesen “cold spot” gefunden. Planck hat gezeigt, dass es sich nicht um eine statistische Schwankung handelt, sondern das dieser Fleck tatsächlich da ist. Bis jetzt weiß noch niemand, was der Grund dafür ist. Genauso wenig gibt es eine Erklärung für den Unterschied zwischen Nord- und Südhimmel. Es gab auch früher schon andere Daten, die zeigten, dass das kosmologische Prinzip auf ganz großen Maßstäben vielleicht nicht gilt. Natürlich besteht immer noch die Chance, dass es sich um eine statistische Schwankung bei den Messungen handelt, die verschwindet, wenn neue Daten dazukommen. Es kann aber auch ein realer Effekt sein und dann ist das genau einer dieser Effekte, hinter dem neue Physik und große wissenschaftliche Revolutionen lauern. Wenn das Universum als ganzes einige bevorzugte Regionen oder Richtungen hat, dann muss der Grund dafür in seiner Entstehung liegen oder in dem, was davor passiert ist. Wir brauchen dann ein neues Modell für den Urknall, das diese Dinge berücksichtigt – und das uns vermutlich viel mehr über das Universum verraten kann als die aktuelle Kosmologie. Aber wie diese neue Physik aussehen wird? Keine Ahnung… aber ich bin gespannt!
Neue Physik versteckt sich eventuell auch in dem Diagramm der Schwingungen im Urgas von weiter oben. Hier ist es nochmal:
Wie schon gesagt: Im rechten Teil stimmen die Daten perfekt mit den Vorhersagen der Theorie überein. Im linken Bereich aber gibt es Abweichungen. Das ist erstmal nicht verwunderlich. Es gibt einfach weniger große Bereiche des Himmels, die man miteinander vergleichen kann als kleine Bereiche. Und darum sind die Fehlergrenzen auch größer. Die meisten Punkte liegen innerhalb der Fehlerbalken noch im grünen Bereich, der mit der Vorhersage übereinstimmt. Aber ein paar Punkte liegen definitiv außerhalb; einer sogar mit seinen Fehlerbalken. Und hier wird es knifflig. Man kann diesen Punkt nicht einfach ignorieren; man kann auch nicht so am Modell rumschrauben, um den Punkt noch in den grünen Bereich zu kriegen, denn dann würde man die perfekte Übereinstimmung am anderen Ende der Skala verlieren. Auch hier sieht es so aus, als wären da noch einige Details die wir nicht verstanden haben. Vielleicht sind es auch keine Details, sondern ein paar grundlegende Dinge. Wir wissen es noch nicht…
Der ganze Rest
Man könnte noch viel mehr über die Planck-Daten sagen. Sehr viel mehr. Zum Beispiel über die Inflation; also die Phase im frühen Universum, als sich der Kosmos in unvorstellbar kurzer Zeit unvorstellbar schnell ausgedehnt hat. Auch hier bestätigen die Planck-Daten exakt die Vorhersagen – sind aber noch nicht in der Lage, zwischen den verschiedenen möglichen Inflationsmodellen zu unterscheiden. Plancks Daten sagen auch, dass es keine sterilen Neutrinos gibt (Elementarteilchen, die verschiedene Urknallmodelle vorhergesagt haben). Und auch von Paralleluniversen hat man keine Spuren gefunden. Bis jetzt zumindest. Denn Planck hat ja noch ein paar Daten übrig. Der nächste Datensatz wird 2014 veröffentlicht. Da wird man dann nicht nur mehr und bessere Daten haben als jetzt, sondern auch ganz neue Daten (über die Polarisation der Hintergrundstrahlung), die uns vielleicht etwas verraten können, was vor dem Urknall abgelaufen ist.
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