Wenn ein Wissenschaftblogger journalistisch Arbeit leistet, dann findet in seinem/ihren Blog Wissenschaftsjournalismus statt. Wenn nicht, dann nicht. Es muss dabei nicht einmal jeder Artikel eines Blogs journalistisch geschrieben sein. Denn das passiert ja anderswo auch nicht. Nicht einmal in den Zeitungen, wie aktuell dieser sehr lesenswerte Artikel über Schleichwerbung in der Süddeutschen Zeitung zeigt. Nicht alles was auf Papier gedruckt als Zeitung verkauft wird, ist Journalismus. Und genau so ist nicht alles, was in Blogs veröffentlicht wird, kein Journalismus.
Ich würde mich freuen, wenn diese Debatte endlich mal ein Ende finden würde. Ich kann mir auch nicht wirklich vorstellen, warum sie immer noch geführt wird? Zumindest den Journalisten sollte doch eigentlich klar sein, dass journalistische Arbeit in jedem Medium stattfinden kann (und auf jedem Fall sollte das einem Professor für Journalistik klar sein). Ist es Neid oder Angst der diese Debatte immer wieder anfeuert oder etwas anderes, das ich nicht verstehe?
Vielleicht sage ich noch ein kleines Wort zu dem zweiten Satz, den Holger Wormer gesagt hat:
“Blogs sind meinungsstärker und quellenärmer als Massenmedien.”
Ok, dass Blogs meinungsstärker sind als die Massenmedien ist durchaus plausibel. Können sie ja auch ruhig sein, weil in ihnen eben alles stattfinden kann und nicht nur klassisch objektiver Journalismus, bei dem die Journalisten selbst nicht in Erscheinung treten dürfen. Aber auch “quellenärmer”? Ernsthaft? Ich weiß nicht, wie oft ich mich darüber ärgere, dass in einem Zeitungsartikel über Wissenschaft keine Quellen verlinkt oder angegeben werden. Ich lese immer wieder etwas über eine interessante Forschungsarbeit, aber in den seltensten Fällen wird dann auch genau angegeben, in welcher Ausgabe welcher Fachzeitschrift die besprochene Arbeit erschienen ist. In den Online-Ausgaben der Zeitschriften gibt es ab und zu mal entsprechende Links (aber meistens verzichtet man darauf und verlinkt lieber irgendwas aus dem eigenen Angebot) aber in den Printausgaben bekommt man selten exakte Quellenangaben. Ich habe mich über die Praxis der fehlenden Quellenangaben früher schon mal ausführlich aufgeregt und nicht gemerkt, dass sich da etwas wesentlich daran geändert hat. Gerade Blogs verlinken viel bereitwilliger auf die Quellen ihrer Informationen; bei den “Massenmedien” kann man schon froh sein, wenn da etwas wie “Quelle: Internet” oder “Quelle: YouTube” steht und sie einem die Inhalte nicht komplett klauen (wie in diesem aktuellen Fall; ein Link der übrigens aus dem BildBlog stammt in dem anscheinend, weil es ja ein Blog ist, kein Journalismus stattfinden kann…). Den Mehrwert der Quellenangaben und weiterführenden Informationen finde ich zumindest meiner persönlichen Erfahrung nach eher in den Blogs (aber dass Holger Wormer das völlig anders und Blogger nur als die sieht die schreiben was ihnen “morgens unter der Dusche eingefallen ist”, hat er ja früher schon gesagt).
Was die “winzige Reichweite” der “Top-Wissenschaftsblogs” angeht, mag Wormer sogar recht haben (Obwohl – würde ich die täglichen Nutzerzahlen meines Blogs mit der Auflage einer Zeitung vergleichen, würde ich in dieser Liste je nach Tagesform irgendwo zwischen der Heidenheimer Neuen Presse und den Sinsheimer Nachrichten landen 😉 Und bei der wöchentlichen Auflage bin ich dem Bayernkurier hart auf den Fersen!). Aber ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich sinnvoll ist, die Auflage einer überregionalen großen Zeitung oder einem großen Fernsehsender mit einem Wissenschaftsblog zu vergleichen. Mag sein, dass BILD eine deutlich größere Reichweite hat als ein Wissenschaftsblog. Aber dafür steht in der BILD auch nix über Wissenschaft und die ganze Reichweite bringt in Sachen Wissenschaftskommunikation nicht viel…
Dass mich die ganze Wissenschaftskommunikationsszene immer ein wenig ratlos zurück lässt, habe ich ja früher schon festgestellt. Ich finde auch die ganze Spielerei mit den Bezeichnungen wenig zielführend. Und die ewige Streiterei über den Journalismus. Wissenschaftsjournalismus ist wichtig. Es handelt sich um einen Weg, um über Wissenschaft zu sprechen und zu informieren. Ein Weg, der nicht nur in Zeitungen stattfinden kann, sondern überall. Und vor allem ist Wissenschaftsjournalismus nicht der einzige Weg der Wissenschaftskommunikation. Wo ist das Problem, wenn Wissenschaftler oder andere Leute (zum Beispiel) in Blogs über Wissenschaft reden und Wissenschaftsjournalisten in ihrem Medium ihren Wissenschaftsjournalismus betreiben? Sportjournalisten diskutieren ja auch nicht darüber, ob der Fußballstammtisch in der Kneipe den Sportjournalismus ersetzen wird oder kann. Warum können Wissenschaftsjournalisten ihre wissenschaftsjournalistische Arbeit machen ohne sich dabei von Leuten angegriffen zu fühlen, die auf andere Art und Weise öffentlich über Wissenschaft reden? Und angegriffen scheint sich zumindest Holger Wormer zu fühlen, wie seine letzte Antwort zeigt:
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