Im Juli 2014 wurde von der Internationalen Astronomischen Union (IAU) bekannt gegeben, dass einige der vielen extrasolaren Planeten anderer Sterne Namen bekommen sollen. Bis jetzt tragen diese Planeten ja alle die Namen ihrer Sterne, erweitert um einen Buchstaben (“b”, “c”, etc) der die Reihenfolge der Entdeckung angibt. Und die Sterne selbst tragen meistens nur irgendwelche Katalogbezeichnungen. Für die wissenschaftliche Arbeit ist das völlig ausreichend und sogar vorteilhaft. Für die Öffentlichkeitsarbeit sind Namen wie “HD 81688b” oder “PSR 1257+12c” dagegen nicht sonderlich optimal. Echte Namen lassen sich hier viel besser für die Vermittlung des astronomischen Wissens einsetzen; vor allem dann, wenn die Öffentlichkeit selbst auch bei der Namensgebung beteiligt wird.
Genau das war der Plan der IAU und nachdem im August 2015 von verschiedenen astronomischen Vereinen überall auf der Welt entsprechende Namensvorschläge eingingen, sind nun die Ergebnisse der endgültigen Abstimmung eingegangen. Ich war ja damals ein wenig skeptisch was die meisten der vorgeschlagenen Namen anging. Und angesichts der nun veröffentlichten Ergebnisse bin ich mir nicht sicher, ob die Skepsis wirklich verschwunden ist.
Da ist zum Beispiel 51 Pegasi b, der erste extrasolare Planet; entdeckt im Jahr 1995. Hier hat der Vorschlag der Astronomischen Gesellschaft Luzern die Abstimmung gewonnen. Der Stern, den dieser Planet umkreist heißt nun nicht mehr 51 Pegasi, sondern ganz offiziell Helvetios. Und der Planet trägt seit heute den ebenso offiziellen Namen Dimidium.
Nun ja. “Helvetios” kann ich noch verstehen und gut finden. Immerhin wurde der Planet von Schweizer Astronomen entdeckt. Aber mit “Dimidium” kann ich nicht wirklich etwas anfangen. Laut Beschreibung der IAU ist das das lateinische Wort für “halb” und wurde gewählt, weil dieser Planet halb so schwer ist wie der Planet Jupiter. Warum man sich von allen möglichen Eigenschaften eines Planeten gerade für dessen Masse als namensgebendes Merkmal entschieden hat, erschließt sich mir nicht. Da hätte man ihn auch “Primus” nennen können, weil er der erste war. Oder “Quattuor”, weil er knapp 4 Tage für eine Runde um seinen Stern braucht. Oder vielleicht gleich etwas inspirierenders als seine physikalischen Eigenschaften gewählt. “Der erste extrasolare Planet den wir entdeckt haben, war Dimidium im Jahr 1995” – irgendwie kann ich mich diesen Satz nicht wirklich sagen hören. Aber wer weiß – wenn ein bisschen Zeit vergangen ist, dann gibt sich das vielleicht.
Nett, aber auch ein wenig konservativ finde ich die Namensgebung für das Planetensystem des Sterns 55 Cancri. Dort kennt man immerhin fünf Planeten, die den Stern umkreisen, der ab jetzt offiziell “Copernicus” heißen wird. Die Planeten tragen ab heute die Namen “Galilei”, “Brahe”, “Lippershey”, “Janssen” und “Harriot”. Ansonsten haben bei den Namen hauptsächlich die diversen mythologischen Assoziationen dominiert. Es gibt jetzt unter den Planeten keltische, griechische, taiwanesische, japanische, aztekische und nordische Götter und mythologische Figuren. Und “inspirierende” lateinische Namen die “Stärke”, “Wahrheit”, “Freiheit”, etc bedeuten.
Ein bisschen origineller war der Vega Astronomy Club aus Marokko, dessen Vorschlag bei der Benennung des Planetensystems upsilon Andromedae gewonnen hat. Der Stern heißt nun Titawin, nach einer UNESCO-Weltkulturerbestätte und einem Ort an dem im Mittelalter die spanisch-arabische Gelehrtenkultur blühte. Arabische Astronomen aus Andalusien waren auch die Namensgeber der Planeten: Saffar, Samh und Majriti.
Ein ganz prominentes Planetensystem konnte das Planetarium Südtirol (ein sehr schönes Planetarium in einer sehr schönen Gegend in der ich auch schon mal einen Vortrag halten durfte) benennen. Der Vorschlag der Südtiroler Astronomen gewann die Abstimmung für das System PSR 1257+12. Bei diesem Stern handelt es sich um einen Pulsar, also das, was von einem großen Stern am Ende seines Lebens übrig bleibt nachdem er zur Supernova wurde. Dort hat man eigentlich nicht mit Planeten gerechnet, aber trotzdem ein paar gefunden. Dieser “tote” Stern heißt ab nun offiziell “Lich”; ein Wort das aus dem altenglischen kommt und “Leiche” bedeutet. Heute kennt man es hauptsächlich als Bezeichnung für Untote in diversen Fantasy-Spielen. Auch die drei Planeten von Lich haben gruselige Namen bekommen: “Draugr”, nach den Untoten in der nordischen Mythologie; “Poltergeist” und “Phobetor” nach der griechischen Gottheit der Alpträume.
31 Planeten und 14 Sterne haben nun neue Namen bekommen. Ich bin mir (noch) nicht sicher, ob mir alle davon gefallen. Aber was die Öffentlichkeitsarbeit anging, war die Sache auf jeden Fall ein Erfolg. Über eine halbe Millionen Stimmen wurden von Leuten überall auf der Welt abgegeben. Astronomische Organisationen von fast jedem Kontinent der Erde haben sich Namen ausgedacht. Und Sterne und Planeten gibt es da draußen ja mehr als genug. Also auch noch genug Möglichkeiten, für gute Namen 😉
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