Das nächtliche Licht des Vollmonds ist erwiesenermaßen sehr inspirierend und romantisch. Aber wie wäre es umgekehrt? Wie romantisch wäre ein Spaziergang auf dem Mond im Licht der Erde? Die Frage ist Thema beim heutigen Artikel des 50tägigen Blog-Countdown zum 50. Mondlandungsjubiläum.

Als Neil Armstrong und Buzz Aldrin von 50 Jahren das erste Mal als erste Menschen tasächlich auf dem Mond spazierten, war ihnen sicher nicht nach Romantik. Außerdem war es ja auch gerade Tag; sie wollten ja sehen was sie da taten und haben sich deshalb einen Zeitpunkt ausgesucht an dem die Landestelle von der Sonne beleuchtet wurde. So wie die restlichen Mondlandungen natürlich auch alle bei Tag stattgefunden haben. Wie eine Mondnacht im Erdschein aussieht, hat noch niemand mit eigenen Augen gesehen. Aber man kann es auf jeden Fall theoretisch untersuchen.

Vollmondnacht am Fluß (gemalt von Goethe). SEHR romantisch! gemeinfrei

Genau das haben David Glenar von der Universität Maryland und seine Kollegen getan (“Earthshine as an Illumination Source at the Moon”). Man kann ja ohne große Probleme abschätzen, wie hell die “Vollerde” in einer Mondnacht leuchtet. Die Beleuchtungsstärke liegt da bei etwa 150 Milliwatt pro Quadratmeter, was einer Temperatur von 40 Kelvin (-233 Grad Celsius) entspricht. Das ist nicht viel, aber auf jeden Fall die hellste nächtliche (und natürliche) Lichtquelle.

Interessant ist die von der Erde kommende Strahlung vor allem für die Gegenden am Mond, die IMMER im Schatten liegen. Es gibt bestimmte Krater, deren Innenbereich nie im Sonnenlicht liegen, egal ob es Tag oder Nacht ist. Die einzige Strahlung die dort vielleicht unter Umständen doch noch hinein gelangt ist ein wenig am Kraterrand gestreutes Sonnenlicht. Oder eben das Licht der Erde. Glenar und seine Kollegen haben nun festgestellt, dass dieser Erdschein dort heller sein kann als das gestreute Sonnenlicht.

Die Strahlung die von der Erde zum Mond reflektiert wird reicht aus, um manche gefrorene Gase wie Stickstoff, Kohlenmonoxid oder Methan aufzutauen und gasförmig werden zu lassen. Kombiniert mit internen Hitzequellen und gestreutem Sonnenlicht könnte der Erdschein sogar eine Rolle dabei spielen, Wassereis aufzutauen. All das ist relevant, wenn man verstehen will wie sich die ganzen gefrorenen Stoffe in den sehr kalten Regionen des Mondes im Inneren von Kratern verhalten und verändern. Und das sollte man auf jeden Fall dann verstehen, wenn man vorhat, sich längere Zeit auf dem Mond aufzuhalten.

Der Mond im Erdschein – auch romantisch?
Bild: NASA/Goddard/Arizona State University

Es ist aber auch noch aus einem anderen Grund wichtig zu verstehen, wie das Licht beschaffen ist, das den Mond in der Nacht ein wenig beleuchtet. Nämlich dann wenn man vorhat, dort Rover, Roboter oder andere Messinstrumente einzusetzen. Will man da irgendwelche spektroskopischen Untersuchungen anstellen, also zB das von Mondgestein reflektierte Licht analysieren um mehr über dessen Zusammensetzung zu erfahren, dann muss man natürlich wissen, welches Licht da sowieso schon rumschwirrt.

So eine umfassende und auf den Mond bezogene spektrografische Kalibration des Erdlichts gab es bis jetzt nicht. Aber wer Lust hat (und keine Angst vor sehr technischer Fachliteratur) kann sie jetzt in der Arbeit von David Glenar und seinen Kollegen finden. Ob sie romantisch ist kann ich aber nicht versprechen. Vielleicht wenn man sie nachts im Licht des Vollmonds liest?

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Kommentare (8)

  1. #1 Aginor
    1. Juli 2019

    Nettes Thema, danke für den Artikel!

    Dass die Erde ziemlich (ja, ich weiss, unwissenschaftlich) hell ist, das hatte ich schon vermutet.
    Einfach aufgrund folgender Überlegungen:

    – Mondlicht kann ziemlich hell sein (hell genug um Zeitung zu lesen wenn man gute Augen hat)
    – Mondlicht muss erst durch die Atmosphäre der Erde, manches “Erdlicht” zum Mond nicht (das von den Wasserflächen schon, aber das von den Wolken z.B. muss nur durch recht wenig Atmosphäre)
    – Die Erde hat einen guten Albedowert, etwa 0.3 im Mittel, während der Mond “nur” 0,1 im Mittel hat.
    – Der Mond ist kleiner als die Erde, die sichtbare (und damit reflektierende) Fläche der Erde ist deswegen größer.
    – Das sogenannte “aschgraue Mondlicht” das ich aus der Hobby-Astronomie kenne (Erdlicht das vom Mond reflektiert wird und wieder bei uns ankommt) ist immer noch locker hell genug, um von der Erde aus ein paar Strukturen auf dem Mond erkennen zu können.

    Daher war meine Einschätzung, dass es gut sein kann dass das von der Erde reflektierte Licht auf dem Mond ziemlich hell sein kann, auf jeden Fall hell genug dass man sich dort ohne künstliches Licht orientieren kann. Es müsste merklich heller als ein Vollmond sein.

    Das jetzt in wissenschaftlicher Form betrachtet zu sehen finde ich natürlich super. 🙂

    Gruß
    Aginor

  2. #2 Bullet
    1. Juli 2019

    @Aginor: jetzt mach das gleiche nochmal mit dem dunkelroten Mond bei einer Mondfinsternis und überleg dir, wie kackenhell dieser rote Ring am Rand der Erde sein muß, wenn man ihn vom Mond aus sieht. 🙂

  3. #3 Braunschweiger (DE)
    1. Juli 2019

    @Bullet: :-))
    Danke für dieses schöne Wort! – Kackenhell wird demnächst mein Lieblingsattribut, vor allem, da ich eher “dunkel” assoziieren würde.

  4. #4 Aginor
    1. Juli 2019

    @Bullet:
    Das ist in der Tat eine interessante Frage!
    (und “kackenhell” ist definitiv der Fachbegriff. 😀 )

    Habe letztens in Space Engine (sehr empfehlenswertes Programm) auf dem Mond herumgestanden und mal die Zeit einer Finsternis eingestellt, und mich gefragt ob das Programm nicht mit dem glare-Effekt etwas übertreibt, aber bin dann zu dem Schluss gekommen dass das wohl gar nicht so unrealistisch ist. Die Atmosphäre der Erde schluckt ja nicht sooo viel vom Sonnenlicht (was man daran sehen kann dass die Sonne selbst während eines Sonnenuntergangs ziemlich hell ist).
    Also ist das rote Licht, das von der Erde auf den sich im Kernschatten befindlichen Mond fällt, vermutlich etwa so hell wie das auf der Erde, wenn die Sonne gerade so untergegangen ist. Immer noch ganz schön hell.

    Gruß
    Aginor

  5. #5 Christian Berger
    1. Juli 2019

    Vermutlich würde die Erde vom Mond betrachtet auch interessanter ausschauen, weil die erstens größer ist und zweitens auch bunter. Vermutlich könnte man mit bloßem Auge sogar den Stiefel von Italien sehen. Besonders gegenüber der Mondlandschaft des Mondes würde das sicherlich besonders schön ausschauen.

    Zusätzlich hätte das noch eine andere romantische Komponente, es wäre nicht nur ein Himmelskörper sondern die “Urheimat” der Menschheit. Auch wenn wir wirklich mal “Mondmenschen” haben sollten, so können die immer hinauf zur Erde sagen und sagen, “Da kommen wir her”.

  6. #6 Aginor
    1. Juli 2019

    @Christian Berger:
    So riesig ist die Erde vom Mond aus auch nicht, Italien zu sehen wird eher schwierig sein:

    Die ganze Erde ist vom Mond aus nur ca. zwei Grad im Durchmesser, mit ein paar Fingern am ausgestreckten Arm kann man sie verdecken.
    Italien ist außerdem um die 40° nördlich des Äquators, das bedeutet man schaut vom Mond aus auch noch schräg drauf, sieht den Stiefel also nochmal kleiner.
    Dazu kommen Wolkensysteme, die Teile der Erde bedecken.
    Ohne ein Teleskop wird man den Stiefel nicht sehen können.

    Hier was zum Thema:
    https://www.skyandtelescope.com/astronomy-blogs/explore-night-bob-king/observing-earth-from-the-moon/

    Gruß
    Aginor

  7. #7 tomtoo
    2. Juli 2019

    Na, klasse. So ein romantischer Erdschimmer im Raumazug? Nö, dann doch lieber bei milder Erdtemperatur, romantischen Mondschein.

  8. #8 Laie
    7. Juli 2019

    @tomtoo
    Keiner verlangt von dir mit dem Raumanzug zum Mond zu fliegen. Man wird wohl zunächst ein paar Monderkundungsfahrzeuge hinschicken, die machen dann ein paar Fotos, die du dir auch hier auf der Erde ansehen kannst – völlig ungefährlich. Sollte man dort mal Rohstoffe abbauen können und es sich lohnen, dann darfst vielleicht auch mal hinfliegen, Mond-Sightseeing.