Zugegeben, es ist ein eher technisches Scheinargument; in einer Serie über die neuen Klimamythen darf es trotzdem nicht fehlen: “Das Klima ist so enorm komplex; das kann doch niemand vorhersagen. Die Wissenschaft weiß gar nicht, was passieren wird und die Modelle sagen nur das vorher, was man gerne vorhersagen will.”
Und natürlich ist die Klimawissenschaft komplex. Jede Wissenschaft ist das; die Klimaforschung ist darüber hinaus aber auch noch massiv interdisziplinär. Es geht immerhin darum, einen kompletten Planeten zu modellieren. Man muss nicht nur das Wetter langfristig betrachten, sondern auch die biologischen Vorgänge. Und die geologischen Vorgänge. Wir müssen berücksichtigen, wie unsere Städte wachsen, welche Wälder wir roden und wo wir neue Bäume pflanzen. Wir müssen wissen, wie viele Algen wo wachsen und wie das Eis wo schmilzt. Und so weiter: Die Klimaforschung ist enorm komplex. Alles hängt mit allem zusammen. Aber das heißt nicht, dass man gar nichts über die Zukunft aussagen kann.
Das Fundament der Klimaforschung ist seit langer Zeit gut verstanden. Die “Strahlungsbilanz” der Erde ist etwas, was man durchaus verstehen kann; genau so wie den Treibhauseffekt oder den Kohlenstoffzyklus. Ich habe das früher schon ausführlich erklärt, nämlich hier und hier. Und deswegen wissen wir auch zweifelsfrei, dass der Klimawandel nicht nur stattfindet, sondern von uns Menschen verursacht wird. Wir können die ganze Angelegenheit mittlerweile sogar direkt vom Weltall aus beobachten.
Wenn es aber in die Details der Klimaforschung und -modellierung geht, wird es tatsächlich sehr kompliziert. Wenn man genau vorhersagen will, was wo in bestimmten Regionen der Erde passiert und wann, dann wird es schwierig. Dann muss man wirklich sehr viel Mathematik, sehr viel Physik, sehr viel andere Wissenschaft und sehr komplexe Computerprogramme zusammenwerfen, um zu verstehen, was da abgeht. Die Ergebnisse dieser Klimasimulationen sind keine exakten Vorhersagen. Sie werden nicht absoluter Sicherheit eintreffen. Darum geht es aber nicht. Es geht darum, Trends und Zusammenhänge zu erkennen. Es geht darum, zu wissen, was passieren kann und unter welchen Umständen es passieren könnte. Und auch wenn sich solche Simulationen im Detail ab und zu als falsch herausstellen, ändert das nichts am allgemeinen Befund. Nur weil man zum Beispiel nicht exakt vorhersagen kann, welche Durchschnittstemperatur es in Brandenburg im Juli 2050 haben wird, folgt daraus nicht, dass die gesamte Klimaforschung Unsinn ist. Oder das unsere Treibhausgase NICHT für eine Erwärmung der Erde sorgen.
Die Sache mit den Modellen in der Wissenschaft ist allgemein immer ein wenig kritisch zu erklären. Naturwissenschaft ist ja genaugenommen IMMER nur ein Modell; sie ist immer der Versuch, die unerfassbare Komplexität der Realität durch ein Modell so weit anzunähern, dass man im Rahmen dessen was gerade relevant ist, sinnvolle Aussagen machen kann. Wenn ich etwa die Bewegung der Himmelskörper in einem Modell untersuche, dann sind die Planeten dort einfach nur Punkte mit einer Masse und ohne weitere Eigenschaften. Mir ist natürlich klar, dass das nicht stimmt. Abgesehen von der Masse ist für meine Untersuchung aber keine andere Eigenschaft relevant und ich kann denoch sinnvolle Aussagen treffen. Will ich etwas anderes über die Planeten wissen – zum Beispiel ihre Oberflächentemperatur – dann muss ich mein Modell selbstverständlich anpassen.
Beim Klima wissen wir nur eben noch nicht mit letzter Gewissheit, was alles relevant ist. Immer wieder finden wir neue Zusammenhänge an die wir noch nicht gedacht haben. Am Ende hängt eben in einem Ökosystem wirklich alles mit allem zusammen, in unterschiedlichen Ausmaßen. Diese Komplexität können wir nur bedingt abbilden. Aber wir können genug davon abbilden, um seriöse Aussagen machen zu können! Dieses Spannungsfeld aus Wissen und Unwissen ist der Öffentlichkeit oft schwer zu vermitteln; da herrscht manchmal immer noch das Vorurteil, “die Wissenschaft” würde immer uns ausschließlich exakte Aussagen machen und wenn sie einmal irgendwo falsch liegt, könne man keine ihrer Aussagen mehr ernst nehmen… Man muss viel mehr und öfter erklären, wie die Klimaforschung arbeitet und wie Klimamodelle funktionieren und darf sich nicht nur auf die Ergebnisse konzentrieren.
Ich habe mich in meiner wissenschaftliche Karriere zwar ausführlich mit Modellen und Computersimulationen beschäftigt. Da ging es aber um die Bewegung von Himmelskörpern und nicht um das Klima. Deswegen sage ich auch gar nicht mehr dazu, sondern verweise euch auf ein paar Leute, die sich damit besser auskennen und gut erklären können, was und wie genau Klimamodelle sind. Die ersten drei Videos sind eher unterhaltsam und leicht verständlich gestaltet; die letzten beiden gehen sehr viel mehr in die Tiefe und man muss ihnen ein wenig mehr Zeit widmen…
Die komplette Serie
- Teil 01: Einleitung
- Teil 02: Um die Klimakrise zu lösen, muss das Bevölkerungswachstum gestoppt werden (erscheint am 05.07.2021)
- Teil 03: Kernkraft ist nötig, um die Klimakrise zu bekämpfen (erscheint am 07.07.2021)
- Teil 04: Sternengeschichten Folge 450: Kippelemente im Klimasystem (erscheint am 09.07.2021)
- Teil 05: Die Kernfusion wird die Klimakrise für uns lösen (erscheint am 12.07.2021)
- Teil 06: Das Klima ist so komplex, dass man den Modellen der Forschung nicht vertrauen kann (erscheint am 14.07.2021)
- Teil 07: Sternengeschichten Folge 451: Der Treibhauseffekt auf anderen Himmelskörpern (erscheint am 16.07.2021)
- Teil 08: Elektro- und Wasserstoffautos sind die Lösung für die Klimakrise (erscheint am 19.07.2021)
- Teil 09: Solange wir das CO2 nicht aus der Atmosphäre entfernen können, brauchen wir mit dem Klimaschutz gar nicht anfangen (erscheint am 21.07.2021)
- Teil 10: Sternengeschichten Folge 452: Die Keeling-Kurve (erscheint am 23.07.2021)
- Teil 11: Was Deutschland (Österreich) tut, hat auf das globale Klima doch keinen Einfluss (erscheint am 26.07.2021)
- Teil 12: Es ist doch eh längst zu spät, etwas gegen die Klimakrise zu unternehmen (erscheint am 28.07.2021)
- Teil 13: Fazit und Zusammenfassung(erscheint am 02.08.2021)
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