Das ist die Transkription einer Folge meines Sternengeschichten-Podcasts. Die Folge gibt es auch als MP3-Download und YouTube-Video. Und den ganzen Podcast findet ihr auch bei Spotify.
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Sternengeschichten Folge 464: Biosignaturen: Auf der Suche nach außerirdischem Leben
In der heutigen Folge der Sterngeschichten geht es um die Suche nach außerirdischem Leben. Und weil das so dramatisch und nach Science Fiction klingt, fangen wir mit ein paar ernüchternden Bemerkungen an. Es geht NICHT um UFOs, es geht auch nicht um irgendwelche Alien-Städte auf anderen Planeten. Es geht um nichts von dem, was man sich meistens vorstellt, wenn man an “außerirdisches Leben” denkt. Denn da stellt man sich – geprägt durch Jahrzehnte von Science-Fiction-Filmen, Serien und Bücher – ja fast zwangsläufig irgendwelche intelligten Wesen vor.
Das tun wir aber jetzt nicht. Wir bleiben bei “Leben”. Und das kann alles sein. Wir Menschen halten uns ja für ziemlich wichtig und haben oft das Gefühl, wir sind die wichtigsten Lebensformen auf der Erde. Und je nachdem wie man das betrachtet sind wir das auch manchmal. Aber wir sind nicht die einzigen Lebensformen hier und wir sind auch nicht die zahlreichsten. Vom Weltall aus sieht man uns nicht; höchstens die Lichter unserer Städte in der Nacht und auch nur, wenn man ausreichend nahe an der Erde ist. Was man sieht sind Pflanzen; die für die grüne Färbung der Kontinente verantwortlich sind. Man sieht die grünen Algen in den Ozeanen und es gibt noch unzählige andere Mikroorganismen die man weder hier unten noch vom Weltall aus sehen kann. Die aber trotzdem einen enorm großen Einfluss auf unseren Planeten haben und DIESEN Einfluss kann man tatsächlich auch nachweisen, selbst wenn sich die Mikroorganismen auf einem anderen Himmelskörper befinden sollten.
Wenn ich im folgenden also von außerirdischem Leben spreche, dann meine ich diese Art von Leben. Keine Aliens mit fliegenden Autos, Laserschwertern und komischen Ohren. Sondern Pflanzen, Bakterien, grünen Schleim in irgendeinem Ozean. Das mag nicht so aufregend klingen wie das, was wir aus der Science Fiction kennen. Aber im Gegensatz zu den Aliens dort haben wir eine echte Chance, das “langweilige” außerirdische Leben auch tatsächlich zu entdecken, wenn es da sein sollte.
Das mag überraschend klingen. Eine hell leuchtende Alienstadt auf einem anderen Planeten ist doch viel besser zu sehen als irgendwelche außerirdische Bakterien? Ja, aber nur wenn man diesem Planeten sehr, sehr nahe ist. Und das sind wir den meisten Planeten nicht. Auf den Himmelskörpern in unserem Sonnensystem ist das anders, aber da wissen wir ja mittlerweile sehr gut, dass da keine Alienstädte rumstehen, die wir bisher übersehen haben. Bei den Mikroorganismen sieht es vielleicht anders aus, aber ich will vorerst mal über die Planeten anderer Stern reden.
Von denen haben wir mittlerweile ein paar tausend entdeckt. Wir wissen, dass Planeten im Weltall so häufig sind wie Sterne; häufiger sogar. Es gibt sie überall – aber sie sind schwer zu sehen. Bis auf ein paar wenige Ausnahmen haben wir all diese Planeten nur indirekt entdeckt. Wir wissen, dass sie da sind, weil sie mit ihrer Schwerkraft den Stern ein wenig zum Wackeln bringen. Oder ein klein wenig des Sternenlichts verdecken, wenn sie von uns aus gesehen gerade in der Sichtlinie stehen. Und da wir Sterne sehr gut beobachten können, können wir diese indirekten Effekte nachweisen und so auf die Existenz der Planeten schließen. Planeten, die selbst aber deutlich weniger gut sichtbar sind als die Sterne. Das liegt natürlich einerseits daran, dass ein Planet im Gegensatz zu einem Stern nicht selbst leuchtet sondern nur Licht seines Sterns reflektiert. Das liegt vor allem aber daran, dass so ein Planet SEHR viel kleiner ist als ein Stern, genau so wie der Stern enorm weit entfernt und alles Licht, dass er reflektiert noch dazu vom viel helleren Licht des Sterns überstrahlt wird.
Es ist also nicht leicht, einen Planeten eines anderen Sterns direkt zu sehen. Und dort, wo es funktioniert, sieht man auch nicht viel. Definitiv keine Alien-Städte. Man sieht gar nichts, außer einem Lichtpunkt. Daran wird sich auch in absehbarer Zukunft nichts ändern. Die kleinen und fernen Planeten anderer Sterne werden Lichtpunkte bleiben. Auch mit viel größeren Teleskopen werden wir sie nicht scharf genug sehen können, um dort Details der Oberfläche erkennen zu können.
Das ist aber auch gar nicht nötig. Wir in der Astronomie sind schlau 😉 Uns reicht auch ein Lichtpunkt! Denn wenn wir Licht in unsere Messinstrumente kriegen, das von einem Planeten reflektiert worden ist, können wir damit jede Menge tolle Dinge anstellen. Zum Beispiel Spektroskopie betreiben. Davon habe ich ja schon öfter mal erzählt. Wir spalten das Licht in seine Bestandteile auf; wir schauen also zum Beispiel, wie viel rotes Licht reflektiert wird, wie viel blaues Licht, wie viel grünes Licht, und so weiter. Und das geht nicht nur mit den sichtbaren Farben, sondern auch denen, die unsere Augen nicht sehen können. Infrarotlicht oder Ultraviolettlicht zum Beispiel.
Wenn wir sowas mit dem Licht machen, dass die Erde von der Sonne ins All reflektiert – und wir haben das schon gemacht – dann kann man interessante Sachen sehen. Wir sehen, dass die Erde weniger rotes und blaues Licht reflektiert, als von der Sonne gekommen ist. Dafür aber viel grünes Licht. Irgendwas muss mit dem Licht also passieren, während es von der Erde reflektiert wird und dieses etwas ist in unserem Fall das Leben! Auf der Erde leben Pflanzen. Und die betreiben Fotosynthese. Das heißt, sie nutzen die Energie des Sonnenlichts um es in ihren Zellen in chemische Energie umzuwandeln. Die Pflanzen haben aber Vorlieben; sie nutzen nicht alle Farben des Lichts gleich gerne. Bzw. ist es den Pflanzen an sich egal, sie machen halt das, was man biochemisch mit den für die Fotosynthese zuständigen Molekülen wie dem Chlorophyll gemacht werden kann. Und mit grünem Licht kann das Chlorphyll eben nicht so viel anfangen – genau deswegen nimmt die Pflanze eben das rote und das blaue Licht und absorbiert einen Teil davon für die Fotosynthese, reflektiert aber das grüne Licht relativ ungenutzt. Was eigentlich nur eine andere Art ist zu sagen, dass Pflanzen grün sind.
Wenn auf der Erde nur ein einsamer Grashalm herumstehen würde, dann hätte das natürlich keine große Auswirkung auf das, was man vom All aus sehen kann. Aber weil bei uns sehr, sehr viele Pflanzen herumstehen, sehen wir in Summe doch einen Effekt. Im von der Erde reflektierten Licht ist weniger Blau und Rot, als man erwarten würde. Und wir sehen das deswegen, weil hier Pflanzen wachsen und Fotosynthese betreiben. Was wir mit Satelliten vom All aus messen können, könnten wir aber theoretisch auch von sehr viel weiter weg sehen. Für diese Analyse des Lichts spielt es vorerst keine Rolle, ob wir nur einen Lichtpunkt sehen oder eine ausgedehnte Erdkugel. Das heißt: Den Effekt der Pflanzen auf das von der Erde reflektierten Lichts kann man auch von anderen Sternen aus sehen. Und damit dort nachweisen, dass hier Leben existiert.
Und umgekehrt heißt das: Wir können Leben auf anderen Planeten finden, wenn wir in der Lage sind, das von ihnen reflektierte Licht ausreichend genau zu analysieren. Das, was ich vorhin beschrieben habe ist ein sogenannter “Biomarker” bzw. eine “Biosignatur”. Also ein Effekt, der mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Anwesenheit von Leben zurück zu führen ist. Davon gibt es einige: Methan zum Beispiel. In der Atmosphäre der Erde finden wir jede Menge Methan. Ein großer Teil davon kommt von Lebewesen; zum Beispiel von Kühen, die es wahlweise an ihrem vorderen oder hinteren Ende in die Luft entlassen. Genau genommen wird es aber nicht von den Kühen selbst produziert sondern vom Stoffwechsel der Mikroorganismen die in ihren Därmen leben. Und diese Mikroorganismen kriegen das genau so gut ohne Kühe hin. Methan ist ein Molekül, dass nicht für lange Zeit stabil ist. Nach ein paar Jahren bis Jahrzehnten wird es von der Sonnenstrahlung in seine Bestandteile aufgespalten. Wir sehen es deswegen in den vergleichsweise großen Mengen in unserer Atmosphäre, weil hier jede Menge Mikroorganismen existieren, die immer wieder neues produzieren.
Mit der Technik der Spektroskopie können wir auch nachweisen, ob sich in der Atmosphäre eines anderen Planeten Methan befindet. Das wäre ein Hinweis auf die Existenz von Leben. Allerdings kein eindeutiger Hinweis; denn es gibt auch geologische und chemische Prozesse, die ganz ohne die Anwesenheit von Leben Methan erzeugen. Auf dem Mars etwa haben wir Methan gemessen – wissen aber immer noch nicht, ob es dort von schnöder Geologie oder doch irgendwelchen im Marsboden lebenden Mikroorganismen erzeugt wird. Dazu müssten wir genauer nachsehen, was in dem Fall heißt, dass wir dort hinfliegen und vor Ort forschen müssen.
Das geht beim Mars, nicht aber bei den Planeten anderer Sterne. Dort können Biosignaturen wie die Anwesenheit von Methan immer nur Indizen sein, aber keine Beweise. Auch Sauerstoff ist ein Biomarker: Die große Menge dieses Elements in der Erdatmosphäre wird durch die Lebewesen erzeugt. Würde das Leben verschwinden, würde auch der Sauerstoffanteil deutlich sinken, genau so wie er erst entstanden ist, als Lebewesen darauf gekommen sind, wie sie Sauerstoff als Stoffwechselprodukt erzeugen können.
Kein einzelner Biomarker kann eindeutig die Existenz von Leben nachweisen. Aber sollten wir mal einen Planeten finden, auf dem wir eine ganze Reihe unterschiedlicher Biosignaturen entdecken, wäre das schon eine ziemlich spannende und deutliche Sache. Das wird aber noch ein wenig dauern. Bis jetzt haben wir nur eine Handvoll Planeten direkt beobachtet und das waren alles Spezialfälle wo die Planeten sehr groß, sehr heiß oder sehr weit von ihrem Stern entfernt waren. Auf jeden Fall aber Planeten auf denen Leben wie wir es verstehen nicht existieren kann. “Normale” Planeten, also von der Größe der Erde, in einem vernünftigen Abstand zu ihren Stern liegen derzeit noch außerhalb der technischen Reichweite unserer Teleskope. Aber das kann und wird sich ändern. Dann können wir mehr Planeten direkt beobachten als heute und schauen, was es da zu entdecken gibt.
Natürlich basieren die Biosignaturen darauf, dass anderswo Leben existiert, dass so funktioniert wie das Leben hier auf der Erde, zumindest im Prinzip. Das muss natürlich nicht so sein, das weiß auch die Astronomie. Aber wir wissen noch nicht genau genug, wie Leben ANDERS funktionieren kann. Wir wissen ja nicht einmal, warum das Leben auf der Erde so entstanden ist, wie es entstanden ist. Daher wissen wir auch nicht, welche Biosignaturen so ein potenzielles anderes Leben erzeugen würde. Und wir können nicht nach etwas suchen, von dem wir nicht wissen, wie wir es bemerken sollen, wenn wir es gefunden haben. Also müssen wir uns zwangsläufig darauf beschränken, nach der Art von Leben zu suchen, das wir verstehen.
Aber wenn es diese Art von Leben irgendwo da draußen gibt, dann stehen die Chancen gut, dass wir es auch finden werden.
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