Ich war gestern im Kino und habe mir Moonfall angesehen. Wer nur wissen möchte, ob der Mond tatsächlich auf die Erde fallen kann oder wird, kann die Besprechung des Films gerne überspringen und direkt zum letzten Abschnitt weiter scrollen. Wer sich den Film ansehen möchte (wovon ich dringend abrate) und nicht gespoilert werden will wird rechtzeitig gewarnt. Alles was ich vor der Spoilerwarnung schreibe ist Zeug, das auch im Trailer oder den Ankündigungen zum Film erzählt wird.
Hollywood und Wissenschaftskommunikation
Ich habe mir “Moonfall” nicht angesehen, weil ich so ein großer Fan von Roland Emmerich bin. Ganz im Gegenteil. Aber wenn Wissenschaft in Hollywood-Blockbustern thematisiert wird, ist das aus Sicht der Wissenschaftskommunikation durchaus interessant. Wenn der Film erfolgreich ist und oft gesehen wird, kann das, was dort zu sehen ist durchaus die öffentliche Wahrnehmung mitbestimmen (“2001: Odyssee im Weltraum” oder “Star Trek” sind solche Beispiele). Insofern kann es für die Praxis der Wissensvermittlung relevant sein zu wissen, was da im Kino gezeigt wird. Was “Moonfall” angeht hätte ich mir den Kinobesuch aber sparen können. Der Film wird kein Blockbuster werden, dafür ist er einfach zu schlecht. Und das nicht einmal wegen der Darstellung der Wissenschaft.
Der Mond fällt
In “Moonfall” geht es – wenig überraschend – um den Mond, der auf die Erde fällt. Das wird in allen Trailern und Ankündigungen mehr als deutlich erklärt. Und, auch das wird in den Trailern klar gemacht, der Mond ist in Wahrheit irgendein Dingens das von Aliens gebaut wurde. Und wenn so ein Mond auf die Erde fällt ist das tendenziell schlecht. Es ist also mit Katastrophen zu rechnen; mit großer Zerstörung und jeder Menge Drama und einem Special-Effects-Overkill. Mit unwahrscheinlichen Helden, mit Selbstaufopferung und all dem anderen Zeug, das man in den Filmen von Emmerich so findet.
Aus wissenschaftlicher Sicht (mehr dazu gibt es weiter unten) ist so was natürlich Quatsch. Der Mond kann nicht auf die Erde fallen und er ist auch keine außerirdische Megastruktur. Aber keine Sorge, niemand muss sich beschweren, dass ich als nüchterner Wissenschaftler darüber meckere, dass in einem Science-Fiction-Film nicht alles absolut real ist. Ich hab überhaupt kein Problem mit Filmen/Büchern/Serien in denen die Wissenschaft “kreativ” interpretiert wird. Ich bin ein riesiger Fan von “Doctor Who” und der Serie kann man definitiv nicht vorwerfen sich an die Realität der Wissenschaft zu halten. Ich habe meine Dissertation über die Kollision von Asteroiden mit der Erde geschrieben und finde den Film “Armageddon” super. Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Sache mit Bruce Willis, der Löcher in einen Asteroiden bohrt um Atombomben zu versenken absoluter Quatsch. Aber der Film macht einfach Spaß – und genau das soll so ein Film ja vorranging tun. Natürlich ist es für mich als Wissenschaftler schön, wenn Wissenschaft in einem Film eine wichtige Rolle spielt und dabei vernünftig dargestellt wird. So etwas kann auch ein wunderbares Instrument der Wissenschaftsvermittlung sein; kann Menschen für Wissenschaft begeistern, und so weiter. Aber ich hab kein Problem mit Laserschlachten im Weltraum; mit überlichtschnellen Raumschiffen oder anderem Zeug, das mit echter Wissenschaft nichts zu tun hat.
Mit echter Wissenschaft hat auch “Moonfall” nichts zu tun, nicht einmal ansatzweise. Das ist aber nicht der Grund, warum der Film so mies ist. Und wer trotz meiner Warnung immer noch selbst ins Kino gehen will, sollte jetzt aufhören zu lesen. Im nächsten Abschnitt werde ich genauer auf den Inhalt eingehen und nicht ohne Spoiler auskommen. Springt dann am besten direkt zum Ende; da erkläre ich dann ob und wie der Mond wirklich auf die Erde fallen könnte.
Spezialeffekte sind keine Handlung (Spoiler)
So. Ich sags sicherheitshalber nochmal: Ab jetzt kommen Spoiler. Es fällt mir aber ein wenig schwer, den Inhalt des Films wiederzugeben. Denn so ein unmotivertes Etwas habe ich schon lange nicht mehr im Kino gesehen. Da eine stringente “Handlung” zu identifizieren ist schwierig. Die Figuren etwa sind auch aus Hollywood-Sicht viel zu sehr Klischees. Da ist etwa der Verschwörungstheoretiker der so überzogen dargestellt wird, dass man es nicht mal mehr lustig finden kann. Von den Zimmerwänden die mit Zeitungsausschnitten gepflastert sind bis hin zu allen schlechten Nerd-Klischees die man schon längst nicht mehr sehen will. Dann gibt es den Ex-Astronauten der vom Weltraumheld zur gescheiterten Existenz geworden ist und seine Zeit damit verbringt in der Garage Bier zu trinken und sein Rennauto zu reparieren (was sonst). Es gibt die Ex-Astronautin, die aber noch bei der NASA arbeitet. Und natürlich sind alle geschieden, haben ein stressiges Verhältnis zu ihren Kindern, Ex-Partnern, Stiefkindern, etc.
Und nachdem all diese Beziehungsgeflechte geklärt sind, geht es dann auch im Film los: Wie man das halt so macht als Verschwörungstheoretiker, schleicht man sich in eine Uni ein, hackt sich in den Rechner eines Professors, beauftragt von dort Remote-Beobachtungen des Monds, die man auch sofort kriegt und erkennt mit einem Blick auf die Zahlenreihen sofort, dass der Mond seine Umlaufbahn verlassen hat. Und natürlich weigert sich die doofe NASA, einem zuzuhören. Es folgt das übliche Spiel: Die NASA kommt eh auch selbst drauf, will aber alles geheim halten; der Verschwörungstheoretiker schreibt sein Zeug ins Internet und kaum das man einmal geblinzelt hat, steht der Mond gigantisch am Himmel über der Erde; die Menschen fangen an zu plündern und die Zivilisation bricht zusammen.
Das ist tatsächlich das, was “Moonfall” so dramatisch schlecht macht. Er hat keine Handlung, es gibt nur eine Aneinanderreihung von Szenen und Bildern. Dinge passieren und man sitzt verwirrt vor der Leinwand und fragt sich, was das jetzt schon wieder soll. In keiner Sekunde des Films hat man das Gefühl, dass die Menschen im Film irgendwas aus einer verständlichen Motivation heraus machen. Sie stellen Bilder nach, die man aus anderen Filmen kennt. Zum Beispiel: Der NASA-Chef geht vor die Presse und sagt “Alles Gut, wir kümmern uns drum, es gibt keine Gefahr”. Die Ex-Astronautin wirft ihm vor, er würde die Öffentlichkeit anlügen und wird dafür gerügt: “Sie arbeiten für mich!”. Worauf sich Halle Berry in Position wirft und mit unangemessen viel Pathos erklärt, sie arbeite für das amerikanische Volk! Der NASA-Chef verzieht sich dann aber sowieso, wirft Berry seinen Ausweis hin, mit dem sie sich dann in ein geheimes NASA-Archiv schleichen kann, wo im Halbdunklen Donald Sutherland (was hat dieser Mann getan um hier mitspielen zu müssen) mit wirrem Haar sitzt und aus staubigen Regalen die geheimen Geheimnisse gekramt werden, die die NASA jahrelang vertuscht hat.
Ich hab ja kein Problem, wenn die Handlung in einem Action-Film mal ein wenig straff ist. Aber Emmerich hat sich selten mit Handlung aufgehalten. Und das stört massiv. Da scheitert zum Beispiel die Erkundungsmission zum Mond und dann ist auf einmal keine Rakete mehr da mit der man nochmal hinfliegen könnte. Also macht man sich auf in die Bunker dieser Welt. Bis der Ex-Astronautin einfällt, dass da in nem Museum ja noch ein altes Space-Shuttle rumsteht. Zwei Szenen weiter steht dieses Shuttle, komplett ausgestattet mit Boostern und Treibstofftanks (wo lagen die rum?) auf der Startrampe. Aus China hat man auf die Schnelle noch eine Mondlandefähre aufgetrieben (wird in einem Halbsatz erwähnt) und die passt offensichtlich überraschend gut in die Ladebucht des Shuttles. Dann kommt ein Erdbeben, dann ist ein Triebwerk des Shuttles kaputt, dann hauen fast alle NASA-Leute von der Basis ab, dann fällt Halle Berry ein, dass das Shuttle ja vielleicht trotzdem starten könnte, wenn man es von der Gravitationskraft des nahen Mondes nach oben ziehen lässt, wofür man aber in 28 Minuten starten müsste. Mit einer Handvoll Leute wird das kaputte Shuttle also in knapp 10 Minuten startklar gemacht (vermutlich, im Film wird das weder gezeigt noch erwähnt); irgendwo (wird auch nicht gezeigt oder erklärt) kramt man alte Apollo-Raumanzüge raus (netterweisen auch einen in Übergröße für den übergewichtigen Verschwörungstheoretiker, der auch noch auf der Startbasis abhängt und spontan mitfliegt), und fliegt gerade noch rechtzeitig los.
Ich weiß, es ist ein Film und da muss nicht alles stimmen. Aber auch mit noch so viel suspension of disbelief muss einem hier auffallen, dass die “Handlung” keinerlei Logik hat; das Dinge passieren, die so schlicht und einfach nicht passieren können. Eine Geschichte muss innerhalb ihrere eigenen Grenzen glaubwürdig und nachvollziehbar sein; egal ob sie in einer Science-Fiction-Welt, einer Fantasywelt oder der reale Welt stattfindet. Wenn sie das nicht ist, dann funktioniert sie nicht; man merkt das auch sehr deutlich und dann macht die Geschichte keinen Spaß mehr. Und bei “Moonfall” gibt es fast nirgendwo eine in sich konsistente Handlung. Alles passiert irgendwie, aus nicht nachvollziehbaren Gründen und man fragt sich dauernd: “Halt – wieso denn das jetzt? Wie soll dass denn jetzt passiert sein?!”.
Noch ein Beispiel: Die drei Helden sind mittlerweile am Mond angekommen, der natürlich eine “Megastruktur” ist, von Aliens gebaut. Die aber schon längst nicht mehr da sind; bzw nur noch im Computer existieren. Der Astronaut kriegt per Telepathieflash eine kurze Lektion in galaktischer Geschichte: Vor Milliarden Jahren haben Menschen (bzw. die Vorfahren der Menschen) die ganze Galaxie bevölkert; sich dort ein Imperium aufgebaut wo alle in Frieden, Glück und Wohlstand gelebt haben. Auf Planeten und in gigantischen künstlichen Welten im All. Gesteuert wurde das von einer künstlichen Intelligenz, die – wie das halt so ist – aber auf einmal böse wurde und alle Menschen umgebracht hat. Ruck zuck hat die KI das galaktische Megaimperium zerstört; die Menschen haben noch schnell ein paar mondgroße Raumschiffe gebaut um sich vor der KI in Sicherheit zu bringen. Klappt aber nicht, nur eins von den Monddingern wird nicht zerstört und das fliegt zur Sonne und baut dort die Erde (anscheinend muss man nur sehr schnell im Kreis um ne Gaswolke rumfliegen und dann wirbelt sich das alles zu nem schönen Planeten zusammen). Und dann wurde dort per Genetik-Irgendwas das Leben geschaffen, nach eigenem Vorbild. Die KI ist aber auch nachgekommen, wohnt jetzt im Mond und… ja – weiß man nicht. Anscheinend hat sie dieses Mond-Dingens aus irgendeinem Grund nicht zerstört; und auch nicht die Menschen auf der Erde (obwohl ihr Ziel die Ausrottung der Menschen ist, wie man erklärt bekommt). Beziehunsgweise fängt sie halt erst mit Beginn des Films an, den Mond auf die Erde fallen zu lassen. Und ich habe jetzt fast schon länger gebraucht das hier aufzuschreiben als es im Kino auf der Leinwand zu sehen war. Das alles macht nach keiner irgendwie gearteten Logik Sinn.
Egal, die Welt geht unter und zum Glück hat das amerikanische Militär eh schon in den 1990ern oder so ein EMP-Dingens gebaut (da weiß man auch nix genaues; irgendeine Elektromagnetische Pulswaffe die in einer Mini-Szene aus ner Kiste gepackt wird) mit dem das KI-Monster dann von den drei Helden am Ende weggebruzzelt wird. Anscheinend waren die Vorfahren der Menschen zwar schlau genug, ein galaktisches Imperium zu errichten, mit künstlichen Planeten und Monden. Aber zu doof, den Space-Elektroschocker zu erfinden, denn die Amerikaner in das Museums-Shuttle packen…
Ich könnte jetzt noch weiter rummeckern; über die in so gut wie jedem Emmerich fast exakt gleich ablaufende Story der Flucht durch die katastrophengeplagte Welt (wo dann immer irgendein Stiefelternteil den Löffel abgeben muss); über das extra sinnlose Productplacement (Das Betriebssystems des Shuttles hat nen Virenscanner von Kapersky, der erstmal checkt ob eh alles ok ist, bevor es das Shuttle auftanken lässt…) – aber ich hab mich damit schon viel zu lange aufgehalten. “Moonfall” ist ein schlechter Film; nicht weil die Handlung aus wissenschaftlicher Sicht absurd ist, sondern weil dieser Film einfach extrem lieblos und dumm gemacht ist. Es gibt schlechte Filme, die so schlecht sind, dass man sich darüber noch amüsieren kann. “Moonfall” ist keiner davon.
Kopf einziehen, der Mond kommt (Spoiler)
Ich bin Astronom, also muss ich trotz allem natürlich noch was zur Astronomie und der Wissenschaft im Film sagen. Auch wenn es – wie ich anfangs schon erklärt habe – eigentlich nicht wichtig ist. Bei “Moonfall” ist es aber wirklich nicht wichtig. Da Emmerich eh schon gleich zu Beginn klar macht, dass der Mond irgendein mächtiges und mysteriöses Alien-Ding ist, läuft jeder Versuch der wissenschaftlichen Betrachtung komplett ins Leere. Der Mond verlässt die Umlaufbahn? Ja, macht er halt; ist halt ein Alien-Raumschiff! Der Mond wird plötzlich sehr viel schwerer? Ja, ist halt so. Diese Szene war tatsächlich sehr exemplarisch: Mitten im Film wird ohne weiteren Kommentar und Erklärung festgestellt, dass der Mond plötzlich mehr Masse bekommen hat. Der Verschwörungsfuzzi deutet auf eine Tafel bei der NASA, merkt an, dass die Zahl für die Masse falsch ist, und dann Schnitt und weiter gehts. Aber wird schon irgendwas mit dem Alien-Zeug zu tun haben.
Da fällt dann der Rest an wissenschaftlicher Inkosistenz auch nicht weiter auf. Immer etwa, wenn der Mond über die Erde fliegt, zieht er mit seiner gewaltigen Gravitationskraft alles an und hinauf in die Luft (würde er zwar in echt nicht machen, weil die Erde immer noch schwerer ist und das gravitative Tauziehen gewinnt, aber egal: Alien-Dings!). Das ist gefährlich, da muss man die Kinder festhalten, damit sie nicht in den Himmel gerissen werden. Wenn man es aber geschafft hat, sich in einem Schuppen zu verstecken, ist alles gut – da kommt die Gravitationskraft anscheinend nicht durchs Dach.
Dass die Gezeiten stärker werden wenn der Mond näher kommt; dass es Erdbeben gibt; dass in hohen Lagen die Luft dünner wird bzw. dann auch “Luft-Ebbe” herrscht: Das ist sogar halbwegs korrekt. Aber wenn der Mond am Schluss der Erde so nahe kommt dass er an Bergen anschrammt und dann nur der Berggipfel ein wenig abbricht während unten die Menschen durch die Gegend laufen und flüchten: Da muss man wieder auf “Alien-Dings!” zurückgreifen wenn man das auch nur ansatzweise verstehen will.
Das Innere des Maschinenmonds schaut zwar schön spektakulär alien-technisch aus. Aber mehr als Ausschauen tut es nicht. Irgendwo im Mond steckt ein helles Dinges, das die Energiequelle ist. Laut Verschwörungsfuzzi ist es ein Weißer Zwerg, was astronomisch natürlich Quatsch ist (ebenso wie der Satz “Ich habs gewusst. Megastrukturen bestehen aus den Bausteinen des Universums” der in diesem Zusammenhang im Film gefallen ist). Ein weißer Zwerg ist das Endstadium eines Sternes wie unserer Sonne wenn dort nach Ende der Kernfusion alles in sich zusammengefallen ist. Ein weißer Zwerg ist so groß wie die Erde (bzw höchstens doppelt so groß) und hat circa so viel Masse wie die Sonne. Wenn so ein Ding im Mond stecken würde, würde man das erstens merken (weil der Mond dann so schwer wie die Sonne wäre) und zweitens würde der Weiße Zwerg da auch nicht rein passen. Ich weiß nicht, wer den Film aus astronomischer Sicht beraten hat (oder ob überhaupt). Aber vielleicht hat man da ja nen weißen Zwerg mit einem Neutronenstern verwechselt. Auch das ist ein Endstadium der Sternentwicklung, auch Neutronensterne sind extrem kompakte Objekt die schwerer als die Sonne sind. Aber ein Neutronenstern wäre nur ~20 Kilometer groß und würde zumindest in den Mond reinpassen. Aber egal: Alien-Dings! Alien-Dings macht alles möglich.
Und Gratulation übrigens auch an China: Die Mondlandefähre mit der man im Film durchs Innere des Mondes fliegt hat einiges drauf. Irgendwann hat man im Film dann auch keine Lust mehr gehabt, sich auch nur alibihalber an sowas wie die Gesetze der Himmelsmechanik zu halten und flitzt mit der Fähre durch die Megastruktur wie damals Luke Skywalker über den Todesstern. Liegt aber wahrscheinlich auch am Alien-Dings.
Am Ende jedenfalls ist die böse Künstliche Intelligenz besiegt, der Mond hat aufgehört die Berggipfel der Erde abzuschrubbeln und sich ein bisschen zurück gezogen. Aber nicht sehr – jetzt hängt er dramatisch groß, seiner kilometerdicken Gesteinshülle entkleidet als Maschinenwelt mit Trümmerring am Himmel der Erde. Abspann. Ende.
Kann der Mond auf die Erde fallen (ab hier keine Spoiler mehr)
Die Mühe erklären zu wollen, was in “Moonfall” wissenschaftlich korrekt bzw. falsch ist, kann man sich sparen. Da schon im Trailer klar gemacht wird, dass da irgendeine Alien-Technik involviert ist, ist quasi eh alles möglich. Aber die prinzipielle Frage bleibt natürlich: Kann der Mond (unser echter Mond, keine Alienstruktur) tatsächlich auf die Erde fallen?
Die kurze Antwort lautet: Nein. Kann er nicht und wird er nicht.
Die längere Antwort lautet immer noch “Nein”. Aber man kann sich zumindest ein wenig überlegen, was denn passieren müsste, um den Mond auf die Erde fallen zu lassen. Der Mond bewegt sich mit der Erde um die Sonne herum, das tut er seit mehr als vier Milliarden Jahren und das wird er auch weiterhin tun (tatsächlich entfernt sich der Mond jedes Jahr knapp 4 Zentimeter von der Erde, das liegt an den Gezeiten – siehe hier und hier). Das liegt an den grundlegenden Naturgesetzen die die Bewegung von Himmelskörpern bestimmen; sie bewegen sich aufgrund der Gravitationskraft die auf sie wirkt und solange sich da nichts ändert, ändert sich auch an der Umlaufbahn nichts. Die Bewegung des Monds wird von der Gravitationskraft der Sonne und der Erde dominiert und die hängt von deren Masse ab und von deren Abstand zum Mond. Will man die Umlaufbahn des Mondes ändern, müsste man also die Masse der Erde und der Sonne ändern. Und zwar relevant; die Erde müsste zum Beispiel doppelt so schwer werden oder halb so schwer. Gehen wir mal davon aus, dass das nicht passiert (es gibt keinen sinnvollen natürlichen Prozess der die Masse von Sonne oder Erde spontan massiv ändert). Dann bleibt noch eine Änderung des Abstands zwischen Mond und Erde. Oder anders gesagt: Wir können die Umlaufbahn des Mondes ändern, wenn wir eine entsprechend große Kraft auf ihn ausüben.
Dann kann man den Mond näher an die Erde “schieben”. Oder weiter weg. Er würde sich dann auf einer neuen Bahn bewegen und könnte der Erde dabei näher kommen als vorher. Aber auch hier gilt: Es muss eine ausreichend große Kraft sein. Der Mond hat jede Menge Bewegungsenergie, er bewegt sich sehr schnell und hat viel Masse. Entsprechend viel Energie muss man aufwenden, wenn man daran etwas ändern will. Ein etwas schlechter Vergleich: Ein stehendes Fahrrad kann man recht leicht mit der Hand umschubsen. Ein voll beladendes Containerschiff kann man mit der Hand aber eher nicht auf einen neuen Kurs schieben.
Wenn wir mal von irgendwelcher Alien-Technik absehen, bleibt nur ein natürlicher Prozess, der eine ausreichend große Kraft auf den Mond ausüben könnte: Die Kollision mit einem anderen Himmelskörper. Da reicht es natürlich nicht, wenn einfach nur irgendwas mit dem Mond zusammenstößt. Irgendein Asteroid ist dem Mond egal; sowas kollidiert dauernd mit dem Mond, deswegen hat er auch so viele Krater. Auch der Raketenteil der im März auf den Mond fallen wird erzeugt zwar einen kleinen Krater (~20 Meter), wird aber an der Umlaufbahn des Mondes nichts ändern. Um die Bahn merkbar zu beeinflussen muss das kollidierende Objekt mindestens 1000 Kilometer oder größer sein. Davon fliegt aber nicht allzu viel im Sonnensystem rum. Der größte Asteroid im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter ist Ceres und der ist nur ~950 Kilometer groß. Abgesehen davon befinden sich Ceres, so wie die anderen großen Asteroiden im Sonnensystem und natürlich auch die Planeten auf stabilen Umlaufbahnen auf denen sie auch bleiben werden. Es gibt kein großes Objekt im Sonnensystem bei dem in den nächsten Milliarden Jahren mit einer Mond-Kollision zu rechnen ist. Da müsste man sich schon irgendwas sehr obskures ausdenken, damit sich da was ändert. Ein Stern, der sehr knapp am Sonnensystem vorbeifliegt zum Beispiel und alles durcheinander bringt. Aber so etwas würde wir schon Jahrhunderte vorher wissen (wir sehen die Sterne ja) und abgesehen davon ist es absurd unwahrscheinlich, dass so etwas passiert (gleiches gilt für noch exotischere Szenarien wie Mini-Schwarze-Löcher die durchs Sonnensystem fliegen). Wenn Mondumlaubahnverändernde Ereignisse häufig wären, dann hätten wir schon längst keinen Mond mehr!
Bis jetzt habe ich nur von der Änderung der Mondumlaufbahn gesprochen. Genau das ist es, was passieren würde, wenn man irgendwie am Mond rumschubst: Er ändert die Umlaufbahn um die Erde; die Bahn wird dann größer oder kleiner, mehr oder weniger kreisförmig oder neigt sich stärker oder schwächer. Es wäre aber immer noch eine Bahn um die Erde (das liegt an der Drehimpulserhaltung). Wenn die Bahn sehr extrem geändert wird, kann es sein, dass der erdnächste Punkt der Bahn innerhalb der Erde zu liegen kommt und dann gibt es eine Kollision. Aber dazu braucht man die oben beschriebene sehr große Krafteinwirkung. Und es wäre eben eine Kollision – will man, dass der Mond tatsächlich auf die Erde fällt, dann muss man dafür sorgen, dass sich die Geschwindigkeit des Mondes in Bezug auf die Erde verringert und zwar auf Null. Dann würde er tatsächlich einfach “runterfallen”. Dazu braucht man eine noch größere Kraft als um die Bahn einfach nur ein bisschen zu verändern. Oder irgendein ein Alien-Dings.
Wer die ganze Sache im Detail vorgerechnet haben möchte; mit ein paar Computerprogrammen zum Selbstausprobieren, kann sich diesen und diesen Artikel bei Wired genauer ansehen.
Fazit (ohne Spoiler)
“Moonfall” ist ein schlechter Film. Nicht weil er aus wissenschaftlicher Sicht so absurd ist. Das ist er zwar und auf einem ganz extremen Level. Aber in diesem Genre geht es nicht unbedingt um wissenschaftliche Exaktheit sondern um Unterhaltung. Und “Moonfall” ist kein unterhaltsamer Film. Auch abseits jeglicher wissenschaftlichen Betrachtung ist dieser Film von vorne bis hinten unlogisch. Es wird keine Geschichte erzählt – stattdessen passieren einfach der Reihe nach Dinge und sehr oft hat man keine Ahnung, warum gerade irgendwas passiert. Ja, die Spezialeffekte sind beeindruckend, aber das sind sie heutzutage ja fast überall. Und Spezialeffekte alleine machen weder eine Handlung und schon gar keinen kompletten Film. “Moonfall” ist nicht schlecht, weil die Handlung lächerlich ist. “Moonfall” ist schlecht, weil es keine Handlung gibt. Deswegen kann man den Film auch nicht mal “ironisch” anschauen und sich darüber amüsieren wie schlecht er ist. Man kann sich nur darüber ärgern, dass man gerade mehr als zwei Stunden daran verschwendet hat, sich diesen unmotivierten Unsinn anzusehen. Wenn ihr trotzdem noch ins Kino gehen wollt, dann sagt nicht, ich hätte euch nicht gewarnt.
P.S. Und ich geh mir jetzt “Armageddon” anschauen!
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