Staub! Astronomen haben jede Menge Staub beim sonnennächsten Stern Proxima Centauri entdeckt. Und wehe ihr klickt jetzt gelangweilt weg! Denn die Entdeckung von Staub ist tatsächlich ziemlich großartig. Der kosmische Kleinkram wird gerne mal ein wenig unterschätzt. Das liegt vielleicht daran dass wir auch hier auf der Erde den Staub entweder gar nicht oder aber nur als störend zur Kenntnis nehmen. Im Weltall ist Staub aber wahnsinnig interessant. Denn er kann Dinge sichtbar machen die man ansonsten nicht sehen würde!
Nehmen wir Planeten. Planeten leuchten nicht selbst sondern können nur Licht ihrer Sterne reflektieren. Und klein sind sie auch noch, was sie insgesamt zu sehr schwer beobachtbaren Objekten macht. Das ist auch der Grund warum wir bis jetzt so wenig solcher Planeten direkt beobachtet haben und auf indirekte Methoden angewiesen sind wenn wir sie finden wollen. Ein Staubkorn ist nun natürlich noch kleiner als ein Planet. Und ein einzelnes Staubkorn im fernen Weltraum wäre auch unmöglich zu beobachten. Aber wie das mit Staub so ist: Wo ein Staubkorn ist sind meistens auch noch jede Menge andere.
Oder anders ausgedrückt: Staubteilchen mögen zwar klein sein, aber wenn viele davon auf einem Haufen sind, dann ist ihre gesamte Oberfläche wesentlich größer als die eines Planeten. Und wenn so eine Menge an Staub jetzt vom Licht eines Sterns angestrahlt wird und sich erwärmt, dann wird diese gesamte riesige Oberfläche verwendet um die Wärme wieder abzustrahlen. Mit entsprechenden Teleskopen können wir diese Infrarot-Strahlung detektieren und so den Staub beobachten.
Und was bringt es uns wenn wir wissen dass irgendwo Staub ist? Enorm viel! Staub kommt nicht einfach aus dem Nichts und wenn man lange genug gewartet dann verschwindet er wieder. Ok, ich weiß dass das nicht den Erfahrungen entspricht die man zuhause beim Wohnungsputz macht aber in der Astronomie ist das tatsächlich so. Die Strahlung eines Sterns würde den Staub langsam aber sicher aus dem Sternensystem pusten. Nach vergleichsweise kurzer Zeit ist die Umgebung eines Sterns staubfrei (bzw. zumindest so staubfrei damit wir nichts mehr davon detektieren können). Wenn wir heute irgendwo große Mengen an Staub finden dann muss es Quellen geben die diesen Staub erzeugen. Zum Beispiel Asteroiden die immer wieder mal miteinander kollidieren und so neuen Staub nachliefern. Aus der Existenz von Staub kann man also auf die Existenz von Trümmerscheiben schließen. Das ist – vereinfacht gesagt – nichts anderes als ein anderes Wort für “Asteroidengürtel”. Mit dem Staub können wir als herausfinden ob andere Sterne von Kleinkörpern wie Asteroiden umgehen sind. Und die Asteroiden wiederum sagen uns, wo Planeten sein können! Die gravitative Störungen großer Planeten können die Asteroidenbahnen beeinflussen, so wie das ja auch bei uns im Sonnensystem der Fall ist. Und wenn wir in Staubringen Lücken finden, dann können die ebenfalls nicht von selbst entstehen. Auch da braucht es Planeten die diese Lücken quasi freiräumen.
Die Beobachtung des Staubs erlaubt es uns also zu identifizieren ob ein Stern von Planeten umkreist wird. Die erste Staubscheibe eines fremden Sterns konnte im Jahr 1984 fotografiert werden (ich habe hier ausführlich darüber berichtet). Der Stern hieß Beta Pictoris und tatsächlich hat man dort im Jahr 2008 einen Planeten entdeckt. Die Staubscheibe von Beta Pictoris ist sehr komplex und man findet dort jede Menge Hinweise auf Planeten. Ich habe 2006 selbst eine Facharbeit veröffentlicht und dort beschrieben dass man mindestens drei Planeten braucht um alle Eigenschaften der Staubscheibe zu erklären.
Staub ist also super! Und nun hat man auch bei Proxima Centauri Staub gefunden. Dem Stern der unserer Sonne am nächsten liegt und dem Stern bei dem im letzten Jahr ein Planet entdeckt worden ist. Guillem Anglada vom Instituto de Astrofísica de Andalucía in Granada und seine Kollegen haben nun ALMA, das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array in Chile benutzt um die Staubringe von Proxima Centauri zu identifizieren (“ALMA Discovery of Dust Belts Around Proxima Centauri”).
Zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte ein Ring aus Staub der den Stern in etwa der ein- bis vierfachen Distanz umgibt in der die Erde unsere Sonne umkreist. Das entspricht der 20 bis 80fachen Distanz die der Planet Proxima Centauri b von seinem Stern hat. Man kann diesen Staubring also ungefähr mit dem Kuipergürtel des Sonnensystems vergleichen. Und so wie es in unserem Kuipergürtel ziemlich kalt ist und die Asteroiden dort extreme Eiswelten sind, ist es auch im Asteroidengürtel von Proxima recht frisch: Die Infrarotstrahlung die von ALMA beobachtet wurde weist auf Temperaturen von -230 Grad Celsius hin.
Die Astronomen um Anglada haben aber auch noch Hinweise auf weitere Staub/Asteroidengürtel gefunden. Ein sehr ferner Gürtel könnte sich fast 600 mal weiter von Proxima entfernt befinden als der Planet. Wenn das stimmt, dann wäre das eine ziemlich extreme Umgebung; so weit vom roten Zwergstern Proxima entfernt sind die Temperaturen enorm gering und es wäre interessant zu sehen wie dort die Asteroiden aussehen und zusammengesetzt sind. Weiter innen dagegen könnte sich ein Gürtel aus wärmeren Staub befinden; ungefähr acht mal so weit entfernt wie der Planet vom Stern. Das wäre dann vielleicht die Proxima-Entsprechung von unserem Asteroidengürtel zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter.
All diese Staubringe um Proxima Centauri weisen darauf hin dass dort noch mehr Planeten zu finden sein müssen. Irgendwas muss diese Ringe in Form halten! Und tatsächlich gibt es noch eine dritte unbestätigte Beobachtung die recht vielversprechend klingt. Zwischen dem warmen Gürtel und dem nachgewiesenen Ring aus kalten Staub haben die Astronomen ein unbekannte Quelle an Infrarotstrahlung gefunden. Das kann natürlich “nur” eine Hintergrundgalaxie sein; so etwas kommt öfter mal vor. Und ist diesem Fall zwar unwahrscheinlich aber nicht so enorm unwahrscheinlich dass man es einfach ignorieren könnte. Klarheit werden nur weitere Beobachtungen bringen bei denen man dann nachsehen kann ob sich die unbekannte Quelle gemeinsam mit Proxima bewegt oder nicht. Aber wenn es sich nicht um ein extragalaktisches Objekt handelt sondern tatsächlich um eine Quelle innerhalb des Proxima-Systems: Dann könnte es vielleicht ein großer Planet sein der, so wie Saturn von großen Ringen umgeben ist! Oder es handelt sich um Staubwolken die von Asteroiden herrühren die sich in den Lagrangen-Punkten eines großen Planeten befinden; also von Trojaner-Asteroiden (die ich hier genauer erklärt habe).
So oder so: Der Staub im Proxima-System zeigt uns das dort noch jede Menge entdeckt werden kann. Unser sonnennächster Stern wird in Zukunft mit Sicherheit noch für die eine oder andere Überraschung gut sein. Also: Lernt den Staub zu schätzen – er ist großartig!
Kommentare (37)