In der letzten Folge haben wir bei einem Ausflug ins Genom die kurzen DNA-Abschnitte short tandem repeats (STR) kennengelernt und ich habe gezeigt, wie und warum man sie für die Erstellung eines DNA-Profils benutzen kann.
In dieser Folge erkläre ich, wie man bis zu 16 STR-Systeme gleichzeitig mittels Multiplex-PCR vervielfältigen kann und wie der Cocktail aus verschiedenen DNA-Schnipseln durch Kapillarelektrophorese sortiert wird. (Ich empfehle dringend, sich vorher ein wenig über die PCR zu erkundigen.)
STR sind also unsere Zielsequenzen: die Kombination der Genotypen seiner STR-Systeme ist für jeden Menschen einzigartig (Ausnahme: eineiige Zwillinge). Aber wie stellt man fest, welchen Genotyp, also welche Allelkombinationen ein Mensch für seine verschiedenen STR-Systeme aufweist?
Zunächst einmal müssen wir genug Kopien der STR-Bereiche haben, um überhaupt damit arbeiten zu können. Im Falle einer sehr geringen Spurenmenge, z.B. einigen wenigen Hautzellen, die ein Täter an einem Messergriff hinterlassen hat, reicht das vorhandene Material für eine direkte Untersuchung der STR nicht annähernd aus und außerdem stört dabei auch der ganze Rest des normalen zellulären Genoms, das wir gar nicht anschauen wollen (und dürfen – s. StPO §81).
Eine kleine Analogie: ein Jahrmarktkünstler hat den ganzen Brockhaus (Genom) auf ein Reiskorn (Spurenträger) geschrieben und gibt uns das Korn. Wir sind aber nur interessiert an den 16 Einträgen über die deutschen Bundesländer (16 STR-Systeme), die über den ganzen Brockhaus verteilt sind. Da wir nur das eine Korn haben und nur einen Versuch, nehmen wir eine ganz starke Lupe und Papier und Stift zur Hand, vergrößern die Abschnitte die uns interessieren und schreiben sie jeweils auf ein Blatt Papier (PCR). Mit den 16 abgeschriebenen Seiten, die sich so leicht handhaben, ablesen und vervielfältigen lassen, können wir nun problemlos weiterarbeiten.
Die Abbildung zeigt die Verteilung der 13 STR-Systeme der amerikanischen CODIS über die einzelenen Chromosomen: überall im Genom finden sich STR-Systeme.
Um mit möglichst wenig DNA zurecht zu kommen und so auch materialarme Spuren bearbeiten zu können, wurden für die gleichzeitige Anreicherung von derzeit bis zu 16 STR-Systemen „Multiplex(=mehrfach)-PCR”-Verfahren entwickelt, die eine parallele, also simultan im selben Reaktionsgefäß stattfindende Vervielfältigung von 16 STR-Systemen gestattet. Für die Vervielfältigung eines bestimmten Bereichs des Genoms werden immer je zwei Primer (s. PCR) benötigt, für eine 16er Multiplex-PCR bedarf es daher 32 Primer, die genau für diesen Zweck designt und aufeinander abgestimmt werden müssen.
Und es kommt noch dicker: bei 16 STR-Systemen, deren beide Allele (eins auf jedem Chromsom eines Paars) je einen von etlichen möglichen Werten aufweisen können, ist die Wahrscheinlichkeit, daß Allele von unterschiedlichen STR-Systemen gleich groß sind, sehr hoch. Zum Beispiel:
Die Abbildung zeigt zwei DNA-Stücke, das eine gehört zu STR1, das andere aber zu STR2, die die gleiche Anzahl von Basen besitzen (s. DNA) und deshalb nicht mehr nur an ihrer Länge unterscheidbar wären.
Um solche PCR-Produkte, die von verschiedenen STR-Systemen stammen und dennoch die gleiche Länge haben, auseinanderhalten zu können, werden sie mit einem Fluoreszenzfarbstoff (Fluorophor) markiert und zwar immer so, daß zwei gleich lange Fragmente einen (von bis zu fünf) unterschiedlich farbigen Fluorophor tragen. Das funktioniert, indem die Fluorophore direkt an die Primer gebunden werden, die im Verlaufe der PCR ja in das entstehende Produkt eingebaut werden, so daß jedes einzelne Amplifikat eine von fünf Farben trägt. Da man vorher weiß, welche Allelwerte in welchen STR-Systemen auftreten können, kombiniert man STR-Systeme und Farben so, daß ausgeschlossen ist, daß zwei gleich lange Fragmente verschiedener STR-Systeme auch dieselbe Farbe tragen. So könnte eine solche Zuordnung aussehen:
Am Ende einer Multiplex-PCR liegt also immer ein Gemisch vor, in dem jedem Allel aller darin vervielfältigten STR-Systeme einem DNA-Fragment mit einer einmaligen Kombination von Länge und Farbe entspricht. Die Abbildung zeigt ein Beispiel:
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