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Die relative Expression (RE) ist hier ein proportionales Maß für die Intaktheit der RNA. Die Abbildung zeigt, daß, bezogen auf Tag 0, für den die RE willkürlich gleich 1 gesetzt wurde, sich die beiden RNAs ganz anders verhalten. Während die RE der Beta-Aktin-mRNA stetig abnimmt (mit einem besonders starken Abfall am ersten Tag), bleibt die RE der 18S-rRNA, die allerdings auch den Abfall am ersten Tag zeigt, danach erst einmal relativ konstant und ändert sich nennenswert erst ab dem 60. Tag. Beide RNAs sind aber noch bis zum 90. Tag nachweisbar. Dieses unterschiedliche Verhalten, das ja die Grundlage für die Verwendung dieser beiden RNAs als biologische Timer bildet, rührt sehr wahrscheinlich daher, daß die rRNA im Strukturzusammenhang des Ribosoms eingebettet und daher der sich zersetzenden Zellumgebung nicht so stark ausgesetzt ist, wie die “freie” mRNA. Die Ribosomen zerlegt es erst nach einer deutlich längeren Zeit, wodurch die rRNA schließlich freigesetzt und dann den gleichen Zerfallsprozessen ausgeliefert wird.
Der bei beiden RNA-Arten beobachtete Abfall der RE nach dem ersten Tag (der bei allen 10 Spendern beobachtet wurde) erklärt sich wahrscheinlich durch erhöhte intrazelluläre Enzymaktivität, die abhängig von der natürlichen wässrigen Umgebung ist, die allen lebenden Zellen gemeinsam ist.
Ein weiteres Ergebnis dieser Untersuchung war, daß Geschlecht und Alter offenbar keinen Einfluss auf die RE haben.

Im folgenden wurde dann der Verlauf der RER über die Zeit dargestellt und es ergab sich folgendes Bild:

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Es zeigt sich, daß die RER über die Zeit kurvenförmig und halbwegs regelhaft verläuft, so daß, angesichts normalverteilter RER-Werte, die Formulierung einer Zuordnungsvorschrift plausibel erscheint. Die RER-Werte verhalten sich linear und reproduzierbar mit einer relativ starken Korrelation bis zu 45 bis maximal 60 Tage. Danach flacht die Kurve ab und ein Plateau-Effekt tritt auf. Die Konfidenz der Schätzwerte variiert also über die 90 Tage-Periode, aber Proben, die weniger als 30 tage gealtert waren, konnten recht gut in ein 10-15 Tage-Fenster eingeordnet werden.
Innerhalb der von den Autoren sehr genau erkannten und auch diskutierten Grenzen der Genauigkeit, die durch die geringe Probenzahl und diverse technische Varianzen gesteckt werden, kann also von der RER der Beta-Aktin-mRNA und der 18S-rRNA auf das Alter einer Haarprobe geschlossen werden:

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Die Abbildung zeigt die zeitweise Entwicklung der RER-Mittelwerte und den Verlauf eines extrapolierten Funktionsgraphen, der diesen Trend modelliert. Das folgende Polynom zweiter Ordnung ist dann die Formel, auf die sich die Ergebnisse der Studie verdichten lassen:

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Um das Alter (A) eines an einem Tatort sichergestellten Haares innerhalb einer bestimmten Ungenauigkeit zu ermitteln, muß man also nur noch die RER der beiden RNAs (beta-Aktin und 18S) im gefundenen Haar bestimmen, in die Formel einsetzen, und A ausrechnen.

Verbessern ließen sich solche Altersschätzungen, wenn nicht nur zwei, sondern mehrere und vielleicht noch bessere Marker für solche Zerfallsprozesse untersucht und die Messdaten dann geometrisch gemittelt würden.

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Literatur:

Hampson C, Louhelainen J, & McColl S (2011). An RNA expression method for aging forensic hair samples. Journal of forensic sciences, 56 (2), 359-65 PMID: 21281307

Anderson S, Howard B, Hobbs GR, Bishop CP. A method for determining the age of a bloodstain. Forensic Sci Int. 2005 Feb 10;148(1):37-45.

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Kommentare (2)

  1. #1 michael
    12/07/2011

    Na gut, die Haare wurde kontrolliert gealtert, aber was ist, wenn die Haare in einer feuchtwamen Wohnung oder im Wald gefunden werden. Kann man dann immer noch sinnvoll die Formel anwenden ?

  2. #2 Cornelius Courts
    14/07/2011

    @michael: “aber was ist, wenn die Haare in einer feuchtwamen Wohnung oder im Wald gefunden werden. Kann man dann immer noch sinnvoll die Formel anwenden ?”

    das kommt drauf an, in welchem Umfang die RER von den äußeren Umständen beeinflusst wird. Im vorliegenden Fall scheint es vor allem die Zeit zu sein, es kann aber durchaus sein, daß der RNA-Zerfall durch extreme Bedinungen beschleunigt wird.
    In Folgeexperimenten sollten daher genau solche Bedinungen und ihr Einfluss auf die RER getestet werden, z.B. besonders hohe/niedrige Luftfeuchtigkeit oder direkter Kontakt mit Regen o.ä.