Toxikologischer Befund
Untersucht wurden Blut, Urin, Gallenflüssigkeit und Magen- und Darminhalt. Keine bedeutsame Alkoholkonzentration wurde festgestellt. In Magen und Darm fanden sich Spuren des Insektenvernichtungsmittels Cypermethrin, das sich später auch als die Substanz in der Flasche mit zuvor unbekanntem Inhalt herausstellte. Die Analyse von Blut, Urin und Gallenflüssigkeit bliebt ergebnislos.
Die Reste in den roten Plastikflaschen wurden als Salzsäure bestätigt.

Die sechs kombinierten Tötungsmethoden waren also im Einzelnen

  • Schnitte an den Handgelenken
  • Schnitte am Hals
  • Einnahme von Salzsäure
  • Stiche zum Kopf mit einem Schraubenzieher
  • Einnahme von Insektenvernichtungsmittel
  • Unterkühlung

Todesursache
Die Zusammenfassung aller Befunde ergab, daß mehrere Stichwunden in den Kopf mit dadurch verursachter Hirnblutung und nachfolgender massiver Hirnschwellung und tonsillärer Herniation die Todesursache und -mechanismus waren.
Externer Blutverlust durch Schnitte an Handgelenken und Hals, sowie durch die Stichwunden zusammen mit Unterkühlung trugen zum Tod bei.
Die toxikologischen Befunde und die internen Verätzungen ohne Perforation belegten zwar die Einnahme von Salzsäure und Insektengift, schlossen aber den Tod durch Vergiftung / innere Verletzungen aus.

Tod durch CS ist selten und meistens kommen zwei oder höchstens drei Methoden zur Tötung zur Anwendung. In lediglich einem anderen Fall ist in der Literatur die Anwendung von fünf Methoden nacheinander beschrieben. Ob im vorliegenden Fall Unterkühlung tatsächlich als geplante Tötungsmethode eingesetzt wurde, läßt sich nicht eindeutig bestimmen, es ist allerdings aufgrund einiger Indiziden (offene Fahrertür, Motor ausgeschaltet, leichte Bekleidung, Körper 1,5 m vom Fahrzeug entfernt) wahrscheinlich.
Die Differenzierung zwischen suizidaler und möglicher Fremdbeibringung der tödlichen Kopfwunden wurde von den Rechtsmedizinern vorgenommen. Sie gelangten nach genauer Untersuchung der Wundkanäle, des Hirngewebes, der epiduralen Blutungen und der Hirnschwellung zu der Auffassung, daß alle Wunden auch hintereinander vom Verstorbenen sich selbst beigebracht worden sein konnten.

Tod durch komplexen Suizid wurde endgültig festgestellt.

Fälle wie dieser sind also sehr selten, dieser dürfte sogar der erste beschriebene mit sechs angewendeten Methoden sein. So ein Fall ist sicher auch von Interesse für die noch nicht so lange existierende, spezialisierte und transdisziplinäre Wissenschaft vom Suizid, der Suizidologie.

___________
Referenz:

[1] Petković, S., Maletin, M., & Đurendić-Brenesel, M. (2011). Complex Suicide: An Unusual Case with Six Methods Applied Journal of Forensic Sciences, 56 (5), 1368-1372 DOI: 10.1111/j.1556-4029.2011.01821.x

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Kommentare (18)

  1. #1 miesepeter3
    04/10/2011

    hat man feststellen können, dass der Typ im täglichen Leben gleichzeitig Hosenträger und Gürtel getragen hat?

  2. #2 KommentarAbo
    04/10/2011

  3. #3 WeiterGen
    04/10/2011

    Teil der Suizidologie ist auch sich damit auseinander zu setzen, welchen Effekt Medienberichte über Suizide auf die Suizidhäufigkeit haben. Das geht bis hin zur Formulierung klarer Richtlinien zur Berichterstattung.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Werther-Effekt
    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16913330

  4. #4 roel
    04/10/2011

    :ABO

  5. #5 maxfoxim
    04/10/2011

    wieso hat das Opfer es sich eigentlich so kompliziert und “schmerzhaft” gemacht? Wollte er leiden?

  6. #6 andreas
    04/10/2011

    @maxfoxim: Ich denke, er wollte absolut sichergehen, nicht doch noch gerettet werden zu können, ohne derart drastisch werden zu müssen, dass die Beerdigung bei geschlossenem Sarg durchgeführt werden muss.

  7. #7 Cornelius Courts
    04/10/2011

    @maxfoxim: ja, andreas hat vermutlich recht: in den meisten CS-Fällen will der Suizident absolut sicher sein, daß “es” klappt. Vielleicht hat er/sie schon von Fällen gehört, wo es schiefgegangen ist bzw. die Person noch gerettet werden konnte etc.
    Dennoch dürfte es sich bei der oben beschriebenen Prozedur um eine sehr schmerzhafte gehandelt haben

  8. #8 Andrea N.D.
    04/10/2011

    Mir wird schlecht …

  9. #9 rolak
    04/10/2011

    Zum wiederholten Male bestätigt: Die Realität ist reichhaltiger als die wildeste Phantasie¹.

    Und nein, ich möchte mir wirklich nicht vorstellen, wie er es schaffte, sich den Schraubendreher quer durch den Schädel zu rammen…

    ¹ Warnung: Dieses Bild kann Gefühlsverletzungen aller Art verursachen!
    (frei nach dem Schuber-Aufkleber der Quelle)

  10. #10 MisterX
    05/10/2011

    Der Typ hat sich also selbst einen Schraubenziehen in den Kopf gebohrt ? aha^^ Klingt nach Mord, der einen Suizid vortäuschen soll…..

  11. #11 MisterX
    05/10/2011

    Üprigens gibt es nicht nur “complex suicide” sondern auch “complicated suicide”: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19111411 Gruß

  12. #12 noch'n Flo
    05/10/2011

    Das erinnert mich an einen Fall, der bei uns an der Uni erzählt wurde:

    Ein Suizidant ging auf eine hohe Brücke, kletterte über das Geländer, band ein Seil ans Brückengeländer und legte sich das andere Seilende als Schlinge um den Hals. Er nahm eine mitgebrachte Kapsel Kaliumcyanid und legte sie auf seine Zunge. Dann nahm er eine mitgebrachte Pistole, legte sie sich an die Schläfe und sprang.
    Das Seil riss, dabei verriss er die Pistole und schoss daneben, infolgedessen spuckte er die Kapsel aus und fiel schliesslich unten in einen Bach. Er überlebte mit einer Unterschenkelfraktur und ein paar Prellungen.

    Keine Ahnung, ob an dieser Geschichte etwas dran ist, oder sie sich doch nur als urbaner Mythos entpuppt. Aber cool ist sie schon…

  13. #13 LL
    06/10/2011

    Mir scheint ganz ungleublich, dass man sich um so eine Weise umbringen kann.
    Fuer mich sieht der Fall ganz nach Mord.

  14. #14 Alexa Marie
    06/10/2011

    @noch´n Flo: Ich bin mir ziemlich sicher, dass das ne Moderne Sage ist, die auch in einem der Bücher von Rolf Wilhelm Brednich (“Spinne in der Yucca-Palme und Konsorten”) aufgeführt ist. Ich guck noch mal nach, in welchem. Ist trotzdem cool. 🙂

  15. #15 BreitSide
    06/10/2011

    “in der Tat bat der Verstorbene seine Frau sogar, den Suizid zu verschweigen und stattdessen einen Autounfall als Todesursache anzugeben.”

    Aus Gründen der Pietät gegenüber den anderen Verwandten?
    Um ihr nicht noch mehr Leid zuzufügen (Gerede der Nachbarn)?
    Um die Versicherung zu betrügen?

    Und wem gegenüber angeben? Die Polizei wäre bei einem tödlichen Autounfall sowieso ganz tief mit drin verwickelt gewesen.

    Solche Berichte verfehlen doch nie die Wirkung des wohligen Schauers, der einen durchläuft, weil man es ja eigentlich auch könnte (wer ist schon wirklich gefeit vor solchen Anwandlungen), aber den Dämon (noch) unter dem Deckel halten kann.

  16. #16 Gastredner
    07/10/2011

    Wieso sind Obduktionsbilder offenbar immer in Schwarz-Weiß gehalten? Farbaufnahmen wären für das (Wieder-)Erkennen von Strukturen doch wohl geeigneter. Oder ist das nur eine Art “Schutzmaßnahme” für das gemeine Volk bzw. dem Jugendschutz geschuldet?
    Besonders das zweite Bild finde ich faszinierend – es sieht für mich irgendwie nach einem geöffneten Schädel aus, in den sich Plastikplane und Draht (an der “Plastikplane” mittig am unteren Rand des Bildes) verirrt haben. Oo

  17. #17 rolak
    07/10/2011

    Wenn ich raten darf, Gastredner: In S/W wirken die Bilder nicht so drastisch und erhöhen somit nicht schon alleine durch die Veröffentlichung den Kundenandrang in der Pathologie 😉

  18. #18 PETER
    06/11/2011

    Wie kann man sich nur einen Schraubenzieher in den Kopf rammen? Warum so unötig leiden?