Anmerkung: das Blut in allen Modellen stammte von verschiedenen freiwilligen Probanden, deren DNA-Profil wir zusätzlich zuvor aus einer sauberen Speichelprobe erstellt hatten, damit wir es mit dem Profil aus den Blutproben vergleichen und Kontaminationen (mit z.B. unserer eigenen DNA) ausschließen konnten
Die Ergebnisse haben uns geflasht, denn es gelang fast immer und bei allen Modellen, ein vollständiges oder zumindest zur eindeutigen Identifikation einer Person ausreichendes DNA-Profil aus Proben der Art A zu gewinnen, in nicht wenigen Fällen auch bei Proben der Art B. Völlig neu und überraschend aber war, daß wir auch einige positive Ergebnisse für Proben der Art C und sogar D erhielten, was bedeutet, daß selbst durch einen Nachschuß, bei dem die DNA im Lauf für extrem kurze Zeit extrem hoher Temperatur und Druck ausgesetzt ist, eine Spur nicht notwendigerweise zerstört wird und daß biologische Spuren offenbar über die gesamte Länge des Laufes verteilt sein können.
Man muß dabei noch bedenken, daß die Bedingungen bei unseren Modellversuchen deutlich schlechter waren, als man sie in der Realität anträfe, da wir ja jeweils nur den halben Lauf auswischten und die Proben vom Vorder- und Hinterende getrennt bearbeiteten. In einem echten Fall würde man nur eine Probe vom gesamten Lauf nehmen und, jetzt, da wir gezeigt haben, daß ggf. auch am Hinterende eines Waffenlaufs noch Spuren gefunden werden können, dort genommene Proben mit denen vom Vorderende vereinen, so daß für ein STR-Profil viel mehr Spurenmaterial zur Verfügung stünde. Hinzukommt, daß alle unsere Modelle anscheinend das reale Ausmaß des Spurenaufkommens in echten Fällen von aufgesetzten Schüssen sogar unterrepräsentieren, wie wir aus direkten Vergleichen mit solchen Fällen, die wir im Anschluss noch anstellten, ersehen konnten. Insgesamt bedeutet das, daß bei Anwendung unserer Technik in realen Fällen die Erfolgswahrscheinlichkeit für die Erzeugung eines ausreichendes STR-Profils noch deutlich höher läge.
Diese Ergebnisse belegen mithin erstmalig, daß auch das Innere von Schußwaffenläufen eine ergiebige Quelle wichtiger forensischer Evidenz sein kann und legen nahe, solche Untersuchungen in die Routinen der Spurensicherung mit aufzunehmen.
(Übrigens: Unsere Erkenntnisse haben wir im Herbst auf der 90. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin vorgestellt und die erste Publikation ist auch schon erschienen.)
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Referenz:
Courts C, Madea B, & Schyma C (2011). Persistence of biological traces in gun barrels-an approach to an experimental model. International journal of legal medicine PMID: 22160245
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