Wenn aber DNA, wie es bei den Fälschungsmethoden der Fall ist, in einer künstlichen Umgebung mit speziellen Enzymen vervielfältigt wird, dann funktioniert die Kopie des Methylierungsmusters nicht mehr und das Muster geht verloren. Die neue DNA ist dann in ihrer Nukleotidabfolge, also ihrer „Sequenz”, zwar identisch mit und nicht unterscheidbar von der ursprünglichen DNA und erzeugt daher auch ein identisches STR-Profil. Sie trägt jedoch nicht mehr das originale Methylierungsmuster und genau daran kann man gefälschte DNA erkennen. Frumkin führt dann auch im Artikel vor, wie sich eine Standardmethode zur Analyse epigenetischer Modifikationen, die Bi-Sulfit-Sequenzierung (hier ein schönes Video dazu ) in den forensischen Arbeitsfluss integrieren lässt, um am Ende durch Vergleich mit den Methylierungsmustern in natürlicher DNA Fälschungen erkennen zu können. Diese Methode zur Erkennung von Fake-DNA funktionierte bei Frumkin recht gut und ließ sich sogar bei Mischungen von echter und gefälschter DNA noch anwenden.
Leider ist die Bi-Sulfit-Sequenzierung aber eine ziemlich aufwendige und komplexe Methode, die forensisch nicht validiert ist und sich keinesfalls „mal eben” in die Routine der meisten forensischen DNA-Labore einbauen lässt. Das weiß Frumkin, der bei der israelischen Biotech-Firma Nucleix Ltd. arbeitet, natürlich und schlägt nonchalant vor, daß Proben zur Authentifizierung doch am besten als „Service” von dafür qualifizierten Labors untersucht werden sollten. Ein Schelm… etc.
Mit seiner Arbeit hat Frumkin eine ziemliche Lawine losgetreten und es gab diverse Reaktionen und Kommentare, die in dem Journal (Forensic Science International: Genetics), in dem auch der Artikel erschienen war, veröffentlicht wurden: einige namhafte DNA-Forensiker waren recht verärgert über Frumkins Artikel. Sie hätten sich einen sensibleren Umgang mit dem Thema gewünscht und warfen ihm vor, einerseits entsprechend geneigten und interessierten Verbrechern ein Rezept zum DNA-Fälschen an die Hand gegeben und andererseits unnötige Bedenken und Unsicherheit ob der Sicherheit und Verlässlichkeit von DNA-Profiling geschürt zu haben.
Aber die von Frumkin erzeugten Wellen schwappten über die Fachjournale hinaus auch in die Mainstream-Presse wie z.B. die große New York Times oder hierzulande die Süddeutsche Zeitung. In der NYT wurden dann auch sogleich Horrorszenarien von „genetischen Paparazzi” entworfen, die von Prominenten weggeworfene Becher oder Zigarettenkippen aufsammeln könnten, um so an deren DNA und damit darin verborgene Informationen zu gelangen. Frau Simoncelli, wissenschaftliche Beraterin der “American Civil Liberties Union” war durch die Ergebnissen sehr besorgt und befand, daß gefälschte DNA viel leichter an Tatorten zu platzieren sei, als Fingerabdrücke und dennoch das Justizsystem sich zunehmend auf DNA-basierte Technologien verlasse.
Meine aktuelle Einschätzung: Panik ist unangebracht. Frumkins Artikel ist 2010 erschienen und hat natürlich nicht zu einer plötzlichen massiven Häufung gefälschter DNA-Profile geführt. Paparazzi benutzen immer noch hauptsächlich Kameras statt Thermocycler und auch vor Gericht werden nun nicht dauernd belastende DNA-Profile mit Verweis auf eine mögliche Fälschung angezweifelt. Erstens ist die Fälschung von DNA-Profilen keineswegs soooo einfach, wie von Frumkin behauptet. Ich z.B. hätte das als einfacher Biostudent damals sicher nicht mal eben hingekriegt, von der dafür nötigen Ausrüstung und den eingsetzten Kits, die ziemlich teuer sind, ganz zu schweigen.
Zweitens: angenommen, ein Verbrecher wäre tatsächlich bereit und in der Lage (was einen Großteil von Straftaten, nämlich die im Affekt begangenen schon ‘mal ausschließt), großen Aufwand für die Vorbereitung seiner Tat zu betreiben: wenn es ihm nur darum ginge, nicht geschnappt zu werden, erscheint es doch plausibler, daß er sein Hauptaugenmerk darauf richtet, überhaupt keine statt falsche DNA-Spuren zu hinterlassen, oder? Und wenn es, schließlich, wirklich darum ginge, eine echte, lebende Person fälschlich zu belasten, müßte man erst einmal ihr echtes DNA-Profil kennen, um es fälschen zu können und von den meisten Menschen existiert so etwas überhaupt nicht.
Kleiner Nachtrag am Rande: gerade sehe ich, daß sich auf dem Online-Auftritt der Zeitschrift „Biotechniques” jemand danach erkundigt, wie man das Methylierungsmuster in natürlicher DNA kopieren kann…. was sie wohl im Schilde führt? 😉
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