Ein weiterer guter Konferenztag mit (für mich) zwei interessanten und aufschlussreichen Vorträgen. Enttäuschend und ärgerlich war hingegen, das muß hier auch erwähnt werden, das gemeinsame Abendessen in einem Kölner Brauhaus in Form eines Buffets, für das zusätzlich zur Kongressgebühr 30 ,- € berappt werden mußten. Wie sich herausstellte, waren in diesem Betrag jedoch nicht einmal Getränke inbegriffen, wodurch der Preis nur noch als krasser Nepp zu bezeichnen ist, da man dafür in dem Brauhaus ca. zweieinhalb Hauptgerichte bekommen könnte. Stattdessen gab es ein winziges, mediokres gutbürgerliches Buffet, um das sich auf viel zu engem Raum knapp hundert Gäste drängen mußten. Wir waren zum Glück recht früh am Buffet und konnten daher nach eiligem Verzehr unserer völlig überteuerten Mahlzeit die ungastliche Stätte rasch verlassen und so noch rechtzeitig zu einem Treffen der Hörer diverser Podcasts in einem anderen Kölner Restaurant kommen, wo wir die Hoaxillas und andere vom Vorabend wiedertrafen. Dort gelang es mir auch, mir einen Aluhut zu basteln, um mich gegen mögliche Versuche zur Gedankenkontrolle zu schützen.
Samstag 11.05.:
Samstag früh um 9.15 Ihr begann Claudia Graneis den Kongresstag. Zur Bekämpfung ihrer Nervosität nahm sie ersteinmal eine halbe Flasche Licht-Globuli auf ex ein und starete dann mit ihrem ausgezeichneten Vortrag “Globuli und Pharmazie – eine Liebesgeschichte” über das Ein- und Vordrängen der Homöopathielobby in die Pharmazie, sowohl über die universitäre Lehre, als auch über Arzneimittelpolitik und Beeinflussung von Apothekern, Hebammen und Ärzten. Wem das bekannt vorkommt, der/die liegt richtig, da Claudia Graneis die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Vortrag bereits hier im Blog und in einem Artikel im Skeptiker publiziert hat.
- Gastbeitrag: Homöopathie in der Pharmazie – eine Bestandsaufnahme; Teil 1
- Gastbeitrag: Homöopathie in der Pharmazie – eine Bestandsaufnahme; Teil 2
- Gastbeitrag: Heiße Luft für Hebammen – Das Training im esoterischen Denken beginnt schon vor der Geburt
Statt hier eine Zusammenfassung zu geben, empfehle ich daher einfach die Lektüre der Originalbeiträge. Teile des Vortrags werden übrigens auch im nächsten Skeptiker publizier werden.
Anschließend sprach der Anästhesist und Schmerztherapeut Benedikt Matenaer über die “bestechende Heilweise Akupunktur” und teilte deren Anwendungsweisen in the good,
the bad and the ugly ein. Als “good” geht bei ihm die zum Teil unstrittig bei Patienten beobachtbare Schmerzlinderung durch, die sich als zwar unspezifische, also nichts mit geheimnisvollen Chi-Meridianen zu tun habende, aber doch direkte Folge der Behandlung einstellen könne. “Bad und ugly” sind die esoterischen Verunerinigungen und Überhöhungen, die bis zu, so Matenaer, “ekelhaften” Auswüchsen, wie Heilungsversprechen bei Krebs oder anderen schwersten Erkrankungen reichten.
Jenes sollte aber nicht das einzige Filmzitat in seinem Vortrag bleiben, denn Matenaer verglich die Binnenkomplexität der Akupunkturszene mit derjenigen des Star Trek Universums, die beide so reichhaltig und mit inneren Widersprüchen ausgestattet seien, daß die Anhängerschaft sich untereinander trefflich über bestimmte Interna streiten könne.
Matenaer war früher selbst einmal empfänglich für esoterische Praktiken und gewann so einen Einblick in die “Szene”.
Er zeigte uns sogar seinen “Reiki-Führerschein” (oder wie das heißt), den er vor ca. 20 Jahren gemacht hatte, nachdem er von einer Kollegin bequatscht worden war. Später machte Matenaer auch eine Zusatzausbildung zum Akupunkteur und übte das Verfahren lange Zeit aus. Inzwischen sei er jedoch gründlich kuriert und abestoßen von Unwissenschaftlichkeit und den Auswüchsen, die der regelrechte Akupunktur-Kult getrieben habe und dessen intellektuelle Grundlagen er als “erbärmlich doof” bezeichnete. Er hat sogar seine Lizenz zum Nadeln wieder abgegeben, praktiziert keine Akupunktur mehr und empfiehlt auch niemandem, sich damit behandeln zu lassen. Allerdings rät er auch nicht davon ab, wenn man z.B. von sich wisse, daß man ggf. empfänglich für den durch das gewaltige Brimborium bei der Akupunktur (Rituahaftigkeit, Nadeln, Gerüche, Musik, intensive Zuwendung etc.) generierten Placeboeffekt sei, der zu den unspezifischen Effekten (s.o.) ja noch dazukomme. Zum Schluß gab er uns noch 5 Tips, wie so ziemlich jeder eine erfolgreiche Akupunktur durchführen könne:
- Man suche sich eine ideale Patientin (weiblich, nicht alleinstehend, gute Vorerfahrungen mit Alternativmedizin) und führe eine mind. 30 minütige Vorbesprechung durch
- Die Vorbesprechung solle man nutzen, um nach ungewöhnlichen Details ihrer Beschwerden zu fragen, für die sich zuvor noch kein Arzt interessiert hat.
- Für die Akupunktur keine unattraktiven Punkte (so wie Zahnfleisch, Damm, Zunge etc.) auswählen und nicht mehr als 10-15 Nadeln in ungefähr gleichviele Nah- und Fernpunkte stechen
- Das ganze in einem schönen, angenehm warmen Raum (mit Duftkerzen) durchführen und sich viel Zeit für die Lokalisation der Punkte lassen
- Nach 20 min. die Nadeln wieder abziehen und der Patientin eine Mobilnummer geben, wo sie sich melden könne, falls Beschwerden aufträten.
Mit diesen Tricks ist ziemlich wahrscheinlich nicht nur das Chi sondern auch ein massiver Placebo-Effekt mit einem.
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