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Wir haben also zunächst eine Pilotstudie vorgelegt, die 1. aufzeigt, daß Backspatter in Schußwaffen nicht nur DNA sondern auch analysierbare RNA enthalten kann, 2. die grundsätzliche Möglichkeit einer parallelen und integrativen Analyse von DNA und RNA aus Backspatter demonstriert und 3. als Anwendungsbeispiel die Differenzierung zwischen Kopfschuß und Nichtkopfschuß anhand des Nachweises hirnspezifisch exprimierter RNA bei gleichzeitiger Erzeugung zur Identifizieurng tauglicher DNA-Profile vorstellt.
Aber wie das in der Wissenschaft häufig der Fall ist, wirft jedes Ergebnis gleich mehrere neue Fragen auf. Das ist hier nicht anders und wir werden im Rahmen unseres in hohem Maße transdisziplinären Projekts, „Vom Schuß zur Spur“, welches rechtsmedizinische, wundballistische, klassisch ballistische, physikalische, genetische und molekularbiologischer Expertise erfordert, u.v.a. folgende Probleme untersuchen: Wundballistik des Kopfschusses [2] – wir wollen besser verstehen, welche physikalischen Wechselwirkungen zwischen Projektilen verschiedener Art und Geschwindigkeit und biologischem Gewebe, speziell der komplexen Struktur eines Kopfes, auftreten und wie diese Wechselwirkungen das durch einen Schuß entstehende Spurenmuster beeinflussen; Wundballistik des Gasdrucks [3] – wir wollen untersuchen, welchen Einfluss der bei einem Schuß aus einer Waffe freigesetzte Gasdruck auf Entstehung und Muster von Schußverletzungen hat; molekulare Ballistik – wir werden verschiedene molekularbiologische Eigenschaften biologischer Spuren, die durch Schüsse auf lebende Ziele entstehen, analysieren [4, 5]…
Für jetzt und heute wünschen wir uns aber erst einmal, daß es (uns) gelingt, unsere Methode soweit zu verbessern, daß sie validiert und praxistauglich gemacht werden kann. Und wenn man dann in Zukunft RNA- und DNA-basierte Analysen bei der Untersuchung von Schußwaffendelikten kombiniert, dann kann man eine am Tatort (oder anderswo) gefundene Schußwaffe zum Sprechen bringen und wenn man Glück hat, “erzählt” sie einem dann, wer mit ihr aus welcher Entfernung auf wen geschossen hat und wohin der Schuß getroffen hat.
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Referenzen
[1] C. Lux, C. Schyma, B. Madea, & C. Courts (2014). Identification of gunshots to the head by detection of RNA in backspatter primarily expressed in brain tissue Forensic Science International DOI: 10.1016/j.forsciint.2014.01.016
[2] C. Schyma, S. Greschus, H. Urbach, B. Madea, Combined radio-colour contrast in the examination of ballistic head models, Int. J Legal Med 126 (2012) 607-13.
[3] C. Schyma, Wounding capacity of muzzle-gas pressure, Int. J. Legal Med. 126 (2012) 371-6
[4] C. Courts, B. Madea, C. Schyma, Persistence of biological traces in gun barrels–an approach to an experimental model, Int. J Legal Med 126 (2012) 391-7.
[5] C. Schyma, B. Madea, C. Courts, Persistence of biological traces in gun barrels after fatal contact shots, Forensic Sci Int. Genet. 7 (2013) 22-7.
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