Forscher verglichen resistente mit nicht gegen den Pilz resistenten Ameisen und fanden heraus, daß 70% der Pilzproteine und andere Stoffwechselprodukte nur in den nicht-resistenten Tieren gebildet werden und diese sind es wohl, die die Ameisen zu Zombies machen. Eines davon, Sphingosin, ist z.B. Teil eines neuronalen Signalwegs. Mit Hilfe dieser Substanz zerstört der Parasit ganz langsam und allmählich das Gehirn der Ameise und übernimmt die Kontrolle.
Auch Wurmparasiten gehen nicht eben zimperlich mit ihren Wirten um. Der Saitenwurm zum Beispiel lebt in Insekten und zwingt am Ende seines Jugendstadiums durch komplizierte biochemische Mechanismen, die auch die gezielte Auslösung von Apoptose in Nervenzellen des Wirtstieres umfassen, sein Opfer dazu, ins Wasser zu springen, da dies für die weitere Entwicklung des Wurmes notwendig ist, was aber den Tod für den Wirt bedeuten kann.
Ein anderer Wurmparasit ist noch erstaunlicher. Wie der kleine Leberegel (s.o.) benötigt auch Schistocephalus solidus [4] zwei Zwischenwirte. Zunächst muß seine im Wasser schwimmende Larve von einem Ruderfußkrebs gefressen werden, in dem sie dann einige Wochen lang heranwächst. In dieser Zeit darf der Krebs selbst nicht zur Beute eines anderen Tiers werden. Das erreicht der Parasit, indem er für ein Zeitfenster von genau 12 Tagen den Krebs so manipuliert, daß er auf eine Weise auf Reize reagiert, die ihn unauffälliger für seine Fressfeinde machen. Nach den 12 Tagen aber ist es notwendig, daß der Krebs von einer ganz bestimmten Sorte Stichling (dreistachelig) gefressen wird, so daß der Parasit einen „chemischen Schalter“ im Wirt umlegt und sich dessen Verhalten ändert, er auffälliger und somit leichte Beute für den Fisch wird. Im Stichling angekommen, wächst er dort bis zu mehrere Monate heran, wobei er seine Größe mehr als vertausendfacht.
Dann manipuliert der Wurm auch diesen Zwischenwirt und zwingt ihn zu höchst riskantem Schimmverhalten an der Oberfläche von Gewässern und blockiert seinen Fluchtinstinkt, wodurch er leichte Beute von Vögeln wird, die den Endwirt des Parasiten darstellen, da er sich in deren Darm paaren und Eier ablegen kann, die dann mit dem Kot ins Wasser ausgeschieden werden, wo der Zyklus erneut beginnt. Wie genau der Wurm seine Wirte manipuliert ist derzeit Gegenstand intensiver Forschung und es ist absolut erstaunlich, wie der Wurm mit den direkt aufeinanderfolgenden extremen Lebensräumen Fischdarm (ca. 10 – 15 °C) und Vogeldarm (ca. 41 °C und damit knapp an der Grenze zur Eiweißdenaturierung) klar kommt.
Die effizientesten, ja die ultimativen Parasiten kommen jedoch ohne solche komplizierten und riskanten Wirtswechsel aus. Sie sind von der Evolution bis zur parasitischen Perfektion reduziert und „glattpoliert“ worden: die Viren. Ein Virus, das die meisten Biologen nicht einmal als Lebewesen ansehen, besteht nur noch aus proteinumhülltem Erbgut, manchmal mit noch ein paar „Werkzeugen“ (Proteinen) in der Hülle. Es hat keinen eigenen Stoffwechsel, kann sich nicht selbstständig bewegen oder fortpflanzen, es „versklavt“ für diese Zwecke die Zellen eines Wirtsorganismus und benutzt deren Infrastruktur, um sein Erbgut zu vervielfältigen, neue Virushüllen herzustellen, daraus fertige, infektiöse Viren zusammenzusetzen und um letztlich als Ausgangspunkt für einen neue Infektionswelle zu dienen. Einige Viren können sogar das Verhalten eines Wirtstieres manipulieren, so daß die Wahrscheinlichkeit und die Reichweite seiner Verbreitung auf neue Wirte erhöht wird. Ein Beispiel dafür ist das Baculovirus, das Raupen befällt. Das Virus produziert ein Enzym, welches in den hormonellen Signalweg eingreift, der der Raupe normalerweise anzeigt, daß sie ausreichend gefressen hat, so daß sie immer weiter frisst. Zusätzlich manipuliert das Virus das Verhalten der Raupe und läßt sie auf ihrem Baum so hoch wie möglich klettern und sich schließlich an ein Blatt klammern. Dort angekommen tötet das Virus seinen Wirt und verwandelt ihn in buchstäblich zu Brei: die Raupe löst sich auf, tropft vom Blatt herab und in jedem dieser Tropfen befinden sich Millionen infektiöser neuer Viren, die sich nun weiterverbreiten können.
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