Es ist sogar möglich, ich erwähnte das bereits in der Einleitung zu unserer Serie, daß Zellen aus einer Metastase wiederum zu reisen beginnen, zum Gewebe ihres Primärtumors zurückkehren (reverse Migration) und dort die “fern der Heimat” erlernten Programme zur Kolonisierung anwenden [7]. Solcherlei ist beispielsweise mit den Befunden zu Metastasen aus Bauchspeicheldrüsentumoren vereinbar [8,9]. Die Erscheinungsformen und die diese bedingenden Genexpressionsprogramme in den Zellen von Tumorzellpopulationen können also entscheidend (mit)geprägt sein durch die reverse Migration ihrer entfernten metastatischen Abkömmlinge. Daraus folgt auch, daß das den Tumor umgebende Gewebe, welches die Tumorentwicklung fördert und zur Entstehung neuer bösartiger Merkmale beiträgt (s.o.), selbst wiederum eine gastliche Umgebung für dort ankommende zirkulierende Krebszellen sein kann.

Um die Bildung und das Auswachsen von Metastasen zu verstehen und irgendwann gezielt bekämpfen zu können, bedarf es nach wie vor einer intensiven Forschungsanstrengung. Die Funktionsweise der großen Anzahl verschiedener regulatorischer Programme, die Tumorzellen die metastatische Kolonisierung ermöglichen, müssen aufgeklärt werden. Diese Aufgabe wird noch dadurch verkompliziert, daß die Wechselwirkungen der Micrometastasen mit ihrer neuen Umgebung mit einbezogen werden müssen, was den gesamten Prozess noch viel komplexer und schwerer zu durchschauen macht, als die eigentliche Streuung der Krebszellen aus ihren Primärtumoren.

Kürzlich erschien übrigens eine Arbeit von Ell et al., die in einem Mausmodell zeigte, daß man durch die Gabe bestimmter micro-RNAs die Entstehung von Knochenmetastasen aus einem Primärtumor der Brust unterdrücken kann und daß andere micro-RNAs im Blut frühzeitig die Erkennung von Knochenmetastasen ermöglichen kann [10]. Eine andere Möglichkeit, die Entstehung von Metastasen zu verhindern, wäre, reisende Tumorzellen direkt im Blut zu vernichten, bevor sie sich irgendwo niederlassen können. Die Gruppe um King et al. hat kürzlich ein Verfahren vorgestellt, bestimmte Leukozyten so anzupassen, daß sie Zellen aus Prostata- und Darmtumoren erkennen und zerstören können, noch während diese in den Blutgefäßen unterwegs sind [11]. Sollte dieses Verfahren zur Ausreifung gelangen und sich als sicher und effektiv erweisen, könnte es eine echte Hoffnung für die Krebstherapie werden.

Diese Folge war die vorletzte in der blooD’N’Acid-Krebsserie und hat das letzte der sechs Kennzeichen von Krebs, die Bildung von Metastasen, vorgestellt. In der nächsten und abschließenden Folge werde ich noch einige offene Enden einflechten, ein wenig zusammenfassen, neue und alte Probleme ansprechen und einen Ausblick auf die Zukunft der Krebsforschung und -therapie wagen.

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Referenzen

  • [1] Valastyan, Scott, and Robert A. Weinberg. “Tumor metastasis: molecular insights and evolving paradigms.” Cell 147.2 (2011): 275-292.
  • [2] Folkman, Judah, and Raghu Kalluri. “Cancer without disease.” Nature 427.6977 (2004): 787-787.
  • [3] Demicheli, R., et al. “The effects of surgery on tumor growth: a century of investigations.” Annals of Oncology (2008): mdn386.
  • [4] Barkan, Dalit, Jeffrey E. Green, and Ann F. Chambers. “Extracellular matrix: a gatekeeper in the transition from dormancy to metastatic growth.” European Journal of Cancer 46.7 (2010): 1181-1188.
  • [5] Aguirre-Ghiso, Julio A. “Models, mechanisms and clinical evidence for cancer dormancy.” Nature Reviews Cancer 7.11 (2007): 834-846.
  • [6] Townson, Jason L., and Ann F. Chambers. “Dormancy of solitary metastatic cells.” Cell cycle 5.16 (2006): 1744-1750.
  • [7] Kim, Mi-Young, et al. “Tumor self-seeding by circulating cancer cells.” Cell 139.7 (2009): 1315-1326.
  • [8] Yachida, Shinichi, et al. “Distant metastasis occurs late during the genetic evolution of pancreatic cancer.” Nature 467.7319 (2010): 1114-1117.
  • [9] Luebeck, E. Georg. “Cancer: Genomic evolution of metastasis.” Nature 467.7319 (2010): 1053-1055.
  • [10] Ell, Brian, et al. “Tumor-induced osteoclast miRNA changes as regulators and biomarkers of osteolytic bone metastasis.” Cancer cell 24.4 (2013): 542-556.
  • [11] Mitchell, Michael J., et al. “TRAIL-coated leukocytes that kill cancer cells in the circulation.” Proceedings of the National Academy of Sciences 111.3 (2014): 930-935.

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Übersicht Krebs-Serie:

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Kommentare (19)

  1. #1 Porzellan
    26/08/2014

    https://www.youtube.com/watch?v=B4GUkzTnFG0

    https://www.youtube.com/watch?v=SASVxLmCjx8

    https://www.youtube.com/watch?v=XfO_MpDm5kc

    auffipasst, es gibt hier einen blinden Fleck in der medizinischen Forschung. ANGEBLICH heilt das Teufelszeug Cannabis Krebs, die entarteten Zellen tun wieder das, was sie tun sollen, sie begehen Selbstmord.

  2. #2 noch'n Flo
    Schoggiland
    26/08/2014

    auffipasst, es gibt hier einen realitätsblinden Kiffer im Kommentarteil. ANGEBLICH hat er etwas tolles über Krebs und Cannabis zu erzählen, tut am Ende aber wieder nur das, was alle Trolle gerne tun, er verlinkt Videos von der YouTube-University.

  3. #3 Ursula
    26/08/2014

    @ noch’n Flo
    Für das Betrachten von solchen YouTube Filmchen brauchst nicht viel an eigenständiger Denkleistung.
    Eine Frage an dich als Arzt, ist was dran, dass Cannabis sinnvoll, ergänzend zu Krebstherapien eingesetzt werden kann?

  4. #4 Ursula
    26/08/2014

    @ Cornelius
    Wieder super geschriebener Artikel! Danke dafür. Ich als leider naturwissenschaftliche sehr schlecht gebildetes Schaf, brauch immer sehr lange für die meisten deiner Artikel, macht aber nichts, ich betrachte es als persönliche Herausforderung,-)

  5. #5 rolak
    26/08/2014

    Lungenkrebs .. sehr spät .. im Hirn

    Kann ich anekdotisch bestätigen – leider ist mir aktuell solch ein Fall bekannt.

    einen blinden Fleck in der medizinischen Forschung

    Nee, Porzellan, der blinde Fleck liegt eher bei Dir, guckst Du (der link geht zum zweiten Artikel der Kleinserie, weil der einen Verweis zum ersten hat, was andersherum leider nicht der Fall ist).

    realitätsblinden Kiffer

    Wer dergleichen unmotiviert postuliert, darf sich nicht wundern, wenn er demnächst beim Reden über Alkoholisches als ‘realitätsblinder Säufer’ tituliert wird.

  6. #6 inge schuster
    Wien
    26/08/2014

    @CC

    Gratulation zu der sehr schön aufgebauten Serie!

    Vielleicht wäre in der letzten Folge eine Diskussion der CSC (cancer stem cells) angebracht, mit all den daraus resultierenden (Möglichkeiten und) Problemen therapeutischer Strategien.

  7. #7 Cornelius Courts
    26/08/2014

    @Ursula: ” brauch immer sehr lange für die meisten deiner Artikel, macht aber nichts, ich betrachte es als persönliche Herausforderung,-)”

    dann vielen Dank, daß Du Dich dennoch durchwühlst. Das sehe ich als Kompliment 🙂

  8. #8 Cornelius Courts
    26/08/2014

    @inge schuster: “Gratulation zu der sehr schön aufgebauten Serie!” Dankeschön 🙂

    “Vielleicht wäre in der letzten Folge eine Diskussion der CSC (cancer stem cells) angebracht”

    ja genau, die Stammzellen werde ich natürlich ansprechen.

  9. #9 IO
    14/01/2015

    Als betroffen würde ich gerne wissen, ob Metastasierung im obigen Sinn bei Lymphomen vorkommt, also nicht nur in Bezug auf die üblichen Verdächtigen (Leber, Milz, Knochenmark) sondern in der Art anderer Tumoren.
    In irgendeiner Information habe ich aufgeschnappt, dass Metastasen bei Lymphomen anders funktionieren (ich kann das ja falsch verstanden haben. Im Moment stürzen sehr viele Infos gleichzeitig auf mich ein).
    Wenn ja, wie?

  10. #10 FLORES
    09/06/2015

    ch wß mmr nch ncht d rchtgn Wrt m mn Dnkbrkt z Rck Smpsn nd sn wndrbr Cnnbsl, ds mn Krnkht ghlt. m M 2014 ch Mlnm Krbs dgnstzrt wrd, s bntrchtgt Mn Ht, Drm nd gn… gng ch zr Bhndlng br hn rflg, mn Fml grtn d Rck Hnfl fr mn ldn, f dn rstn, d ch ncht wllt, ds l z kfn, d ch htt Zwfl drbr mn Krbs hln, br nch dr Lktr drbr nd Frschngn nln tn, ch f d d rlg, nd n dr Tt s wr n wndrbr, ds Cnnbsl rflgrch mn Krbs ghlt!!! nch dr Mntn.
    Jtzt bn ch gsnd nd gsnd… Rck Smpsn rrchn S ntr
    rcksmpsnmdclsrvcs@gml.cm

  11. #11 Cornelius Courts
    09/06/2015

    @FLORES: Wenn Sie haben Belege für Ihre Behauptung und nicht nur einfach benutzen google translator, dann Sie können kommen wieder.

  12. #12 IO
    09/06/2015

    FLORES,
    es ist unverantwortlich, anderen Menschen mit falschen oder unzureichenden “Informationen” zu kommen.

    Der aktuelle Stand bezüglich C. dürfte hier hinreichend beschrieben sein (ggf. können/sollten die hier vertretenen Krebsforscher und Ärzte Stellung nehmen).

    https://scienceblog.cancerresearchuk.org/2012/07/25/cannabis-cannabinoids-and-cancer-the-evidence-so-far/

    (aktualisiert bis 20.04.2015)

    Die Zusammenfassung

    “At the moment, there simply isn’t enough evidence to prove that cannabinoids – whether natural or synthetic – works to treat cancer in patients, although research is ongoing.”

    Weiteres hier
    https://www.sciencebasedmedicine.org/medical-marijuana-as-the-new-herbalism-part-2-cannabis-does-not-cure-cancer/

  13. #13 IO
    09/06/2015

    Schlimmer noch:
    Dieser Simpson auf den FLORES Bezug nimmt, ist ein grandioser Quacksalber, der anderen Menschen den tödlichen Unsinn einbläut, Chemotherapie sei tödlicher als der Krebs selbst.
    Schade, dass man solche Spinner nicht gerichtlich drankriegen kann.

    Ich bin gerade in der letzten Phase der Chemo, die mich gerettet hat. Bereits nach drei Monaten war ein faustgroßer Teil des Tumors verschwunden, der Rest dürfte jetzt zertöppert sein. Mir ging es dank der Therapie innerhalb von wenigen Wochen bereits besser als in Jahren zuvor und das alles ohne Nebenwirkungen.

    Da sind dann solche Quacksalber und Cranks schwer zu ertragen.
    (Ich weiß, meine Erfahrung ist auch nur anekdotisch – aber die Evidenz kommt ja schließlich reichlich und fortlaufend aus wissenschaftlichen Untersuchungen).

  14. #14 IO
    09/06/2015

    Hier noch ein Artikel

    https://grow.de/88.0.html?&tx_ttnews%5Btt_news%5D=207&cHash=006be44266a88122c9a700633aabbd7f

    der zwar nicht ausschließt, dass Cannabinoide einmal irgendeinen (erst noch nachzuweisenden) Nutzen haben könnten, aber richtigerweise darauf hinweist, “es ist notwendig und wünschenswert, dass weitere klinische Studien durchgeführt werden.”

    Wichtig ist hier aber vor allem der Schlusssatz:

    “Der Ratschlag von Rick Simpson, zu Gunsten einer Verwendung von Haschischöl auf eine normale, häufig zu einer Heilung führenden Krebsbehandlung zu verzichten, ist allerdings unverantwortlich.”

  15. #15 rolak
    09/06/2015

    Der aktuelle Stand bezüglich C

    Zu der teils grotesk übertriebenen Lobhudelung gibts auch einen schicken Dreiteiler bei orac.

    Dabei gibt es doch diverse funktionierende Anwendungen und reichlich Forschung, unverschämt, mit solcherlei Überhöhung ein schlechtes Licht auf das Ganze zu werfen…

  16. #16 noch'n Flo
    Schoggiland
    10/06/2015

    @ IO:

    Tut mir ehrlich leid zu erfahren, dass Du an einem Lymphom erkrankt bist. Darf ich (indiskreterweise) nachfragen, ob es sich um ein Hogkin- oder ein Non-Hogkin-Lymphom handelt?

    Aber schön zu hören, dass es Dir durch die Chemo schon besser geht. Wenn ich Dir mit einem ärztlichen Rat zur Seite stehen kann, lass mich das bitte wissen.

    Und bittebittebitte lass um Zarks Willen die Finger von der Misteltherapie. Die wird Tumorpatienten leider heutzutage immer häufiger aufgeschatzt, sogar von “seriösen” Ärzten. Obwohl schon vor fast 40 Jahren bewiesen wurde, dass sie nicht nur unwirksam ist, sondern auch noch das Tumorwachstum beschleunigt. Ein gutes Beispiel für die Wirksamkeit von Lobby-Arbeit. 🙁

  17. #17 IO
    10/06/2015

    Moin, noch’n Flo

    Danke vielmals!

    NHL. Details kann ich Dir gerne privat nennen, und ich höre natürlich gerne, was Du zu sagen hast. (Hast Du noch meine e-Mail? Sonst lasse ich die Dir über den Blogbetreiber zukommen.)
    Bei mir läuft es im Prinzip according to the book.

    Und keine Sorge:
    Quacksalberei, Pseudomedizin, kommt bei mir nicht über die Lippen (oder anderweitig in den Körper).
    Habe da zwei Mal schon Bekannten ziemlich deutlich sagen müssen, dass sie mir ihren gefährlichen Unsinn zwar zunächst gut gemeint aber erfolglos andienen: Einmal war es Biopathie nach Reich, ein anderes Mal Homöopathie gegen evtl. und bei mir eh nicht eingetretene Nebenwirkungen der Chemo.

    Gruezi

  18. #18 noch'n Flo
    Schoggiland
    11/06/2015

    @ IO:

    Hast Du noch meine e-Mail?

    Muss ich mal gucken -habe dem Postfach von der 2012-Party schon ewig keinen Besuch mehr abgestattet…

    Aber schön zu hören, dass es bei Dir “nach Plan” läuft. Ich finde es immer wieder faszinierend, was sich in den letzten Jahren in der Onkologie getan hat. Ich hatte vor 3 Jahren eine Hodgkin-Patientin, auf deren Überleben ich noch vor 10 Jahren keinen Cent gewettet hätte. Mittlerweile ist sie komplett geheilt, alle Verlaufskontrollen negativ.

    Soviel an alle Deppen, die Chemotherapie im speziellen und Schulmedizin im allgemeinen kleinreden wollen!

  19. #19 Dietmar
    15/06/2015

    @IO: Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute! Die Krebs-Fälle in meiner Familie haben leider keinen guten Verlauf genommen und gerade ist eine junge Freundin an Leukämie erkrankt. Es ist, wie Du sagst: so ein unverantwortlicher Schwachsinn von diesen Quacksalbern ist unerträglich. Die machen vor keinem Schicksal halt.