Manchmal, wenn am Ende eines dieser desillusionierenden „Echt? Wie bei CSI? Nein!“- Gespräche noch echtes Interesse an der Wirklichkeit übrig geblieben ist, versuche ich, zu erklären und zu beschreiben, wie es denn wirklich bei uns im Labor zugeht und aussieht. Zugegeben, wir haben nur gute, helle statt mysteriös angebläute Beleuchtung, dafür wissen wir aber auch bei allen Maschinen, wie sie funktionieren, was sie können und was sie vor allem nicht können.
Um auch den LeserInnen einmal zeigen zu können, wie und womit wir in der Forensischen Genetik arbeiten, habe ich einen Rundgang durch die Labore meiner Abteilung (die Forensische Genetik, im Inhouse-Slang kurz “ForGe” (da, wo gute Wissenschaft “geschmiedet” wird ;-)) gemacht und ein paar der wichtigsten Dinge und Arbeitsgeräte photographiert.
Beginnen muß ich hiermit (Bild links): Wir schützen uns vor den Asservaten und Proben und umgekehrt. Wir tragen immer Handschuhe! Immer und bei (fast) allem! Und wir wechseln sie häufig, haben also einen gehörigen Verbrauch, aber es geht nicht anders. In der Forensischen Genetik sollte man gesund paranoid sein: Unsere Methoden sind so empfindlich, daß wir winzigste DNA-Mengen nachweisen können, auch die in unseren eigenen Hautschüppchen, Haaren etc. und eine Kontamination kann ein ganzes Verfahren gefährden. In allen Laboren gibt es daher auch eigene Handschuhvorräte und übrigens auch eigene Kittel: jede/r hat für jedes Labor seinen/ihren eigenen Kittel, der das Labor nicht verlässt. Damit beugen wir zwar Kontaminationen vor, ziehen uns hier aber auch täglich öfter um, als ein Mannequin bei einer Modenschau. In einigen Laborräumen, vor allem denen, die sich im Ablauf vor der Durchführung einer PCR befinden, wird zudem Mundschutz und Häubchen getragen, da selbst Miniaerosole aus dem Speichel, wie sie beim Sprechen versprüht werden, mehr als genug DNA für eine PCR-Anreicherung enthalten.
Dann kommen wir zum wichtigsten Handwerkszeug des Genetikers: der Pipette. Was dem Steinmetz sein Meißel, dem Westernhelden sein Colt, ist uns die Pipette. Mit diesen Hochpräzisionswerkzeugen können wir Volumina von 0,1 µl (das ist ein Zehntel eines millionstel Liters) bis 1 ml sehr genau abmessen und transferieren. Dieser Vorgang, das Transferieren von Flüssigkeiten mittels Pipetten, ist die Grundlage fast all unserer Arbeit und kann und sollte bis zur Perfektion geübt werden. Man muß dabei auf sehr viele Dinge gleichzeitig achten, z.B. Eintauchtiefe und Winkel, Drucktechnik, Temperatur der Pipette etc. und eine Genetik-Doktorandin kann man nachts um vier wecken und sie pipettiert einem eine 96-well-Platte.
Es gibt verschiedene Größen, die jeweils bestimmte Volumenbereiche bedienen, z.B. 2-10 µl oder 100 – 1000 µl. Natürlich werden sie sehr pfleglich behandelt, dürfen nicht hinfallen, werden jedes halbe Jahr neu kalibriert und hängen in ihrer Freizeit mit ihren Freunden in einem Karussell ab (s.Bild). Noch toller sind die elektronischen Pipetten, die ausgestattet mit Motor und elektronischer Steuerung noch genauer sind und einem besonders bei vielen eintönigen und redundanten Pipettiervorgängen, die Arbeit sehr erleichtern und die Nerven schonen können. Man kann sie programmieren und genau auf seine Bedürfnisse einstellen, sollte aber nicht vergessen, sie voll aufzuladen ;-). Naja und für alle Pipetten braucht man Pipettenspitzen. Für jeden Pipettiervorgang eine neue, wodurch leider enorme Abfallmengen entstehen, was aber der Preis für kontaminationsfreie Arbeit ist:
Die Spitzen gibt es ebenfalls in verschiedenen Größen und wenn die Pipette der Colt ist, dann sind sie die Patronen, die nach jedem “Schuß” bzw. Pipettiervorgang aus- bzw. abgeworfen werden. Wir benutzen ausschließlich gefilterte Spitzen, in die ein luft- aber nicht flüssigkeitsdurchlässiger Pfropf gestopft ist, so daß die Pipette vor Spritzern und unabsichtlichen Aerosolbildungen und damit Kontaminationen geschützt ist. Eine weiteres absolut grundlegendes Verbrauchsmaterial ist das “Tube”, das Röhrchen oder Minireaktionsgefäß, sozusagen unser Reagenzglas:
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