Eine Übereinstimmung von mtDNA wird in der forensischen Routine und im Gegensatz zu STR-Profilen nicht für eine eindeutige Zuordnung jenseits jeden Zweifels herangezogen. Dafür sind die einzelnen mtDNA-Haplotypen nicht selten genug und zudem kommt jede mit dem Tatverdächtigen in mütterlicher Linie verwandte Person ebenfalls als Spurenleger in Betracht. Die mtDNA ist aber dennoch nützlich, weil man mit ihr sicher Personen als Spurenleger ausschließen kann, nämlich dann, wenn ihre mtDNA nicht zu der in einer Spur passt. Insofern ist der „Beweis“, den Russell und Louhelainen hier für die Identität von Jack the Ripper vorgelegt haben wollen, alles andere als perfekt oder wasserdicht.
Andererseits haben wir hier zwei je mit der mütterlichen Linie des Opfers bzw. eines plausiblen Tatverdächtigen übereinstimmende mtDNA-Profile auf ein und demselben Asservat, das plausiblerweise mit einem Ripper-Mord in Verbindung zu bringen ist.
Meine abschließende Bewertung:
Fraglich ist und bleibt, warum J. Louhelainen für die Untersuchung gewählt wurde, warum kein NGS eingesetzt wurde, warum die Untersuchung so lange gedauert hat und warum man nicht einmal versucht hat, STRs zu untersuchen (gerade Y-STRs wären interessant gewesen, um eine väterliche Linie des Rippers verfolgen zu können). Die methodischen Details wären ebenfalls noch offenzulegen und es fehlt die Information, welchen Teil des D-Loops man untersucht hat und wie häufig die ermittelten Haplotypen in der Bevölkerung sind. Damit darüber hinaus die Belege nur auf die Weise interpretiert werden können, daß Kosminski der Ripper und Eddowes das Opfer war, müßte ausgeschlossen werden, daß die Spuren nicht auch irgendwie von in mütterlicher Linie mit diesen Verwandten stammen können (was vermutlich recht unwahrscheinlich ist).
Alle fraglichen Punkte zusammen genommen reichen jedoch für mich nicht, um die komplette Geschichte zu verwerfen. D.h., es ist forensisch möglich und nicht unplausibel, daß hier entscheidende Belege für die Identität von Jack the Ripper vorgelegt worden sind. Man darf sich nun fragen: hätte ich Kosminski aufgrund dieser Belege verurteilt und würde ich selbst gerne aufgrund solcher Belege verurteilt werden?
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Nachtrag 15.09.2014: Ich habe dem skeptischen Podcast Hoaxilla ein Interview zum Thema für die Folge #168 “Ripper entlarvt?” gegeben. Hier geht’s zur mp3.
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