Extraktion und Zählung

Nach einer Kontrolle der Qualität/Effizienz der Entnahmeprozedur bzw. der Aussagefähigkeit der Ergebnisse durch Untersuchung der Positivkontrollen bzw. der Negativkontrollen auf Spermagehalt, wurden die Proben einem differentiellen Extraktionsverfahrens unterzogen. Dieses Verfahren ermöglicht eine Abtrennung der störenden Mundschleimhautzellen aus den Proben. Danach wurden die aufgereinigten Spermien mikroskopisch gezählt und die Zählergebnisse nach folgendem (etwas subjektiven) Schema klassifiziert:

Wenige            weniger als fünf Spermien gezählt
+                     Spermien schwer zu finden
++                   einige Spermien im selben Zählfeld, leicht zu finden
+++                 viele Spermien oder Spermien in den meisten Zählfeldern
++++               viele Spermien in jedem Zählfeld

 

Ergebnisse

Ich fasse die ziemlich detailliert aufgeführten Ergebnisse hier einmal stark zusammen, um das herauszustellen, worauf es ankommt.

Es wurde für beide Gruppen ein signifikanter Effekt des PCI auf die Anzahl zu bergender Spermien festgestellt. Je länger das PCI, desto weniger Spermien ließen sich noch erhalten. Die Abriebtechnik scheint dabei bessere Ergebnisse (= mehr Spermien) zu erzielen als die Zahnseidemethode (s. Abbildungen), der Unterschied zwischen den Methoden war jedoch nicht signifikant.

 

graph 2

Erfolgsquoten der beiden Methoden als Funktion über das PCI

 

Das ist plausibel, da die Bakterietten über eine größere Oberfläche zur Ansammlung von Spermien verfügen, als Zahnseidesticks und auch größere Oberflächen abtasten. Hinzu kommt noch, daß zuerst der Abrieb und dann die Zahnseidebehandlung vorgenommen wurde.

Von jeweils 87 untersuchten Proben konnten Spermien bei 55 der Abriebe und an 40 der Zahnseidensticks festgestellt werden. Bei den spermienpositiven Abrieben waren 22 der korrespondierenden Zahnseidestick spermiennegativ und umgekehrt waren von den spermienpositiven Zahnseidesticks nur sieben korrespondierende Abriebe spermiennegativ und die höchsten Spermienzahlen in der Studie wurden bei einer Abriebprobe festgestellt. Allerdings erbrachte die Zahnseidemethode in sieben Proben auswertbare Spermien, für die die Abriebmethode komplett negativ war und drei von diesen Proben waren nach dem maximalen PCI von 24 h und nach intensiver berichteter oraler Aktivität gewonnen worden.

Wenn man nun die Abriebmethode allein und in Kombination mit der Zahnseidemethode vergleicht mit den Ergebnissen einer früheren Arbeit [11] über den Erfolg bei der Verwendung von “sexual assault kits” (gebrauchsfertige Zusammenstellung von Materialien zur systematischen Spurensicherung und Dokumentation nach Sexualdelikten) nach echten Fällen oraler Vergewaltigung (A, s. Tabelle), dann fällt auf, daß die Erfolgsquote bei den echten Fällen bei einem PCI von 0-6 Stunden niedriger und bei längeren PCI höher liegt als in der kontrollierten Studie.

table 1

A) Daten aus [11]; B) vorliegende Studie, nur Abriebmethode; C) vorliegende Studie, Abriebe und Zahnseidemethode

Für diese Unterschiede könne es, so die Autoren, mehrere Gründe geben. Die Art der Proben- bzw. Spurentstehung (freiwillig vs. gewaltsam /unter Gegenwehr), sowie Art und Umfang der Hygienemaßnahmen der Opfer nach der Tat habe sehr wahrscheinlich einen Einfluss, zudem seien PCI und auch die Abstinenzzeiten der Täter in der Fallstudie nicht bekannt. Auch müsse eine mögliche Kondomnutzung von Tätern einbezogen werden. Die schlechtere Erfolgsquote in der Studie bei PCI > 7 Stunden könne u.a. durch die umfangreichen dokumentiertern oralen Aktivtäten der Probanden begründet sein. Zudem sei nicht bekannt, wie die Proben aus der Fallstudie aufbereitet und quantifiziert worden waren, so daß auch Unterschiede in diesen Verfahren Einfluss auf die Ergebnisse haben konnten. Was die Tabelle schließlich auch noch zeigt: die kombinierte Methode (C) erzielt mehr positive und weniger negative Ergebnisse, als die Abriebmethode alleine (B).

Welchen Schluß oder welche Empfehlung kann man nun aus diesen nicht sonderlich spektakulären Daten ziehen? Es scheint empfehlenswert zu sein, zusätzlich zu (aber keinesfalls anstatt der) ohnehin standardmäßigen Bakteriettenabrieben der Mundhöhle des Opfers einer oralen Vergewaltigung auch Zahnseidesticks zur Sicherung von Spermien aus den Zahnzwischenräumen zu verwenden, um die Erfolgswahrscheinlichkeit für die Gewinnung von Spermien zu erhöhen. Erwartungsgemäß sinkt die Wahrscheinlichkeit, Spermien aus dem Mund eines Opfers zu sichern mit dem PCI nach der Tat, jedoch kann in einigen Fällen (ggf. in knapp 50%) auch bis zu 24 h nach der Tat und trotz Durchführung normaler oraler Aktivitäten die Sicherung von Spermien noch gelingen, wenn die Sicherungsmethoden kombiniert werden.

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Kommentare (3)

  1. #1 rolak
    17/10/2014

    Es scheint an allen Ecken und Enden noch Möglichkeiten zur Verbesserungen der Aufklärungsrate zu geben – in diesem Falle mal nicht durch eine neue bahnbrechende Technik, sondern intensiviertes sampling. Interessant.

    Wegen des Materials und der schier unausrottbaren Unsitte, den Opfern eine Provokation anzudichten: Satin & Silk.

  2. #2 Ludger
    18/10/2014

    Mich wundert, dass man den mikroskopischen Nachweis in der Kammer anstrebt und nicht einen fluroszenzmikroskopischen Nachweis. Oder ist der Gebrauch der Kammer dem Forschungsansatz geschuldet?

  3. #3 Cornelius Courts
    20/10/2014

    @Ludger: “und nicht einen fluroszenzmikroskopischen Nachweis”

    ich bin nicht sicher, wie gut man fluoreszenzmikroskopisch zählen kann (es ging ja hier um die Quantifizierung). Vielleicht hatten sie aber auch nur kein entsprechendes Gerät…