Über Methylierung und Epigenetik habe ich hier neben einem Basics-Artikel bisher nur im Zusammenhang mit sexueller Orientierung und der Erkennung gefälschter DNA-Spuren geschrieben. Das Feld ist jedoch sehr aktiv und vielseitig und Epigenetik wird inzwischen längst auch in der Forensischen Genetik ausprobiert. Ich habe übrigens schon länger Lust, auch selber einmal damit zu spielen und werde hier dann bestimmt davon berichten.
Heute aber möchte ich nur kurz eine neue, sehr spannende Studie präsentieren, in der die Autoren zeigen, daß man anhand der Analyse von Methylierungsmustern sogar die Sterblichkeit (im Sinne von Mortalität) vorhersagen kann und durch deren Ergebnisse Einblicke in die biologischen Grundlagen von Langlebigkeit und des gesunden Alterns ermöglicht werden. (Zur Vorbereitung bzw. zur Auffrischung der verwendeten Fachbegriffe empfehle ich bei Bedarf die Lektüre besagten Basics-Artikels.)
Es ist schon länger bekannt, daß es alterabhängige Veränderungen im Methylierungsmuster der DNA gibt und diese Erkenntnis wurde u.a. bereits in forensischen Ansätzen zur Altersbestimmung von Personen genutzt [2]. In der hier vorgestellten Studie haben die Autoren nun das echte, chronologische Alter von fast 5000 älteren Menschen über 14 Jahre hinweg mit dem aus deren DNA-Methylierungsmuster berechneten Alter verglichen und die Differenzen analysiert.
Unter Verwendung eines mathematischen Modells fanden sie heraus, daß bei Personen, deren Differenz zwischen echtem und „Methylierungs-Alter“ mehr als 5 Jahre betrug, ein um 21% höheres Sterblichkeitsrisiko bestand. Wichtig ist dabei, zu erwähnen, daß dieser Effekt unabhängig von verschiedenen Faktoren war, die nachweislich einen starken Einfluss auf die Lebenserwartung haben, wie Rauchen, Stoffwechselerkrankungen (z.B. Diabetes), Erkrankungen des Herzkreislaufsystems, Bluthochdruck, Bildungsniveau, IQ in der Kindheit oder soziale Klasse.
Man könne sich, so die Autoren, das durch DNA-Methylierung bestimmbare Alter daher wie eine epigenetische Uhr vorstellen, die das biologische Alter mißt und neben dem, wenn auch nicht immer parallel zum chronologischen Alter läuft. Und diese Uhr könne hilfreich bei der Vorhersage der Lebenserwartung sein.
Die Autoren untersuchten zusätzlich noch verschiedene Varianten, die möglicherweise einen Einfluss auf diese epigenetische Uhr haben könnten, konnten aber lediglich feststellen, daß Frauen eine signifikant kleinere Differenz zwischen ihren epigenetischen und chronologischen Altern aufwiesen, als Männer, wobei wiederum mögliche störende Einflussfaktoren wie Bildungsniveau und Gesundheitszustand herausgerechnet worden waren.
Es ist derzeit noch ungeklärt, welche genetischen oder die Lebensweise betreffenden Faktoren einen Einfluss auf das epigenetische Alter eines Menschen haben. Aber vielleicht wird ja eines Tages, wenn jeder von uns ein Mini-NGS in seinem Smartphone (oder besser noch einem Mikroimplantat ) hat und das epigenetische Alter aus einem Blutstropfen tagesaktuell bestimmbar ist, das chronologische Alter seine Bedeutung verlieren und man wird Redensarten wie „alt wie ein Methylsalem“ einführen 🙂
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Referenzen:
[1] Marioni, R. E., Shah, S., McRae, A. F., Chen, B. H., Colicino, E., Harris, S. E., … & Deary, I. J. (2015). DNA methylation age of blood predicts all-cause mortality in later life. Genome Biol, 16(1), 25.
[2] Yi, S. H., Xu, L. C., Mei, K., Yang, R. Z., & Huang, D. X. (2014). Isolation and identification of age-related DNA methylation markers for forensic age-prediction. Forensic Science International: Genetics, 11, 117-125.
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