Zeke Harper, 1823-1892
aus [1]
Immer wieder droschen sie auf ihn ein. Diese Kerle, armselige Räuber, die sie waren, kannten keine Gnade; sie würden ihn totschlagen. Und das für ein paar lumpige Dollar. Vor seinem inneren Auge zogen in den letzten Momenten des Lebens von Ezekiel “Zeke”Harper noch einmal Szenen aus seiner Kindheit und Jugend in Tucker County, West Virgina, vorbei, wie er durch die
Allegheny Mountains streifte, auf kalifornischen Goldfeldern schuftete und mit einem Trek von
Fourty-Ninern über die Rocky Mountains und durch die Sierra Nevada zog. Er dachte an seine Zeit als wohlhabender und einflussreicher Landbesitzer, Viehbaron und Großhändler im Kalifornien und Oregon der 50er-Jahre, daran, wie er 1860 dem Ruf der Konföderierten gefolgt und in den Krieg gezogen war, wo er, zurück in West Virgina, zusammen mit seinem älteren Bruder William genannt “Devil Bill” als berühmt-berüchtigte Guerilla-Scouts diente. Was war das eine wilde Zeit, als er ’63 die Generäle Jones und Imboden bei dem inzwischen
nach ihnen benannten Angriff gegen die wichtigste Verkehrsader der Union in West Virginia führte! Und dann erwischte ihn so ein verdammter Yankee und er geriet in Gefangenschaft von 1863-64, ein Teil davon im gefürchteten
Rock Island Gefängnis, bis er durch einen Gefangenenaustausch frei kam. Danach, so erinnerte sich Zeke noch, hatte er sich zurückgezogen, war ruhiger geworden, besaß am Ende ca. 4500
Acres Land und hatte sogar als Landarzt gearbeitet. Und dann war da auch noch das Techtelmechtel mit seiner indianisch-stämmigen Haushälterin. Natürlich war sie schwanger geworden und hatte Earl zur Welt gebracht, den er nie offiziell als seinen Sohn anerkannt hatte und jetzt würde er keine Gelegenheit mehr bekommen, denn diese Kerle würden ihn umbringen. Und so starb Zeke Harper unter den Schlägen jener Räuber, die ihn 1892 überfielen. Man beerdigte ihn auf dem Adam Harper Cemetary in seiner Heimat West Virginia.
Vorderansicht der Schienbeinknochen (Tibiae)
aus [1]
Rechter Oberschenkelknochen mit teilweise eröffneter Markhöhle und fehlender proximaler Epiphyse; aus [1]
Earl brachte man ins örtliche Waisenhaus, von wo ihn Sarah Bonnifield Maxwell, die vor dem Krieg die Freundin von Zeke gewesen war und die Earl gesucht und ausfindig gemacht hatte, zu sich nahm und als ihren eigenen Sohn aufzog. Earl J. Maxwell zeugte insgesamt sieben Kinder, die ihrerseits Nachkommen hatten und zeit seines Lebens gab er an, der Sohn Ezekiel Harpers zu sein, doch beweisen konnte er es nie. Nach seinem Tod begannen Earls Kinder und Kindeskinder schließlich, Nachforschungen anzustellen, um endlich ihre Verbindung zur Harper-Familie und damit letztlich Earls Behauptung zu beweisen. Im Jahr 2011 stimmte das 21. Bezirksgericht von Tucker County, West Virginia der Exhumierung der sterblichen Überreste von Ezekiel Harper aus seiner vermeintlich letzten Ruhestätte zu. Aus seiner Grabstätte konnten Mitarbeiter des Mercyhurst Archäologischen Instituts (Erie, Pennsylvania) mit Hilfe einer Bestattungsfirma einige sterbliche Überreste bergen, die dann dem Institut für Angewandte Genetik in Fort Worth, Texas für die forensische Analyse überstellt wurden. Der Erdboden der Grabstätte hatte einen niedrigen pH-Wert (zwischen 4 und 5) und natrürlich war Zeke sechs Fuß tief begraben worden. Ungewöhnlich war, daß sein hölzerner Sarg von einer Schicht aus Glas von hoher Qualität überzogen war. Solches Glas ist zu Zekes Lebzeiten sehr teuer gewesen und wurde nur für die Särge wohlhabender, angesehener Bürger verwendet. Obwohl der Sarg durch das Gewicht des Erdreichs zusammengebrochen war, waren Zekes Überreste so durch eine doppelschichtige, physikalische Barriere vor einigen Umwelteinflüssen im Erdreich abgeschirmt. Außerdem war Zeke nicht einbalsamiert worden. Wie sich zeigen würde, trug dies dazu bei, daß seine DNA auch nach 120 Jahren noch auswertbar war:
gesäuberte, abgeschliffene Schienbeinknochen, bereit zur DNA-Extraktion; aus [1]
Vier lose Zähne, die bei der Exhumierung gefunden wurden; Wurzeln intakt, Kronen deutlich abgenutzt; aus [1]
Bei derart alten Knochen ist bei der forensisch-genetischen Untersuchung größte Vorsicht geboten, da die DNA in den Knochenzellen häufig stark degradiert ist und durch die Erdlagerung eine hohe Belastung durch Inhibitoren und Kontaminationsgefahr besteht. Daher wurden folgende Maßnahmen zur Kontaminationsvorbeugung und –detektion unternommen, die durchaus exemplarisch für ein vorschriftsmäßig arbeitendes forensisch-genetisches Labor sind:
- bei allen Arbeitsschritten wurden Einmal-Ganzkörperschutzanzüge, Mundschutz, Einmal-Handschuhe, und Schutzbrillen getragen
- Arbeitsplätze, -flächen und –geräte wurden mit chlorbleichehaltigen Reinigungsmitteln geputzt und mit UV-Licht bestrahlt; dies entspricht einer chemischen und physikalischen Zerstörung von DNA
- die DNA-Extraktion aus dem Knochenmaterial erfolgte in einem speziellen Laborbereich, der für Niedrigmengen an DNA ausgewiesen und besonders sauber und geschützt ist
- die PCR-Amplifikation erfolgte in einem eigenen, räumlich von den anderen Arbeiten getrennten Bereich
- es wurden Positiv- und Negativkontrollen über alle Arbeitsschritte hinweg mitgeführt; besonders Negativkontrollen, also Reaktionsansätze, denen keine Knochen-DNA zugesetzt wird und die kein Signal erzeugen darf, sind wichtig, um mögliche Kontaminationen zu entdecken
- es erfolgten mehrfache PCR-Amplifikationen derselben Probe, um Ergebnisse zu bestätitgen bzw. Artefakte zu erkennen und zu verwerfen
Außerdem wurden die Knochenteile stets getrennt von anderen Proben aufbewahrt und eine strenge Gewahrsamskette (chain-of-custody) eingehalten. Die Arbeiten an dem Knochenmaterial wurden durch eine Frau durchgeführt, so daß eine Kontamination durch y-chromosomale DNA der bearbeitenden Person ausgeschlossen war.
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