Die Studie weist in meinen Augen auf ein enormes Potential hin, das die strenge Rhythmisierung der Nahrungsaufnahme auch bei der Behandlung und Vermeidung menschlichen Übergewichts und menschlicher Stoffwechselerkrankungen haben könnte und bestärkt mich in von manchen meiner Mitmenschen “exzentrisch” gefundenen Essgewohnheiten 🙂
Dabei kommt es durchaus vor, daß ich, leicht überfressen, nach „Rennie“ suchen muß. Dabei verfügt der Körper ja eigentlich über gute Mittel zur Regulation der Nahrungsaufnahme, indem durch komplexe neuronale und hormonelle Systeme das Hungergefühl recht genau gesteuert und an den Nahrungsbedarf angepasst wird. Wie kommt es dann, daß man immer wieder etwas zu sich nimmt bzw. weiterisst, den großen Nachtisch nach der üppigen Mahlzeit, die Tüte Chips nach dem Abendessen, auch wenn man schon satt oder zumindest gar nicht hungrig ist?
In einer Studie in Scientific Reports [2] wurde genau dieser Frage nachgegangen und gefunden, daß offenbar das Verhältnis von Fetten zu Kohlenhydraten in der Nahrung entscheidend beeinflusst, ob wir das Sättigungsgefühl des Körpers ignorieren und darüber hinwegessen (nennt man Hyperphagie): Besonders Kartoffelchips, die fast ausschließlich aus Fett und Kohlenhydraten bestehen, veranlassten Versuchsratten zu regelrechten hyperphagischen Orgien. Um herauszufinden, ob die Ratten einfach nur hochkalorische Nahrung bevorzugten, setzte man ihnen unterschiedliche Nahrung mit stetig ansteigendem Fettgehalt vor, worauf sich zeigte, daß Ratten einen Fettgehalt von bis zu 35% bevorzugten und Nahrung mit höherem Fettanteil weniger gern frassen, es kam also wirklich auf das Verhältnis von Fett zu Kohlenhydraten an.
Daraufhin wurde mittels manganverstärkter MRI das Geschehen im Hirn lebender Ratten beobachtet während diese frassen. Das Mangankontrastmittel sammelt sich auch bei ganz normalen Aktivitäten wie Fressen in aktiven Hirnregionen an und bleibt dort für eine ganze Weile, wo es dann mittels MRI detektiert werden kann. So kann man die Hirnaktivität eines bestimmten Verhaltens auch dann noch abbilden, nachdem die eigentlich Handlung schon vollzogen wurde.
So erkannte man signifikante Unterschiede in der Hirnaktivität, wenn normales Futter, Futter mit 35% Fett oder Kartoffelchips verfüttert wurden. Bei Tieren, die Kartoffelchips gefressen hatten, waren mit Sucht und Belohnung, aber auch mit Nahrungsaufnahme und Fortbewegung assoziiierte Hirnzentren hochgradig aktiviert, während Komponenten, die an der Steuerung des Sättigungsgefühls beteiligt sind, deaktiviert waren. Der Effekt für das Futter mit 35% Fett war nicht ganz so stark ausgeprägt aber noch merkbar, außerdem waren mit Schlaf assoziierte Areale deaktiviert.
Es muß also noch etwas anderes als das reine Fett-zu-Kohlehydrate-Verhältnis in den Chips sein, wodurch sie die Ratten (und den einen oder anderen Homo s.) in einen hedonistischen Fressrausch stürzen können. Homo s. kann wenigstens versuchen, sich durch Selbstbeherrschung davor zu bewahren.
Daß Kartoffelchips nicht gerade die Nahrung der Champions und Athleten ist, dürfte klar sein, doch ist die in diesen Kreisen derzeit hoch im Kurs stehende „low-carb, high-fat, adequate protein“-Diät wirklich so gut wie angenommen?
Um das herauszufinden, wurden für eine Studie in Metabolism [3] 20 männliche Extrem-Ausdauersportler (Ultramarathonisten, Ironman-Triathleten und ähnliche Wahnsinnige) zwischen 21 und 45 Jahren rekrutiert, von denen je 10 “high-carb”- bzw. “low-carb”-Nahrung aßen, die über mehrere Tage u.a. anstrengende, mehrstündige Gerätetrainings durchlaufen mussten.
Nachdem die/der maximale Sauerstoffaufnahme/-verbrauch (VO2 max) der Probanden gemessen worden war, erhielten sie ein genau kontrolliertes Abendessen und mußten sich am nächsten Morgen im Labor einfinden, wo ihnen insgesamt 3 Muskelbiopsien und 8 Blutproben abgenommen und 9 kalorimetrische Messungen durchgeführt wurden, bevor und nachdem sie high- bzw. low-carb-Shakes zu sich genommen, 90 Minuten ausgeruht und einen 3 Stunden-Lauf auf einem Laufband bei 65% ihrer VO2 max hinter sich gebracht hatten.
Die Messungen zeigten eine enorm hohe Fettoxidierung in denjenigen Sportlern, die eine low-carb high-fat Ernährung anwendeten und 2,3 mal so viel Fett verbrauchten, wie die high-carb ernährten Sportler. Interessanterweise war jedoch der Glycogenverbrauch in den Muskeln nach der dreistündigen Übung und auch die Wiederauffüllung zwei Stunden danach in beiden Gruppen vergleichbar, was darauf hinweist, daß sich der Körper an kohlenhydratarme Ernährung anpassen kann.
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