Dieser Artikel ist als Anlage zu meinem Gentest-Selbstversuch-Artikel zu verstehen, sozusagen als “Supplementary Material” :-). Hierin erkläre ich, wie das Verfahren zur DNA-Analyse beim von mir ausprobierten Gentest technisch funktioniert. Weil das nicht für alle interessant (und auch nicht ganz unkompliziert) ist, habe ich das ganze hierhin ausgegliedert. Als Vorbereitung bzw. zusätzliche Lektüre empfehlen sich die Artikel zu DNA und PCR (ohne Kenntnisse über die Prinzipien der PCR ist der folgende Artikel eher unverständlich).
Die Firma futuragenetics benutzt das sogenannte APEX-Verfahren. Dieses Akronym steht für „arrayed primer extension“ (dt. Verlängerung mittels angeordneter Primer) und bezeichnet ein einfaches und robustes enzymatisches Verfahren zur gleichzeitigen Typisierung hunderter bis Tausender Variationen im Genom in einer einzigen Multiplex-Reaktion.
Die Gentests, wie auch der, den ich selbst ausprobiert habe, beruhen in der Regel darauf, daß der Status mehrerer SNPs erhoben wird. SNPs sind Polymorphismen, die jeweils nur eine einzige Base der DNA betreffen und fast immer liegt ein SNP in einer von zwei (ganz selten drei) Varianten oder „Allelen“ vor, z.B. A oder C. Jeder Mensch hat nun von jedem SNP zwei Kopien, eine auf jedem Partner eines Chromosomenpaars: eine Kopie kommt also vom Vater, die andere von der Mutter. So ergibt sich stets eine Kombination der Allele, die als „Genotyp“ bezeichnet wird. Von jedem SNP gibt es also drei mögliche Genotypen: zwei mal homozygot (z.B. AA und CC) und einmal heterozygot (AC).
Der SNP selbst hat übrigens in den wenigsten Fällen direkt mit der eigentlich untersuchten Prädisposition für eine Erkrankung zu tun (gibt es aber auch), oft liegt er nichtmal im kodierenden Bereich des Gens, das mit der Krankheit in Verbindung steht. Er liegt aber zumindest so nahe am für die Krankheit relevanten genetischen Bereich, daß er daran gekoppelt ist, also stets zusammen mit dem Gen vererbt wird. Das heißt für unser Beispiel, daß wenn das Allel „A“ unseres SNPs neben einer genetischen Variante liegt, die mit einem höheren Krankheitsrisiko verbunden ist, dann wird wegen der Kopplung das A-Allel auch immer mit dieser Genvariante zusammen vererbt. Findet man also in der DNA einer Person dieses A-Allel, so weiß man, daß in der Nähe auch die pathogene Genvariante liegt. Man spricht dann von Assoziation: es reicht daher aus, nur das Allel des naheliegenden, also assoziierten SNPs anzuschauen, um zu wissen, daß das untersuchte Individuum auch die entsprechende Genvariante trägt. Daß diese Zusammenhänge überhaupt existieren, muß zuerst in genomweiten Assoziationsstudien (GWAS) herausgefunden werden. Dann aber ist es sehr praktisch, weil sich durch Verfahren wie APEX SNPs sehr schnell, leicht und in hoher Multiplexität (= viele gleichzeitig) untersuchen lassen.
Das kann man sich – Achtung, Analogie – vielleicht so vorstellen, wie Barcodes an verschlossenen Koffern: die Barcodes sind fest mit dem Koffer verbundenund geben Auskunft darüber, was im Koffer drin ist. (Daß das so ist, hat man vorher herausgefunden, indem man 10.000 Koffer aufgemacht, den Inhalt mit dem Barcode abgeglichen und dabei gesehen hat, daß der xy-Barcode immer an Koffern mit schmutziger, der xx Barcode hingegen immer an Koffern mit sauberer Wäsche klebt). Es reicht also, schnell den Barcode zu scannen, um den Inhalt des Koffers zu kennen, was viel leichter ist, als aufwendig das Kofferband zu entfernen, den Koffer aufzuschließen, zu öffnen und zu durchwühlen (und das will man vielleicht auch nicht unbedingt ;-).
Beim APEX-Verfahren werden nun Primer, also kurze Oligonukleotide, auf einer festen Unterlage fixiert, etwa einer Glasplatte, die man “Microarray” nennt. Die Sequenz dieser Primer ist genau komplementär zu der DNA-Sequenz, die exakt vor dem SNP, den man untersuchen will, liegt. Der SNP selber wird vom Primer jedoch nicht erfasst. Auf einem solchen Microarray haben zigtausende Primer Platz, die beliebige Sequenzen haben können, so daß mit einem einzigen Array viele Tausend SNPs gleichzeitig untersucht werden können.
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