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Autoerotischer Tod ist sehr häufig eine unerwünschte Folge von Experimenten mit autoerotischer Asphyxie (s.a. Asphyxiophilie), also einer selbst herbeigeführten Sauerstoffunterversorgung des Gehirns im Rahmen autoerotischer Betätigungen, die meist durch Drosselung der Luftzufuhr durch den Hals bewirkt wird. Durch den so erzielten Sauerstoffentzug des zentralen Nervensystems kommt es schnell zu einer Störung zentraler Hemmungsmechanismen, welche die Sexualfunktion kontrollieren, was bei manchen Personen zu einer Erhöhung des sexuellen Empfindens bzw. der sexuellen Reizbarkeit führt.
Tödliche Verläufe solcher Experimente treten dann auf, wenn es zu Fehl- oder Überfunktionen der Apparaturen oder sonstigen Gerätschaften zur Herbeiführung der Asphyxie kommt oder das Ausmaß der herbeigeführten Sauerstoffunterversorgung unterschätzt wird. Tritt dann eine Bewußtlosigkeit ein, kann sich das Opfer nicht mehr selbst aus der die Strangulation bedingenden Lage befreien, woraufhin es erstickt.
Die hier berichteten Fälle enthalten neben der zentralen Asphyxiophilie noch andere paraphile Elemente wie Fetischismus und Masochismus, obgleich bei keinem der Verstorbenen sexuelle Störungen bekannt waren. Aus kriminalistischer Sicht ist es nun von Bedeutung, bei solchen Fällen von vermeintlichen autoerotischen Unfällen die Einwirkung Dritter, die auf ein mögliches Tötungsdelikt hinweisen könnten, auszuschließen, aber auch, von suizidalem Verfahren abzugrenzen. Dafür sollten verschiedene Kriterien bei der Beurteilung der Auffindesituation beachtet werden. So ist ein Kennzeichen eines autoerotischen Unfalls etwa das Vorhandensein mehr oder weniger durchdachter Selbsthilfemechanismen, mit denen sich das Opfer vor Schaden bewahren wollte. Außerdem darf es keine Anzeichen für Suizidalität oder andere Risikofaktoren wie vorbestehende psychische Erkrankungen geben. Weitere Kennzeichen sind Abgeschiedenheit, einschlägige sexuelle Phantasien, autoerotische Aktivitäten und die Abwesenheit von Spuren, die auf Gewalt bzw. die Einwirkung durch Dritte hinweisen.
Problematisch wird die Beurteilung, wenn sich am Auffindeort zusätzlich ausgefallene Gegenstände und Paraphernalien finden, da dies die Mitwirkung Dritter am tödlichen Geschehen erwägen läßt. So könnten etwa der „ball gag“ und die komplexe Ketteneinschnürung mit Vorhängeschlössern in den Fällen, die hier beschrieben wurden, auf dritte Personen hinweisen, die den Verstorbenen bei ihren Aktivitäten assistiert haben. In Zusammenschau aller äußeren Umstände und den jeweiligen Auffindesituationen scheint jedoch in beiden Fällen die wahrscheinlichste Interpretation die des autoerotischen Unfalls zu sein.
Wie so oft bei ungewöhnlichen Fällen zeigt sich auch hier, daß zur korrekten Beurteilung eines Todesgeschehens die detaillierte, genaue und umfassende Untersuchung nicht nur der Leiche sondern auch der Auffindeumgebung essentiell ist.
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Referenz:
[1] Tattoli, L., Solarino, B., Tsokos, M., Buschmann, C., & Oesterhelweg, L. (2017). Two extraordinary autoerotic fatalities. Forensic science, medicine, and pathology, 13(1), 102-106.
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