Vor fünf Jahren habe ich hier zum ersten Mal von forensischer DNA-Phänotypisierung (FDP) berichtet und beschloß den Artikel mit der Hoffnung, daß sich
[…] auch der deutsche Gesetzgeber dazu bewegen lassen [wird], die StPO anzupassen und die Einbeziehung von DNA-Polymorphismen, die zur Bestimmung des äußeren Erscheinungsbildes dienen, gestatten.
Dann passierte lange nichts, bis ich vor zwei Jahren, meiner irrigen Hoffnung Ausdruck verlieh, daß angesichts eines Gesetzentwurfs und erster Plenarsitzungen die fällige StPO-Reform nun in greifbare Nähe gerückt sei.
Dann passierte lange nichts, bis kürzlich am 23.10.2019 das Bundeskabinett tatsächlich und endlich den Gesetzesentwurf zur Modernisierung des Strafverfahrens beschloß. Die Änderung der StPO sieht vor, daß künftig auch Haar-, Augen- und Hautfarbe sowie das Alter einer tatverdächtigen Person im Rahmen einer strafrechtlichen Ermittlung aus der DNA ausgelesen werden dürfen. Die wichtige und nützliche und einen Kontext für die anderen o.g. Merkmale liefernde biogeographische Herkunft (BGA) einer Person darf jedoch nach wie vor nicht bestimmt werden. Bei dieser Auslassung dürfte es sich wahrscheinlich um einen politisch- korrekt eingeschüchterten Zurückzuckreflex des Gesetzgebers handeln, womöglich u.a. als Reaktion auf den Aktionismus der Frankfurter Gruppe um Frau Lipphardt, deren Argumente diese hier im Blog auch schon vorgetragen hatte (anderenorts sind ihre (und meine) Stellungnahmen auch noch einmal nachzulesen).
Eine Stellungnahme der Spurenkommission zu „den Möglichkeiten und Grenzen der DNA-gestützten Vorhersage äußerer Körpermerkmale, der biogeographischen Herkunft und des Alters unbekannter Personen anhand von Tatortspuren im Rahmen polizeilicher Ermittlungen“ gibt es hier.
Ich begrüße diese überfällige Anpassung der StPO an Ergebnisse und Fortschritte der forensisch-wissenschaftlichen Forschung und in meinem Labor werden wir nun damit beginnen, diese Methode zu etablieren. Ich erwarte mir von der Anwendung von FDP, wenn in bestimmten Fällen erforderlich und sinnvoll, eine verbesserte und objektivere Strafverfolgung, wozu auch ausdrücklich die Möglichkeit gehört, Personen zu entlasten und aus dem Ermittlungsfokus herauszurücken. Und wenn sich diese Methode, so wie auch seit Langem in den Niederlanden, bewährt und die ersten Rückmeldungen von forensischen Genetikern und Kriminalisten vorliegen, hoffe ich, daß der Gesetzgeber durch Nachbesserung der Reform auch noch die Möglichkeit zur BGA-Bestimmung freigeben wird.
Kommentare (32)