Anhand folgender Diagramme erkennt man, wie heterogen und unsystematisch die Verteilung von DNA-haltigem Backspatter ist. Was man nicht sieht: auch zwischen den einzelnen Replikaten waren große Unterschiede feststellbar, der händische Schußvorgang stellt also ebenfalls eine wichtige Einflußgröße dar.
Und während die DNA-Mengen bunt gestreut waren, ähnelten sich die Wundprofile bis auf jenes vom aufgesetzten Schuß, bei dem jeweils zusätzlich eine Schmauchhöhle entstanden war, so sehr, daß keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden und aus ihnen daher kein Rückschlüsse auf die jeweilige Schußentfernung gezogen werden konnten.
Was macht man nun aus diesen Daten und Erkenntnissen und was lernen wir daraus? Die Abschätzung der Schußentfernung anhand des Spurenbildes ist und bleibt ein kompliziertes Problem. Freihändige Schüsse, selbst wenn von einem erfahrenen Schützen unter kontrollierten Bedingungen ausgeführt, sind ein sehr chaotisches, kaum reproduzierbares Geschehen und desgleichen die durch den Schuß bzw. die Wechselwirkungen von Projektil und Ziel ausgelösten Effekte. Es kann also weder die Auffindbarkeit noch die Abwesenheit (einer bestimmten Menge) von Backspatter sicher einer bestimmten Schußentfernung unterhalb von 50 cm zugeordnet werden und es ist davon abzuraten, die Schußentfernung aus einer quantitativen Backspatteranalyse zu schätzen!
Auch diese Studie hat aber erneut gezeigt, daß Backspatterspuren an verschiedenen Stellen, äußeren wie inneren Oberflächen, von Schußwaffen gefunden und von dort gesichert werden kann und zwar bei allen Schußentnfernungen. Zudem ließ sich aus dem Großteil der gesicherten Backspatter ein vollständiges DNA-Profil des Blut-Donors erstellen. Die Studie unterstreicht damit abermals die Wichtigkeit, Backspatter als Spurenart sehr ernst zu nehmen und alle potentiellen Stellen, wo er auffindbar sein und wichtige forensisch-molekularbiologischer Evidenz liefern kann, bei allen Ermittlungen zu Straftaten mit Schußwunden immer und standardmäßig zu beproben und somit strafrechtliche Ermittlungen regelmäßig um molekularballistische Aspekte zu erweitern!
Ganz wichtig: Auch ein „negatives“ Ergebnis, bzw. dieses Ergebnis, das unsere Hypothese, daß es einen Zusammenhang zwischen Schußentfernung, Backspattermenge und/oder Wundprofil gebe, falsifiziert, ist natürlich wichtig und muß und sollte der wissenschaftlichen Gemeinschaft mitgeteilt werden. Das haben wir getan und so wurde unsere Studie kürzlich im International Journal of Legal Medicine veröffentlicht [2].
____
Referenzen:
[1] Grabmüller, M., Cachée, P., Madea, B., & Courts, C. (2016). How far does it get?—The effect of shooting distance and type of firearm on the simultaneous analysis of DNA and RNA from backspatter recovered from inside and outside surfaces of firearms. Forensic science international, 258, 11-18.
[2] Euteneuer, J., Gosch, A., Cachée, P., & Courts, C. (2020). A distant relationship?—investigation of correlations between DNA isolated from backspatter traces recovered from firearms, wound profile characteristics, and shooting distance. International journal of legal medicine, 134(5), 1619-1628.
_
Kommentare (12)