Schauen wir uns die Ergebnisse an:
Schnelltestbefunde
Es gab tatsächlich positive Ergebnisse bei den Marken von Renc, was nicht nur darauf schließen läßt, daß sie angeleckt wurden, sondern auch zeigt, daß ein Speichelnachweis mit dieser Methode auch nach 100 Jahren noch funktioniert! Bei Rons Marken hingegen waren die Ergebnisse sehr schwach oder negativ. Das könnte darauf hindeuten, daß sie nicht angeleckt sondern auf dem Postamt mittels eines Schwamms befeuchtet wurden.
Autosomale DNA-Befunde
Es war nicht ganz einfach, von den Briefmarken gute DNA-Profile zu bekommen, doch es ist tatsächlich gelungen! Dennoch sind die oben aufgeführten Profile von Renc und Arles Kompositprofile, die sich aus mehreren Replikaten zusammensetzen und wie man sieht, ist Rencs Profil sogar unvollständig, da nicht alle Merkmale rekonstruiert werden konnte. Kein Wunder, bei so alter und degradierter DNA. Für die eine Karte von Ron ist es trotz großer Mühe gar nicht gelungen, ein brauchbares DNA-Profil zu erhalten – vielleicht, weil sie, wie der Vortest andeutet, nicht angeleckt wurde und lediglich DNA von ein paar Hautzellen enthielt. Man mußte also mit dem arbeiten, was man hatte: Das geschulte Auge sieht sofort, daß sich zwei der im Stammbaum postulierten Abstammungsverhältnisse ohne weiteres bestätigen lassen: Die DNA von Rencs Karte stammte wirklich vom Vater von MV, somit war geklärt, daß die Karte wirklich von Renc kam, während MV sicher als Mutter des TV gelten kann. Eine biostatistische Berechnung bestätigt ferner, daß KK und FK Vollbrüder sind. Die Geschwisterschaft Rencs und Arles‘ ist hingegen nicht eindeutig, die entsprechende LR ist lediglich 7, das Ergebnis somit inkonklusiv: wir können anhand dieser Daten nicht sagen, ob Renc und Arles wie angenommen Halb- statt Vollbrüder sind (Renc wäre dann ebenfalls Xavers Sohn). Wir müssen uns die y-chromosomalen Merkmale ansehen.
Y-chromosomale DNA-Befunde
Zur Erinnerung: Y-Chromosomen haben nur Männer und sie werden unverändert (also ohne Rekombination) in der männlichen Linie weitevererbt. Wenn also Renc und Arles von verschiedenen Vätern abstammen, sollten sie unterschiedliche y-chromosomale Merkmale haben, sind sie Vollbrüder, wären ihre Merkmale identisch:
Und hier finden wir den Schlüssel zum Fall und zum Familiengeheimnis: wir sehen zunächst, daß von Ron nur ein paar Merkmale darstellbar waren, von denen auch nicht sicher ist, ob sie von Ron oder einem Postbeamten, der die Marke aufgeklebt hat, stammen. Wir sehen nebenbei auch, daß auch die y-chromosomalen Befunde die Bruderschaft von KK und FK bestätigen. Doch der wichtigste Befund hier ist natürlich, daß Renc, Arles und Sepp identische Y-Chromosomen und damit sehr wahrscheinlich einen gemeinsamen männlichen Vorfahren haben, nämlich den Vater von Xaver und Josef. Mit Hilfe der YHRD (genau, diese superwichtige Datenbank, über wie wir schon sprachen) kann man berechnen, wie selten der gemeinsame Haplotyp ist (kein Treffer in >98.000 Datensätzen) und wie häufig er in der Population geschätzt wird: 2,7 x 10-4, also einmal in 3.750 Männern. Es ist damit 3.750 mal wahrscheinlicher, daß Renc und Arles Vollbrüder statt Halbbrüder sind, die Vollbruderschaftswahrscheinlichkeit beträgt 99,97 % – ein so hoher Wert wird gewöhnlich als ausreichender Beweis angesehen. Damit hätte sich das angebliche Familiengeheimnis als großer Irrtum herausgestellt: es war Xaver, nicht Ron, der zusammen mit Dina den Renc gezeugt hatte.
Doch es gibt noch mehr Daten, nämlich die Analysen von My Heritage:
Wenn wir für Dina und Ron 100 % Aschkenasim-DNA annehmen und für Xaver 0 %, dann sehen wir im blauen Arm (= Ron und Arles sind Vollbrüder) bei den erwarteten Werten (links) für Arles und Renc jeweils 50 %, für MV 25 % und für UR, TV, FK und KK jeweils 12,5 %. Im grünen Arm (= Ron und Arles sind Halbbrüder = Familienlegende) sind es für Renc 100 %, für MV 50% und für UR, FK und KK jeweils 25 % (Arles und UR interessieren hier nicht).
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