Die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (kurz GWUP) ist ein Verein von und für Skeptiker bzw. besser, seit das Wort „Skeptiker“ einen gewissen Hautgout bekommen hat, zur Förderung skeptischen und wissenschaftlich-kritischen Denkens. Sie befasst sich kritisch mit allen möglichen Para- und Pseudowissenschaften und ist vor allem für ihre Kritik an Gesundheitsesoterik wie Homöopathie bekannt (z.B. ist auch das Informationsnetzwerk Homöopathie GWUP-assoziiert).
Die GWUP gibt es schon lange, ich hielt sie immer für gut und wichtig und obwohl ich mich ihren Zielen und Methoden auch stets durchaus verbunden fühlte und fühle, bin ich erst im März dieses Jahres Mitglied geworden. Ich hatte das hier auch kurz verkündet und erklärt, daß ich
„[…] seit ich sie kenne, immer ein GWUP-Sympathisant war, […] [und] schon vor 10 Jahren als offizieller Berichterstatter von der GWUP-Tagung in Köln berichtet [hatte]. Ich war aber nie beigetreten, weil die GWUP ausgerechnet das offensichtlichste skeptische Thema, nämlich Religion, von ihrer Kritik ausgespart hatte; das fand ich immer etwas halbherzig und ich glaube, da wurde auch auf die Befindlichkeiten einiger religiöser GWUPler Rücksicht genommen, was ich natürlich ungünstig und heuchlerisch fand.“
Was hatte sich geändert? Ich war kurz zuvor von einer GWUP-assoziierten und aus GWUP-Mitgliedern bestehenden Gruppe, den „Skeptics in the pub“, für die ich schon einmal aufgetreten war und die mich für einen weiteren Auftritt angefragt hatten, gecancelt worden; auch das hatte ich hier kurz erzählt:
„[…] Jetzt wurde der Auftritt abgesagt und ich ausgeladen, weil ich Mitglied im Netzwerk Wissenschaftsfreiheit bin! #kontaktschuld
Mit anderen Worten: sie canceln einen, weil (!) er Mitglied in einem eingetragenen Verein ist, der sich u.a. gegen Cancel Culture einsetzt.“
Genau mein Humor 🙂 Das Lachen verging mir allerdings, als ich dann (u.a. auf Twitter, das ich sonst zu meiden versuche) feststellte, daß offenbar die Kölner SitP-Truppe keinesfalls bloß eine woke und in ihrer Ideologie nicht repräsentative Splittergruppe der GWUP ist, sondern daß sich diese Geisteshaltung, also der sog. „critical social justice“-Aktivismus (CSJ) schon tief in die GWUP hineingefressen hatte und die entsprechenden Protagonisten offenbar bemüht waren, zu verhindern, daß CSJ als offizielles GWUP-Thema und Gegenstand von Kritik gefaßt wird. Als Gegenposition dazu hatte Martin Mahner, Wissenschaftsphilosoph und GWUP-Urgestein, bereits einen sehr guten und lesenswerten Artikel dazu verfasst, warum CSJ und seine ideengeschichtliche Herkunft aus dem Postmodernismus sehr wohl ein GWUP-Thema ist und sein muß.
Um es noch einmal ganz klar zu sagen: unter critical social justice verstehe ich einen Sammelbegriff für ein ursprünglich auf den Postmodernismus zurückgehendes, diesen aber pervertiert habendes, hochgradig zynisches Weltbild. CSJ-Vertreter denken (oder behaupten wenigstens), daß alle Menschen zueinander in einer Art Machtgefüge angeordnet bzw. gefangen sind und daß Elemente unserer Identität uns in diesem Gefüge mit verschieden guten Zugängen zur Macht positionieren. Wir lernen von Geburt an, unsere Position “auszufüllen” (sie nennen das Performanz), indem wir Macht durch uns selbst als Teil des Systems ausüben, oft ohne zu wissen, daß dieses Gefüge existiere. Indem wir unsere Rollen ausüben, erhalten wir somit die sozialen und kulturellen Vorannahmen aufrecht, die den Zugang zur Macht gewähren oder versperren. Wir sozialisieren uns selbst und andere dazu, die Ungerechtigkeiten des Systems zu akzeptieren, rechtfertigen unseren eigenen Zugang und rationalisieren den Ausschluss anderer. (Hier mal eine Erklärung zum Unterschied zwischen CSJ und Liberalismus).
Dieses hochkomplexe und letztlich zynische Konzept wird ohne jeden Beleg für unanzweifelbar wahr gehalten (während alles andere, insbesondere wissenschaftliche Erekenntnisse als grundsätzlich kontingent, maximal gleichwertig mit individuellen gefühlten Wahrheiten und bei Bedarf zu verwerfen gelten darf), Kritik oder Zweifel daran wird nicht gestattet (und in der Regel mit Exkommunikation bestraft). Darauf gründen inzwischen verschiedene akademische (aber eher unwissenschaftliche, s. Mahners Aufsatz und die grievance studies) Disziplinen, wie “queer theory”, “fat studies”, “critical race theory” usf., die nicht nur keine eigenen grundständigen Daten oder Erkenntnisse liefern, sondern häufig anerkannten, tausendfach bestätigten (z.B. historischen, medizinischen oder naturwissenschaftlichen) Fakten widersprechen.
Kommentare (247)