2017 hatte ich dafür plädiert (und darauf gehofft), daß Deutschland den damals seit den 80er-Jahren unveränderten §81e der Strafprozessordnung (StPO) endlich modernisieren und an neue wissenschaftliche Möglichkeiten anpassen würde. Ende 2019 war es dann endlich soweit, aber, wie üblich für Deutschland, war das, was wir bekamen, nichts Halbes und nichts Ganzes: die gesetzlichen Grenzen der forensischen DNA-Analyse wurden zwar erweitert, schlossen aber immer noch das forensisch und ermittlerisch besonders wertvolle Merkmal der “biogeographischen Herkunft” (BGA) [1] aus.
Ich verlieh meiner Hoffnung Audruck,
daß der Gesetzgeber durch Nachbesserung der Reform auch noch die Möglichkeit zur BGA-Bestimmung freigeben wird.
Das ist jedoch bis heute nicht geschehen und daß die Möglichkeit, die BGA zu bestimmen, 2019 nicht von vornherein in die StPO aufgenommen worden war, hatte keine wissenschaftlich-sachlichen sondern ausschließlich politisch-ideologisch Gründe und ist meiner Einschätzung nach zu großen Teilen der Einwirkung einer bestimmten Aktivistengruppe, die ich mit heutigem Verständnis in der akademisch-identitätspolitischen, crictical-social-justice-Ecke verorten würde, auf die damals politisch Verwantwortlichen zuzuschreiben.
Oder, wie es die FAZ ausdrückte:
Der Anlass, zu dem dieser FAZ-Artikel erschien, war, daß am 18.09.2024 am Institut für Rechtsmedizin in Düsseldorf, ein Symposium der DGRM, UFG (@DGRM) und der Spurenkommission (gehostet von der Fa. Qiagen) mit dem Titel
„Möglichkeiten und Grenzen von erweiterten DNA-Analysen – ohne und unter Einschluss der biogeographischen Herkunft (BGA)“
stattgefunden hatte, an dem auch ich teilgenommen hatte. Neben der FAZ-Reporterin, zahlreichen Fachkollegen aus DACH, Vertretern von Polizei, Staatsanwaltschaften und Justiz war auch der NRW-Innenminister H. Reul anwesend, der ein ermutigendes Grußwort sprach
und sich, wie zuvor sein Parteikollege C. Heinz aus Hessen (ich berichtete), ebenfalls für die Zulassung der BGA-Bestimmung für die Strafverfolgung in Deutschland aussprach. Ein ausführlicher Bericht findet sich hier, aber der disziplinübegreifende allgemeine Tenor war ganz eindeutig die Befürwortung der baldestmöglichen gesetzlichen Zulassung der BGA-Bestimmung in Deutschland.
Besonders Herr Reul hatte sich sehr lobend über die Veranstaltung geäußert, der er wichtige Erkenntnisse und Anregungen abgewonnen habe welche er vermutlich in die Innenministerkonferenz vom 4.-6.12.24 weitertrug. In der Pressemitteilung zu dieser heißt es dann auch:
“Auf Vorschlag Hessens spricht sich die IMK dafür aus, die gesetzlichen Grundlagen auszubauen, um die biogeographische Analyse (BGA) zur Vorhersage der kontinentalen biogeographischen Herkunft einer Person mittels DNA-Analyse für Kriminalisten zu ermöglichen. Dazu erklärte Roman Poseck: „Wir haben auf der Grundlage unserer Initiative Einigkeit über einen Quantensprung in der Strafverfolgung erzielen können. Unsere Ermittlerinnen und Ermittler brauchen moderne Methoden, um Schwerstverbrechern auf die Spur zu kommen. Deshalb ist es richtig, die Möglichkeiten der DNA-Analyse zukünftig auch zur Ermittlung der Herkunft eines Täters zu nutzen. Wir dürfen unseren Kriminalisten keine Befugnisse vorenthalten, wie es auch die Rest-Ampel mit der IP-Adressenspeicherung tut. Hier geht es auch um die Glaubwürdigkeit und Handlungsfähigkeit des Staates. Eine weitere Ermittlungsmöglichkeit, um schwerste Verbrechen wie Mord, Totschlag und Raub aufzuklären, ist die Vorhersage der Herkunft einer Person aus einer Weltregion. Die sogenannte biogeographische Analyse kann der zielgerichteten polizeilichen Ermittlungsarbeit helfen, eine große Zahl an Spurenverursachern auf eine kleinere Personengruppe einzugrenzen. In der Schweiz und Österreich zum Beispiel, ist dies bereits möglich und hat in der Praxis bereits Ermittlungserfolge beschert. Es ist wichtig, dass wir diese Möglichkeit auch in Deutschland schaffen. Mit der BGA kann die Analyse von Haar-, Haut- und Augenfarben sowie des Alters einer Person, für deren Bestimmung es bereits seit 2019 eine Rechtsgrundlage gibt, präzisiert werden. Die IMK ruft das Bundesinnenministerium dazu auf, sich innerhalb der Bundesregierung dafür einzusetzen, die BGA mittels einer entsprechenden Rechtsanpassung in Deutschland ebenfalls zu ermöglichen. Dies wäre ein weiterer Schritt für mehr Sicherheit in Deutschland.“ (fett von mir)
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