Es wurde hier schon über das Abkommen zwischen der Europäischen Union und den USA berichtet, welches den USA weiterhin Zugang zu den Banktransferdaten der Society for Worldwide Interbank Financial Communications (SWIFT) geben würde. Gestern am 1. Februar trat der Vertrag in Kraft. Geändert hat sich aber nichts. Dies nicht zuletzt dank der Ratifizierung des Vertrags von Lissabon.

Schon in meinem Eintrag von Ende Juli habe ich auf den Zusammenhang mit dem Vertrag von Lissabon hingewiesen. Nun ist dieser tatsächlich ratifiziert und seit dem 1. Dezember 2009 in Kraft. Das heisst, dass das Parlament bei solchen Themen ebenfalls ein Wörtchen mitzureden hat und es tut dies tatsächlich. In der Regel mehr sensibilisiert auf Fragen des Datenschutzes steht die Mehrheit der Parlamentarierinnen und Parlamentarier der Sache äusserst kritisch gegenüber.

Vorschaubild für SWIFT_HQ.jpg

SWIFT Hauptquartier in Belgien (Bildquelle: www.swift.com)

Aus diesem Grund hat SWIFT nun den US Zugriff auf die Daten verweigert. Der Vertrag ist in Kraft, aber er wird von SWIFT nicht ausgeführt mit der Begründung, dass keine rechtliche Grundlage bestehen würde. Das Europäische Parlament wird am 10. Februar über den Vertrag abstimmen und es sieht nicht gut aus. Adam Szubin, Direktor des US amerikansichen Office of Foreign Assets control im Finanzministerium lobbiert nun zwar bei den EU Parlamentarieren und benutzte gegenüber der Financial Times die Terrorkeule als Argument:

Every day without an agreement is a day we don’t have access to data that could provide leads on tracking terrorists and their supporters,” he said. “It is unique data not available from other sources. It is highly reliable.

Das wird vermutlich nicht reichen um das Europäische Parlament umzustimmen.

Ursprünglich wurde die Daten des in den Niederlanden stehende Rechenzentrums aus Sicherheitsgründen in den USA gespiegelt. Dies ermöglichte erst den Zugriff der US Behörden. Inzwischen wird die Spiegelung in der Schweiz vorgenommen. Die Versuchung dürfte für die USA nun gross sein, sich auf bilateralem Weg durchzusetzen. Das fehlte den Schweizerinnen und Schweizern noch. Gerade jetzt wo die Krisenstimmung einen vermeintlichen Höhepunkt erreicht hat (man streitet sich im Moment über Bankdaten mit den USA, Frankreich und Deutschland) soll noch eine weitere Front eröffnet werden. Anderseits könnte es natürlich ein willkommener Verhandlungschip sein. Der eine oder andere wünscht sich aber vielleicht doch plötzlich einen grossen EU Bruder hinter dem man sich verstecken könnte.

Und da wir schon hämische Bemerkungen machen: Ein zumindest ein Teil der Deutschen Regierungskoalition ist konsequent (man war zerstritten betreffend der SWIFT Frage): Gestohlen oder legal, die Staatsräson heiligt anscheinend immer die Einschränkung des Datenschutzes.

Kommentare (8)

  1. #1 simoncolumbus
    Februar 3, 2010

    Ich wundere mich ein wenig über die verkürzte Darstellung des Falles hier (einfach, weil ich das von dir anders gewohnt bin). Ich denke, insbesondere für die Bedeutung des Vertrages von Lissabon muss man etwas weiter ausholen. Schließlich wurde das SWIFT-Abkommen am 30. November verabschiedet und das Parlament darf nur aufgrund von durch einzelne Länder eingereichten Vorbehalten mitreden.
    Auch die Querelen um die Verzögerung der Verabschiedung und die Frage, ob das abkommen am 1. Februar überhaupt schon in Kraft treten durfte könntest du mit deinem fachlichen Hintergrund sicher gut beleuchten.

  2. #2 Ulrich
    Februar 3, 2010

    Die Terrorkeule ist auch ein Totschlagargument 🙂

  3. #3 ali
    Februar 3, 2010

    @simoncolumbus

    Der Post ist auch mehr als follow-up zu meinem letzten Post zum Thema gemeint als ein Beitrag zum Vertrag von Lissabon. Ich finde es jedoch eine schöne Illustration wie mehr Macht für das Parlament, weg von den nationalen Regierungen positive (zumindest in meiner Sicht der Dinge) Auswirkungen haben kann. Aber der Vertrag von Lissabon ist natürlich noch vieles anderes.

    Ich habe das Hickhack um die prozeduralen Fragen offen gesagt auch weniger genau mitverfolgt da dies während meines Aufenthaltes in DC war (wenn wir denn das selbe meinen). Es war also eher Unwissenheit als Mangel an Präzision. Ich bin mir ausserdem nicht so sicher ob ich wirklich kompetent wäre für eine rechtliche Einschätzung. Aber vielleicht möchtest/ und kannst du noch ein wenig ausführen?

    @Ulrich

    Demnächst: Toschlagargumente Folge III-VI: Baseballbat, Cricketbat, Bratpfanne und Holzknüppel.

  4. #4 Christian Reinboth
    Februar 4, 2010

    …dank dem Lissabon Vertrag

    …leider nicht dank der FDP, wie ich anzumerken versucht bin.

  5. #5 Touni
    Februar 4, 2010

    Was hast du immer mit der EU? Hinter der EU verstecken…damit wir so werden, wie der Rest des EU-Raum allen voran Deutschland? Zuerst wird die EU mit ihrem grossen Euro-Experiment untergehen bevor wir beitretten!

  6. #6 ali
    Februar 4, 2010

    @Touni

    Wenn die Schweiz etwas gelernt haben sollte in den letzten Monaten, dann ist es, dass es hilfreich sein kann auf dem internationalen Parkett Allierte zu haben die etwas mehr Gewicht in die Waagschale werfen müssen. Das kriegt man natürlich nicht ganz umsonst (wobei ich persönlich denke in diesem Fall eigentlich fast, zumindest verglichen mit dem Status Quo).

    Ich sehe im Moment wenig Anzeichen, dass das ‘grosse Euro-Experiment’ am untergehen ist. Das entspricht wohl eher deinem Wunschdenken. Da müssen wir noch eine ganze Weile mit einem Beitritt warten aber das ist ja was du willst.

  7. #7 simoncolumbus
    Februar 4, 2010

    @ali

    ich habe diverse sachen für netzpolitik.org darüber geschrieben. einen rundumschlag bietet leider keiner der artikel, aber dieser hier beleuchtet einen großen teil des geschehens.
    leider kann ich bestimmte fragen nicht einschätzen und muss mich daher auf die aussagen anderer verlassen. in vielen fragen gab es eine ganze reihe unterschiedlicher positionen (etwa, ob das swift-abkommen in kraft treten kann, solang das ep noch nicht zugestimmt hat).

  8. #8 ali
    Februar 4, 2010

    …leider nicht dank der FDP, wie ich anzumerken versucht bin.

    Nein, sie hat sich nicht mit Ruhm bekleckert dabei und sich alle Mühe gegeben Nein zu sagen und gleichzeitig sicherzustellen, dass dies keine direkten Konsequenzen hat. Eine beliebte Strategie, geht manchmal halt in die Hose.