eine E-Mail, naja, mir und insgesamt 79 anderen Opfern Adressaten, die meisten von der medizinischen Fakultät der Uni Tübingen, viele vom ZDF (darunter Herr Lanz) aber auch einige vom Softwarehersteller Noldus in den Niederlanden sowie dem Journalismusportal KenFM.de:
Der Autor der Mail ist Bernd van Straelen, ein Mitglied der Humanwirtschaftspartei, der öfters solche Massenmails versendet (ich bin auch nicht der erste, der darüber berichtet) und darin meist wissenschaftsskeptische und dem Impfleugnertum zugehörige Standpunkte vertritt, wodurch sich auch seine geistige Nähe zu Gestalten wie Herrn Lanka erklärt. Diese war übrigens bei weitem nicht die erste Mail, die ich (und jeweils eine große Menge mehr oder weniger zufällig zusammengewürfelte Anderer, meist Universitätsangehörige) von dem Herrn erhalten habe.
Diesmal aber hat er sich auch mit der forensischen Genetik angelegt, denn unter dem Betreff “Das Märchen vom “Genetischen Fingerabdruck“?” schreibt er:
“… In Zusammenhang mit vier Taten – in Stuhr, Wolfsburg, Hildesheim und Cremlingen –
stellten die Ermittler DNA-Spuren sicher, die den Ex-RAF-Mitgliedern zugeordnet werden konnten. …”
Sehr geehrte Damen und Herren,
lesen Sie bitte hier, wie so eine Zuordnung (siehe oben) vonstatten geht; auf Seite 7:
“… So ist es denn auch kein Wunder, dass beim sog. Genetischen Fingerabdruck bis heute noch keine Studie publiziert wurde, in der die Eichung eines sog. Gentests an 1000 Blutproben bewiesen wurde, d.h. dass z.B. 1000 Blutproben geteilt worden wären und es einem Labor gelungen wäre, die Blutproben mittels eines Gen-Tests wieder zuzuordnen. …;… Mit dem genetischen Fingerabdruck wird dreist verbrecherisch die Leistungsfähigkeit der Gen-Technik vorgelogen. Mit biologisch existierenden Tatsachen stehen diese Tests in keinem Zusammenhang. …”
(gentechnik-dr-lanka.pdf)
„Die Schriftsteller können nicht so schnell schreiben, wie die Regierungen Kriegemachen; denn das Schreiben verlangt Denkarbeit.“
Bertolt Brecht
(Positives und negatives Wissen.pdf)
“… Gesundheit und Frohsinn sei auch mit dabei. …”
(Volksgesundheit.pdf)
Mit freiwirtschaftlichen Grüßen
Bernd van Straelen
Ich sah, dass den meisten die Wissenschaft nur etwas ist, insofern sie davon leben, und dass sie sogar den Irrtum vergöttern, wenn sie davon ihre Existenz haben.
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
(Anmerkung CC: die fettgedruckten pdf-Dateien befanden sich im Anhang der Mail)
Tja. Was soll man dazu sagen? Alle Spinner-Mail-Trademarks sind dabei: wirres Gefasel, wirre Zitate anderer Spinner, Zitate berühmter Literaten, die vermutlich irgendeinen Standpunkt illustrieren sollen, wüste Pamphlete als pdfs im Anhang. Kennt man alles. Man könnte sich fragen, warum die Spinner eigentlich immer soviel Zeit haben (s. eine andere Mail, die ich erhielt). Haben die nichts zu tun? Z.B. Käfer fangen, benennen, ihnen von ihren liebsten Verschwörungstheorien erzählen und sie dann in einem Schuhkarton zusammen mit zerbrochenem Glas und Rotz (oder was man sonst so hortet) unter dem Bett aufbewahren?
Ich habe mich jedenfalls gewundert, daß in Spinnerkreisen jetzt offenbar auch die forensische Genetik bzw. das Erstellen von DNA-Profilen in den Fokus des Interesses gerückt ist. Aufhänger war ja wohl der Spiegelartikel über Ermittlungen zu RAF-Verbrechen, im Rahmen derer DNA-Spuren auf Asservaten dreien der Verbrecher zugeordnet werden konnten. Standard. Routine. Nichts aufregendes. Für den Herrn van Straelen aber doch Grund genug, ausgerechnet aus einem Lanka-Pamphlet eine Stelle zu “Gen-Tests” zu zitieren.
Ich mache mir jetzt hier mal den Spaß, die betreffende Passage komplett durchzugehen, vielleicht hat Herr Lanka ja berechtigte Kritik an unseren Methoden. Ich zitiere aus einem pdf-Dokument namens “Gentechnik Dr. Lanka” ab Seite 7:
So ist es denn auch kein Wunder, dass beim sog. Genetischen Fingerabdruck
den “sogenannten” genetischen Fingerabdruck nennt man schon lange nicht mehr so. Die Bezeichnung kommt noch aus Zeiten der RFLP-Analysen und ist heute nicht mehr gebräuchlich.
bis heute noch keine Studie publiziert wurde, in der die Eichung eines sog. Gentests an 1000 Blutproben bewiesen wurde, d.h. dass z.B. 1000 Blutproben geteilt worden wären und es einem Labor gelungen wäre, die Blutproben mittels eines Gen-Tests wieder zuzuordnen.
Warum 1000? Warum nicht eine Trillion? Wenn Herr Lanka sich die Mühe gemacht hätte, nachzusehen, wäre ihm eventuell aufgefallen, daß es Hekatomben von Validierungsstudien zur forensischen DNA-Profilerstellung gibt, die, alle zusammen genommen, viel mehr als 1000 korrekt zugeordnete Proben umfassen. Außerdem blicken wir inzwischen auf zahlreiche weltweite Anstrengungen zur Desaster-Victim-Identification (DVI) zurück, im Rahmen derer viele Tausend Verstorbene korrekt identifiziert wurden, viele Hundert davon allein vom DVI-Team des BKA. Die Profile, mit denen wir standardmäßig arbeiten, haben überdies eine Seltenheit, die um zahlreiche Größenordnungen kleiner ist, als 1:1000. Was sollte also so ein Test mit 1000 Proben bringen?
So werden dann nach außen nur Wahrscheinlichkeiten behauptet, mit der ein Gen-Test zwei Proben einander zuordnen könnte.
Ich höre immer “nur”! Mit einer ziemlich genauen, mathematisch belastbaren Wahrscheinlichkeit sagen zu können, ob eine biologische Spur von einer bestimmten Person stammt, ist verdammt gut und alle anderen forensischen Identifikationstechniken müssen sich am Goldstandard der DNA messen.
Medial wird der Menschheit der Gen-Test ins Unterbewusstsein gehämmert, indem laufend über Gefangene berichtet wird, die nach langen Jahren freigelassen wurden, nachdem der Gentest bewiesen hätte, dass ihre DNS nicht zu der am Ort des Verbrechens oder am Verbrechensopfer gefundenen DNS-Probe
gepasst hätte.
Äh, ja? Lanka sagt das, als wäre das etwas schlechtes. Und was soll der Konjunktiv? Tatsächlich hat das Innocence-Projekt durch nachträgliche DNA-Beweise schon zahlreiche Unschuldige aus dem Gefängnis befreit und ich wette, daß ein Herr Lanka, säße er unschuldig im Knast, am lautesten nach einer entlastenden DNA-Untersuchung schreien würde.
Mit dem genetischen Fingerabdruck wird dreist verbrecherisch die Leistungsfähigkeit der Gen-Technik vorgelogen. Mit biologisch existierenden Tatsachen stehen diese Tests in keinem Zusammenhang.
Es fehlt wohl eher der Zusammenhang zwischen der Realität und Lankas Gefasel hier. Mir gefällt auch die “Logik” darin: DNA-Tests funktionieren, wie wir wissen, sehr gut und diese Tatsache (!) wird also benutzt, um “dreist verbrecherisch die Leistungsfähigkeit der Gen-Technik” vorzulügen 😀
Was Gen-Technik dagegen kann ist, künstlich beliebige Mengen und Kombinationen an DNS herzustellen, die dann im Gen-Test, wie der Zufall es so will, tatsächlich eine sogar sehr große Wahrscheinlichkeit zu einer beliebigen Blut- oder sonstigen Probe hat.
Dieser Satz ergibt weder inhaltlich noch grammatisch irgend einen Sinn. Aber gut, greifen Sie mal einem nackten Mann….
Was bedeutet, dass es kein Problem ist, jeden Menschen mit hoher Wahrscheinlichkeit als Quelle einer Blut- oder Speichelprobe zu behaupten.
Dieser völlig ignorante Satz läßt zumindest erkennen, daß man Herrn Lanka zuverlässig mit hoher Wahrscheinlichkeit als Qulle unzusammenhängenen, kenntnislosen Gefasels “behaupten” kann.
Was Gen-Technik auch kann ist, das, was genetisch als HIV patentiert wurde, in jedem Menschen nachzuweisen.
Stellt sich nur noch die Frage, wer nochmal das Patent auf HIV hält. Die Juden? Die Rosenkreuzer? Die Reptiloiden? Jüdische Rosenkreuzer-Reptioliden?
Das Blut eines jeden Menschen kommt beim sog. Virus-Last-Test, der die Anzahl der HI-Viren im Blut behauptet, immer positiv aus dem Labor zurück!
Klar, wer hätte je von einem negativen HIV-Test gehört!? Ich als jahrelanger und offenbar HIV-positiver Blutspender weiß, wovon ich rede 😀
Die Bild-Zeitung versuchte am 17.4.1993, als der HIV/AIDS-Betrug öffentlich zu werden drohte, mit der Titel-Story, dass nun entdeckt worden sei, dass jeder Mensch das HIV in sich tragen würde, den drohenden AIDS-Skandal abzufedern.
Logo, die Bild-Zeitung ist ja bekannt für guten Investigativjournalismus und dafür, Skandale “abzufedern”. Angespielt wird auf eine angebliche Entdeckung von Paul Racz, daß das HI-Virus im menschlichen Genom endogen vorhanden sei. Das ist selbstverständlich Unsinn und Racz hat nichts dergleichen behauptet oder publiziert, aber hey, Hauptsache, die Bild-Zeitung als Quelle für eine Behauptung zitieren, gelle, Lanka?
Tja und so endet auch schon die Passage, die den Nachweis der Unwissenschaftlichkeit der “Gen-Tests” und des “Genetischen Fingerabdrucks” enthalten sollte.
Also mich hat’s überzeugt. Morgen schmeiße ich den Job hin 😀
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