Nur noch wenige Tage bis zum wichtigsten Urnengang des Jahres. Grund genug um erneut einen Blick in die Wahlprogramme zu werfen. Heute: Umwelt- und Klimaschutz.

Der Ordnung halber sei eingangs noch erwähnt, dass einige der aufgeführten Punkte aus meiner Sicht eher anderen Bereichen (Tierschutz, Verkehrspolitik etc.) zuzuordnen wären – da sie in den Wahlprogrammen jedoch unter “Umweltschutz” subsumiert wurden, habe ich diese Zuordnung einfach mal übernommen. Alle die Atomkraft betreffenden Punkte in den Umweltschutzforderungen habe ich dagegen bewusst weggelassen, da ich die Positionen der Parteien zu dieser Thematik hier bereits ausführlich verglichen habe.

Christlich Demokratische Union (CDU)
Christlich Soziale Union (CSU)

  • Verbindliches Kyoto-Plus-Abkommen mit den USA
  • Zulassung einer Million Elektrofahrzeuge bis 2020
  • Investitionen in die Sicherung der Wasserressourcen
  • Verstärkter Schutz für das Wattenmeer und die Alpen
  • Senkung der Feinstaubwerte durch Ausbau des ÖPNV
  • Förderung der Umwelttechnologie als Exporttechnologie
  • Steigerung der Energieeffizienz um 50% bis 2020 (Basis 1990)
  • Reduzierung der CO2-Emissionen um 40% bis 2020 (Basis 1990)
  • Einführung eines markwirtschaftlich orientierten Emissionshandels
  • Durchsetzung eines umfassenden internationalen Walfangverbots
  • Durchsetzung einer EU-weiten Begrenzung der Tiertransportzeiten
  • Weiterentwicklung des Emissionshandels zu einem globalen System
  • Stärkung des ehrenamtlichen Engagements in den Naturschutzverbänden
  • Steigerung des regenerativen Energieanteils auf 30% bis 2020 (Basis 1990)
  • Harmonisierung der europäischen Umweltstandards nach Verbraucherprinzip

Money Quote:

Wir brauchen einen „Umweltpakt Deutschland” als eine neue Form der Partnerschaft zwischen Wirtschaft und Staat in den Schlüsselfragen von Ökologie und Ökonomie. Unser gemeinsames Ziel ist es, wirtschaftliches Wachstum in einer intakten Umwelt jetzt und für künftige Generationen zu sichern.

https://cdu.de/doc/pdfc/090628-beschluss-regierungsprogramm-cducsu.pdf

Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

  • Europaweite Einführung von Tierschutzsiegeln
  • Schaffung des ersten Meeresnationalparks bis 2012
  • Förderung neuer Produkte an deren Recyclingfähigkeit binden
  • Aufbau eines kommunalen Zertifikathandels für die Flächennutzung
  • Erneuter Versuch, das gescheiterte Umweltgesetzbuch zu verabschieden
  • Nationales Programm zum Schutz von Auen, Mooren und anderen Feuchgebieten
  • Emissionsgrenzwerte für Stickoxide und Staub in Industrie und Gewerbe absenken

Money Quote:

Unsere natürlichen Lebensgrundlagen sind ein öffentliches Gut, das vor zu starker Inanspruchnahme geschützt werden muss. Der Naturschutz in Deutschland, in Europa und in der Welt muss in den nächsten Jahren weiter deutlich verstärkt werden. Dies ist eine ethische Verantwortung. Aber nicht nur die Natur wird davon profitieren, sondern auch die Wirtschaft: Der Schutz und die nachhaltige Nutzung der Biodiversität stiften großen volks- und betriebswirtschaftlichen Nutzen.

https://www.spd.de/de/pdf/parteiprogramme/Regierungsprogramm2009_LF_navi.pdf&title=&lnkname=material–/de/pdf/parteiprogramme/Regierungsprogramm2009_LF_navi.pdf

Freie Demokratische Partei (FDP)

  • Erhalt der vorrangigen Netzeinspeisung aus dem EEG
  • Mehr Wettbewerb zwischen den erneuerbaren Energien
  • Reduktion der CO2-Emissionen um 60 bis 80% bis 2050
  • Post-Kyoto-Abkommen mit den USA, Russland und China
  • Schaffung eines globalen Handels mit CO2-Emissionsrechten
  • Reduktion der CO2-Emissionen um 30% bis 2020 (Basis 1990)
  • Aufbau eines Stromverbunds mit Nordafrika (DESERTEC-Projekt)
  • Allgemeine Zulassung des Buslinien-Fernverkehrs im Bundesgebiet
  • Aufsetzung von Pilotprojekten zur CO2-Abscheidung und -Lagerung
  • Ausdehung des Emissionshandels auf den Verkehr- und Wärmesektor
  • Projekte zur Armutsbekämpfung zur Verringerung der Urwald-Abholzung
  • Stärkere Unterstützung von Klimaschutzvorhaben in Entwicklungsländern
  • Steigerung des regenerativen Energieanteils auf 20% bis 2020 (Basis 1990)
  • Ex-situ-Schutz für bedrohte Arten (Arterhaltung in Gendatenbanken und Zoos)
  • Herstellung der ökologischen Durchlässigkeit von Flüssen durch Fischaufstiege

Money Quote:

Ein Ziel jeglicher Biodiversitätsstrategien ist es, die Vielfalt genetischer Informationen zu erhalten. Verschiedene Pflanzenarten kommen nur noch in wenigen Exemplaren vor. Für diese Arten ist der Erhalt in Genbanken oder in Botanischen und Zoologischen Gärten zwingend. Nur durch einen solchen Ex-situ-Schutz außerhalb ihres Vorkommens in der Natur wird der Erhalt der Art in ausreichender innerartlicher Diversität zur Vermeidung von Inzucht gewährleistet.

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Kommentare (8)

  1. #1 Fischer
    24. September 2009

    Ist ja schön und gut, dass das alles in den Parteiprogrammen drinsteht, aber Papier ist halt geduldig.

    Der entscheidende Punkt ist doch, dass die ganze Bande im Ernstfall eben doch wieder vor Sachzwängen und Partikularinteressen auf die Knie fällt. Siehe z.B. unsere potemkinsche Klimakanzlerin, deren Engagement sich darauf beschränkt, sich vor nem Eisberg fotografieren zu lassen, oder wahlweise die SPD mit ihrer Abwrackprämie. Ganz abgesehen davon dass beileibe nicht nur Vorschäge der Linken völlig unrealistisch sind.

    Wenn man aus der Liste oben den Unsinn rauskramt und vorhersehbare Zugeständnisse an diese oder jene Interessengruppe subtrahiert, bleibt da verdammt wenig Substanz übrig.

  2. #2 Christian Reinboth
    24. September 2009

    @Fischer: Das halte ich doch nun für eine zu kritische Sicht auf die Politik. Die Programme fallen immerhin nicht einfach vom Himmel oder werden irgendwie zusammengeschrieben (frei nach dem Motto: “Was hört sich denn gut an?”), sondern sind das Ergebnis oft sehr langwieriger parteiinterner Prozesse. Ich halte es für falsch anzunehmen, dass hiervon nichts (oder nur wenig) umgesetzt wird – ich denke da zum Beispiel an das EEG und die Umwälzungen, die dieses Gesetz im Bereich der regenerativen Energietechik bewirkt hat, oder an den von Rot-Grün vereinbarten Atomausstieg. Ich würde zwar bei denen kein Kreuz machen, halte den Ausstieg aber trotzdem für eine große Leistung, die gegen ganz erheblichen Lobby-Widerstand durchgesetzt wurde (und noch immer gegen diesen verteidigt wird).

    Wenn ich mir beispielsweise die Forderungen der Union ansehe (dort traue ich mir noch am ehesten ein Urteil zu), finde ich kaum Unrealistisches. Die Offensive im Bereich “Elektroautos” ist überparteilich politisch gewollt und wird kommen – nicht nur aus Gründen des Umweltschutzes. Förderung des ehrenamtlichen Engagements, Forderung nach Walfangverbot, Förderung von Umwelttechnik-Exporten – alles keine Versprechungen, die nicht einzuhalten wären oder bei denen es einen Grund zu der Annahme gäbe, dass sie nur zum Schein im Programm stehen. Die Programme von FDP und Grünen sind hinsichtlich der Umweltpolitik streckenweise sogar so konkret, dass einiges an Ausschussarbeit dahinterstecken dürfte – und die Mühe macht sich keine Partei umsonst oder nur um ein schönes Ziel im Programm zu haben – solche Ziele sollen dann nach der Wahl auch umgesetzt werden.

    Skeptisch bin ich soweit es die Unions-Forderungen angeht im Grunde nur bei der Regelung der Tiertransportzeiten (mit Arbeitsplatzabbau drohende Lobby) und beim Klimaschutzabkommen mit den USA (da habe ich auch bei Obama Zweifel) – sonst sehe ich da nichts, was nicht realistischerweise auch umgesetzt werden könnte.

    Probleme sehe ich da eher bei den von Dir unterstützen Piraten. Mal abgesehen davon, dass sie sich in Sachen Datenschutz und Netzsperren für die richtigen Ziele einsetzen, fehlt ihnen in den meisten Punkten ein Programm – und das vier Tage vor der Wahl. Was passiert denn, wenn der Wahlkampf tatsächlich ein Erfolg wird, und die Piraten mehrere Mandate erringen können? Stimmen die Abgeordneten dann nur ab, wenn es um Datenschutz geht und enthalten sich in 99% aller Abstimmungen? Oder wird jedes Thema vorher kurzfristig innerparteilich abgestimmt?

    Ich bezweifele stark, dass so ein Modell funktionieren kann – es hat schon gute Gründe, warum es solche Programme gibt, auch wenn – wie Du richtig schreibst – längst nicht immer alles davon umgesetzt wird. Aber auch dafür sind Programme da – um auch nach Jahren nochmal einen prüfenen Blick hinein werfen und fragen zu können, was denn nun wirklich umgesetzt wurde. Ohne Ziele gibt es natürlich auch keine Versprechungen, die gebrochen werden könnten…

    Im übrigen würde auch ich mir mehr konkrete Ziele im Bereich Umwelt- und Klimaschutz und mehr Widerstand gegen Partikularinteressen wünschen – und zwar quer durch alle Parteien. Mehr nachhaltiges Denken in der Politik werden wir aber leider erst erleben, wenn der Gedanke der Nachhaltigkeit auch beim Wähler eine größere Rolle spielt – das sind nun mal – leider – die Gesetze des “Polit-Marktes”.

  3. #3 Henning
    24. September 2009

    Wieso ist denn der Link zu Till über Google umgeleitet?

  4. #4 TATsache
    24. September 2009

    Ich machs ganz kurz. Da wir noch genügend Zeit haben, uns den Kopf darüber zu zerbrechen, sollten wir uns den Themen doch mehr widmen… https://loom.tv/channel.php?c=19242.
    Übrigens, handeln hilft!

  5. #5 Spaceman Spiff
    24. September 2009

    Kontraproduktiver Naturschutz

    Sehr schade finde ich dass gerade diejenigen Parteien welche sich den Naturschutz besonders gross auf die Flage (oder in den Namen) schreiben sich scheinbar nicht sehr sachlich mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Denn Punkte wie:
    •Konsequentes “Nein” zur Grünen Gentrechnologie
    •Generelles Verbot aller Tierversuche
    •Keine staatlich geförderten Experimente mit CO2-Endlagertechnologien (CCS)
    •Förderung von Forschungsvorhaben im Bereich Elektrosmog
    •Ausstieg aus der “Sackgasse Biosprit”
    Sind kontraproduktiv (CO2 Sequestrierung, Gentechnologie oder leiten viel Politisches engagement in unbedeutende oder wissenschaftsfeindliche aber klimapolitisch unbedeutende Gebiete (Elektrosmog, Tierversuche)

    Wirklich schade, denn ich glaube sehr wohl dass diesen Leuten die Natur sehr am Herzen liegt, doch mit solch blindem Aktivismus und Naiver Technikfeindlichkeit schiesst man sich ins eigene Bein.

  6. #6 Christian Reinboth
    24. September 2009

    @Henning: Gute Frage – ich habe keine Ahnung. Ist aber bereits korrigiert. Danke für den Hinweis.

  7. #7 Fischer
    24. September 2009

    @Christian:
    Dass die Piraten derartige Themen nicht besetzen, sehe ich nicht als Problem. Im Gegenteil, sie haben damit das inhaltlich klarste Mandat aller Parteien.
    Außerdem denke ich, dass du als Partei-Aktivist ein bisschen Betriebsblind bist, was die Notwendigkeit universeller inhaltlicher Festlegungen in Parteien angeht.

    Dass eine Partei zu jedem Thema eine Kollektivmeinung haben müsse, ist keine demokratische, sondern eine rein wahltaktische Annahme. Es ist überhaupt kein Problem, dass eine Partei die Abgeordneten frei nach ihrem Gewissen abstimmen lässt. Im Gegenteil, das sollte der Normalfall sein. Das sind ja Fraktionen und nicht die Borg.

    Was die einzelnen Punkte aus den Wahlprogrammen angeht, bin ich im Grunde doppelt pessimistisch. Einmal was die Umsetzung angeht, zum anderen aber auch wegen des Flickenteppich-Charakters dieser Pläne. Beispiel: Die CDU verspricht mal eben 50% mehr Energieeffizienz und 40% weniger CO2 – will aber im gleichen Zeitraum lediglich eine Million Elektroautos auf die Straße bringen. Ja was denn nun? Meinen wir’s ernst oder meinen wir’s nicht ernst? Und wie ernst wiederum die SPD den Schutz von Feuchtgebieten und Auen nimmt, da gab es in der Vergangenheit auch wechselnde Erfahrungen.

    Mag ja sein, dass hier und da punktuell mal was funktioniert hat, was sinnvoll war. Ich sehe da keine langfristigen Konzepte und nicht mal den Versuch einer aktiven Steuerung von Veränderungen über wohlfeile Subventionen hinaus.

  8. #8 Christian Reinboth
    24. September 2009

    @Fischer: Eine gewisse Betriebsblindheit will ich ja gar nicht abstreiten, ich sehe es aber durchaus als großes Problem an, wenn eine Partei zu entscheidenden Punkten überhaupt keine Standpunkte vertritt. Ist eine Stimme für die Piraten eine Stimme für oder gegen den Atomausstieg? Für oder gegen den Mindestlohn? Für oder gegen einen Einsatz der Bundeswehr im Irak? etc. pp. Natürlich soll der einzelne Abgeordnete im Parlament nach seinem Gewissen entscheiden – und es ist durchaus richtig, dass die Fraktionsdisziplin hier in manchen Fällen etwas zu weit greift. Aber es sollte doch zumindest eine generelle Ausrichtung der Partei hinsichtlich wichtiger Sachverhalte erkennbar sein. Ist dies nicht der Fall, weiß der Wähler ja überhaupt nicht, wofür und wogegen er eigentlich abgestimmt hat, abgesehen vielleicht von ein paar wenigen klar benannten Sonderthemen. So kann das unmöglich funktionieren…

    Ich bin mir ziemlich sicher: Wenn es die Piraten zur nächsten Wahl 2013 noch gibt (momentan sehe ich die Chancen für eine Selbstzerfleischung mit anschließendem Absturz in die Bedeutungslosigkeit bei etwa 50%), werden sie mit einem wesentlich umfassenderen Programm antreten müssen. Ein “lasst euch überraschen, wie unsere Mandatsträger das spontan für sich entscheiden” ist unmöglich durchzuhalten.

    Zum Thema SPD und Feuchtgebiete liegen mir keine besonderen Erkenntnisse vor, vielleicht habe ich da aber auch etwas verpasst. Soweit es die Forderungen nach einer CO2-Reduktion seitens der Union betrifft steht ja nicht im Programm, dass diese ausschließlich oder zu großen Teilen über den Straßenverkehr erreicht werden sollen (in Deutschland bekanntlich sowas wie eine heilige Kuh und daher stets mit äußerster Vorsicht zu behandeln). Langfristig halte ich das Elektroauto ohnehin für eine Sackgasse – wenn wir das jetzige Niveau des Individualverkehrs zukünftig mit Elektroautos bestreiten wollen, müssten vermutlich noch zig zusätzliche AKW gebaut werden. Spätestens wenn jeder Inder oder Chinese auch ein Elektroauto haben will, ist dann das Ende der Fahnenstange erreicht. Langfristig besteht die einzige Option daher ohnehin in der Reduzierung des Individualverkehrs, was man auch in jeder Partei genau weiß. Nur will es sich natürlich niemand auf die Fahnen schreiben – womit wir wieder beim Thema Nachhaltigkeit in der Politik angekommen wären…