In meinem 50tägigen Countdown zum 50. Jubiläum der Mondlandung ging es 31 Tage lang um den Mond. Heute möchte ich was über MOND erzählen, was zwar gleich geschrieben wird, aber doch ein bisschen etwas anderes ist. “MOND” ist ein Akronym das für “MOdifizierte Newtonsche Dynamik” steht. Also eine alternative Beschreibung der Gravitation die als eine mögliche Lösung für das Problem der Dunklen Materie ins Spiel gebracht wurde.
Ganz kurz erklärt (eine ausführliche Beschreibung der dunklen Materie findet ihr hier) geht es bei der dunklen Materie darum, dass wir seit fast 100 Jahren Beobachtungen machen immer das gleiche zeigen: Die Dinge im All bewegen sich ein klein wenig anders als sie es tun sollten. Das kann zwei Gründe haben: Entweder wir haben bei der Betrachtung der Bewegung den Einfluss von Materie nicht berücksichtigt und das deswegen weil diese Materie sich den üblichen Detektionsmethoden entzieht. Oder aber die Art und Weise wie wir aus der Gravitationskraft resultierende Bewegung beschreiben ist nicht korrekt. Der erste Ansatz hat die Wissenschaft dazu gebracht während der letzten Jahrzehnte nach einer noch unbekannten Art der Materie zu suchen, eben der “dunklen Materie”, die sich ganz anders verhält als die “normale Materie”, also zum Beispiel nicht elektromagnetisch wechselwirkt und damit “dunkel” oder besser gesagt “unsichtbar” ist. Der zweite Ansatz hat zu alternativen Beschreibungen der Gravitationskraft geführt, von denen “MOND” die bekannteste ist.
Beide Ansätze haben bis jetzt keine konkreten Ergebnisse gebracht. Aber Indranil Banik und Pavel Kroupa vom Helmholtz-Institut für Strahlen und Kernphysik in Bonn haben nun einen Weg gefunden, wie man in naher Zukunft mit konkreten Beobachtungen ein wenig Licht in die Angelegenheit bringen kann (“Directly testing gravity with Proxima Centauri”). Es geht um etwas – und damit sind wir wieder beim Thema der Mondlandung – was auch schon seit 50 Jahren am und mit dem Mond erforscht wird. Als Neil Armstrong und Buzz Aldrin am 21. Juli 1969 als erste Menschen dort herum spaziert sind, haben sie ja nicht nur die Aussicht bewundert und Fotos gemacht. Sondern auch wissenschaftliche Experimente installiert. Eins davon war “LRRR”, der “Lunar Ranging Retro Reflector”; simpel gesagt ein Reflektor der Laserstrahlen wieder genau in die Richtung zurück wirft aus der sie gekommen sind. Auch die übrigen Apollo-Missionen haben solche Dinge auf dem Mond aufgestellt und man kann sie heute noch mit Laserstrahlen von der Erde aus anvisieren. Und tut das auch; mit solchen Messungen kann man den Abstand zwischen Erde und Mond extrem genau vermessen. So kann man zum Beispiel feststellen, dass sich der Mond jedes Jahr ein paar Zentimeter von uns entfernt (was an den Auswirkungen der Gezeitenkraft liegt). So könnte man aber auch merken, falls sich der Mond anders bewegt als es die aktuelle Theorie zur Beschreibung der Gravitationskraft vorsieht.
Das war bis jetzt nicht der Fall. Aber vielleicht sieht man mehr und besser, wenn wir nicht zum Mond sondern zum der Sonne nächstgelegenen Stern schauen: Proxima Centauri ist 4,2 Lichtjahre entfernt und Teil eines Mehrfachsternsystems. Er umkreist den Doppelstern Alpha Centauri in sehr großem Abstand. Das ist wichtig, weil seine Bewegung deswegen auch vergleichsweise langsam ist. Und die alternative Gravitationstheorien unterscheiden sich vor allem bei solchen kleinen Beschleunigungen von der normalen Gravitation. Banik und Kroupa haben nun berechnet, wie sehr die beobachteten Eigenschaften von Proxima Centauri im Laufe von 10 Jahren von dem abweichen müssten, wenn MOND tatsächlich eine korrekte Beschreibung der Gravitation wäre.
Die Radialgeschwindigkeit des Sterns wäre dann um 0,52 Zentimeter pro Sekunde größer als der Wert der bei der Berechnung mit den klassischen Theorien vorhergesagt wird. Wir können nun zwar Radialgeschwindigkeiten von Sternen (also die Geschwindigkeit mit der sie sich direkt auf uns zu bzw. von uns weg bewegen) sehr gut messen. Aber ein Unterschied von einem halben Zentimeter pro Sekunde ist trotzdem zu gering um mit der aktuellen Technik registriert werden zu können. Es würde aber auch die Position des Sterns am Himmel geringfügig von den üblichen Prognosen abweichen und zwar um ein bisschen mehr als 7 Mikrobogensekunden. Auch das ist enorm wenig, aber läge innerhalb dessen, was ein geplantes Weltraumteleskop mit dem Namen “Theia” messen könnte.
Schwierig bleibt die Sache trotzdem. Abgesehen davon das mehr als nur unklar ist, ob so ein neues Teleskop auch wirklich gebaut ist: Man muss dann mehrere Messungen pro Jahr, über 10 Jahre hinweg durchführen. Man muss den Durchmesser von Proxima Centauri noch viel genauer bestimmen als er derzeit bekannt ist, wenn man die Berechnungen ausreichend genau durchführen will. Man muss andere Parameter des Sterns ebenfalls genauer bestimmen als heute. Und bewegt sich dabei immer an den Grenzen des technisch möglichen. Aber es ist gut zu wissen, dass eine direkte Prüfung von MOND durch Beobachtungen mittlerweile in einigermaßen vielversprechender Nähe liegt. Vor allem weil es ja am Himmel noch mehr solcher Doppelsterne mit weit voneinander entfernten Komponenten gibt wie Proxima Centauri. Sollte das Problme der Dunklen Materie wirklich auf einem fehlerhaften Verständnis der gravitativen Wechselwirkung basieren, haben wir gute Chancen, das in den nächsten Jahrzehnten herausfinden zu können.
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