Ja, ich habe die Punkte 5 und 6 zur Kenntnis genommen und nein, ich bestreite nicht, daß historische, politische, territoriale und sozioökonomische Faktoren durchaus eine Rolle bei der Entstehung und vermeintlichen Legitimation von Terrorismus spielen, doch bevor nun ReLi-Anhänger und andere Terroristenversteher sich in der üblichen Selbstgerechtigkeit ergehen (und wie üblich die maßgeblichen Punkte 1-4 ausblenden) , darf ich noch etwas weiterzitieren:
„Es ist wichtig, zu verstehen, daß, obwohl manche vielleicht behaupten, daß Eure Außenpolitik der Grund für unseren Haß ist, dieser Grund, Euch zu hassen nur zweitrangig ist und daher auch erst am Ende der Liste genannt wird. Fakt ist, selbst wenn Ihr aufhören würdet, uns zu zerbomben, einzusperren, zu foltern und zu ächten und unsere Länder zu besetzen, würden wir Euch immer noch hassen, weil der wichtigste Grund Euch zu hassen so lange bestehen bleiben wird, bis Ihr den Islam angenommen habt. Selbst wenn Ihr die Dschizja entrichten und demütig unter der Autorität des Islam leben würdet, würden wir Euch noch hassen. Wir würden zwar zweifellos damit aufhören, Euch zu bekämpfen, so wie wir alle Ungläubigen nicht bekämpfen würden, die einen Pakt mit uns eingehen, aber wir würden Euch noch immer hassen.“ (Hervorhebung von mir)
Was soll man dazu noch sagen? Wer angesichts solcher Äußerungen, die die offizielle Position des IS, veröffentlicht in dessen offiziellem Publikationsorgan, widerspiegeln, immer noch die Rolle der Religion für Terror, Haß und Krieg leugnet oder herunterspielt, sollte vielleicht wirklich besser einen Neurologen konsultieren.
Doch es geht noch weiter:
„Was genauso wichtig, vielleicht noch wichtiger zu verstehen ist, daß wir Euch nicht einfach nur bekämpfen, um Euch zu bestrafen und abzuschrecken, sondern um Euch wahre Freiheit in diesem Leben und Erlösung im Jenseits zu bringen, Freiheit von der Versklavung durch Eure Lüste und Begierden und die Eures Klerus und Eurer Gesetzgeber und Erlösung durch die Anbetung allein Eures Schöpfers und durch das Folgen des Beispiels seines Sendboten. Wir bekämpfen Euch, um Euch aus der Dunkelheit des Unglaubens ins Licht des Islams zu führen und um Euch von den Fesseln eines allein weltlichen Lebens zu befreien, damit Ihr die Segnungen des weltlichen Lebens und die Seligkeit des Jenseits genießen könnt.“
Puh. Das ist ja nett vom IS. Dieser letzte Absatz, in dem uns der IS seine Taten als Missionierungsbemühungen vorstellt, belegt meine These ein weiteres Mal: diese Leute glauben daran, was sie tun und in ihrer fanatisch-religiösen Parallelwelt, die hermetisch gegen Kritik und jegliche Einflüsse von außen abgeschottet ist, ergibt ihr Verhalten nicht nur Sinn, sie sind dort tatsächlich die Guten, die Tugendhaften, die rational, konsequent und gemäß dem Willen ihrer Gottheit handeln. Und: sie können nicht verlieren. Es gibt keinen möglichen Ausgang dieses Konflikts, den sie als Niederlage ansehen würden. Entweder es gelingt ihnen, ihr erobertes Territorium zu behaupten oder sogar zu erweitern, oder sie sterben bei dem Versuch, es zu verteidigen. Diese Leute glauben felsenfest an sofortige paradiesische Entlohnung für Märtyrer, als die sie sich verstehen, ein Glaube, der sie selbst den Tod ihrer Kinder im Dienste dieses Krieges für ihren Gott nicht nur verschmerzen sondern bejubeln lässt. Sie glauben, daß sie in diesem Krieg nichts Falsches tun können. Nochmal: sie können nicht verlieren. Ich sehe daher nach wie vor nicht, wie man an diese Leute herankommen soll und ich glaube ihnen, daß, durch was immer „der Westen“ tut oder läßt, sie nicht zur Raison zu bringen sind, bis jedermann/frau Moslem ist, was, wie ich annehme, keine Option ist.
Umso wichtiger ist es deshalb einerseits und in meinen Augen die einzige Hoffnung auf friedliche Verhältnisse, daß Moslems, die die Taten des IS verurteilen und in Frieden mit ihren un- und andersgläubigen Nachbarn leben wollen, einen Weg zu einer Reinterpretation des Korans und ihrer Religion finden, vielleicht mit der Hilfe von Menschen wie Majeed Nawaz, Mouhanad Khorchide und anderen, die sie souverän und völlig unempfänglich macht für die Appelle der sich auf dieselbe Religion berufenden Terroristen, eine Interpretation, die kompatibel mit Toleranz und den Werten einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und für sie dennoch gut lebbar ist.
Kommentare (330)