Hinweis: Ihr müßt auch örtlich flexibel sein und davon ausgehen, daß Ihr in Wohnortnähe keine Stelle finden werdet oder später in der Karriere den Ort wechseln müsst (mich hat es z.B. von Bonn nach Kiel verschlagen und demnächst wieder nach Köln).

Empfehlungen für Leute, die noch nicht mit einem Studium begonnen haben: Befasst Euch jetzt schon mit den theoretischen Grundlagen des Faches, lest dieses Blog, besorgt Euch Lehrbücher (die meisten sind auf Englisch, für Rechtsmedizin gibt es aber auch gute auf Deutsch), seid gut in Englisch, arbeitet auf einen NC hin, der es Euch erlaubt, ein Fach zu studieren, das Euch Grundlagen für den Beruf vermittelt (Biologie, Genetik, Molecular Life Science, Nat. wiss. Forensik o.ä.). Wenn Ihr schon eine Ausbildung habt, kann das sogar ein echter Vorteil sein. Wenn Ihr z.B. MTA, BTA, Laborant o.ä. seid, wird man Euch eher zutrauen, selbständig im Labor zu arbeiten und Euch schneller interessante Dinge zu tun geben.

Empfehlungen für Bachelor-Studenten (einschlägiges Studienfach): beginnt, Paper und Reviews aus dem Feld zu lesen (es ist hart am Anfang aber es muß sein und je früher Ihr damit anfangt, desto besser), bemüht Euch unbedingt um Praktika und um eine Bachelorarbeit in/über ein/er forens.-genetischen Arbeitsgruppe/Thema. Übt bei jeder Gelegenheit Pipettieren und sauberes Arbeiten.

Empfehlungen für Master-Studenten (einschlägiges Studienfach): vertieft Eure Kenntnisse in Genetik/Molekularbiologie, lest nebenher mehr Originalliteratur aus dem Feld, bemüht Euch unbedingt um Praktika und eine Masterarbeit in/über ein/er forens.-genetischen Arbeitsgruppe/Thema, vielleicht könnt Ihr in die Gruppe, in der Ihr die Bachelorarbeit gemacht habt, zurückkehren? Schaut Euch schon während der Masterarbeit nach einer Doktorandenstelle um. Und zwar in ganz Deutschland!

Empfehlungen für Doktoranden (forensisch-genetisches Thema): Nutzt die Zeit maximal aus! Publiziert, so gut es geht, helft mit in der Routine, so viel Ihr könnt und man Euch läßt (dokumentiert, was Ihr gemacht/gelernt habt: Methoden, Geräte, Gutachten, bei denen Ihr mitgearbeitet oder die Ihr alleine erstellt habt etc.), guckt Euch alle Ringversuche ganz genau an und lernt daraus, geht zu Tagungen (zur Not im Urlaub auf eigene Kosten!) und hört, seht, lernt, netzwerkt und sobald wie möglich: haltet selbst Vorträge oder stellt Poster aus. Feilt neben Eurem Englisch auch an Eurem Deutsch (mündlich und schriftlich): in Gutachten und bei Gericht wird Deutsch geschrieben und gesprochen. Befasst Euch mit dem Qualitätsmanagement (es ist zwischen tödlich langweilig und absolut nervig, aber es MUSS sein und Ihr MÜSST wissen, worum es dabei geht). Beteiligt Euch an der Lehre, betreut Praktikanten, Bacheloranden und Masteranden. Kurz: nehmt so viel mit und sammelt so viel Erfahrung wie nur irgend möglich. Werdet Euch klar, ob Ihr später eher forschen, lehren und daher an der Uni bleiben (mit all den Ungewissheiten, befristeten Stellen und sonstigen prekären Dingen, die das mit sich bringt) oder Euch lieber Richtung KA oder Privatlabor, wo Euch deutlich mehr Routinearbeit erwartet, orientieren wollt. Oder wollt Ihr ins Ausland? Dann informiert Euch erst recht ganz besonders gut, was da gefordert wird. So oder so: wenn Ihr nach der Arbeit die Gruppe verlassen müsst/wollt, bittet um ein Empfehlungsschreiben.

Empfehlungen für Studenten/Doktoranden (aus anderen Fächern): Solltet Ihr zuende studieren/promovieren oder (jetzt noch) das Fach wechseln? Ganz schwer zu sagen. Abbrechen/wechseln würde ich nur, wenn Ihr wirklich absolut sicher seid, daß Ihr in Eurem Fach nicht glücklich werdet und auf Grundlage gründlicher Recherche (dazu sollten (neben der Lektüre aller Artikel dieses Blogs ;)) auch Gespräche mit Leuten aus dem Feld zählen) unbedingt in die Forensische Genetik wollt und idealerweise bereits irgendwo ein Angebot für eine Arbeit/Promotion im Feld habt. Die Fallhöhe für diesen Schritt ist natürlich umso höher, je weiter Ihr schon in Eurer Ausbildung gekommen seid. Nach einem Jahr Bachelorstudium ist es sicher kein Problem, am Ende der Doktorarbeit schon eher.

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Kommentare (3)

  1. #1 2xhinschauen
    06/08/2021

    Aufregende Lektüre, lieber Cornelius, und aussagekräftig, dass Du Deine eigene Karriere gerade nicht als allgemeingültiges Vorbild schilderst.

    Es wäre interessant, dasselbe mal aus der Hand von Sprach-, Literatur-, Wirtschafts- oder auch Ernährungswissenschaftler*n zu lesen. Vieles davon wäre identisch mit Deinen Empfehlungen (Networking!!!), aber die fakten- gegenüber der eminenzbasierten Basis…

  2. #2 Ursula
    06/08/2021

    Danke! Jetzt hab ich was zum Weitergeben an CSI Geschädigte, die unbedingt eine diesbezügliche Ausbildung absolvieren möchten, die aus Mitteln der Arbeitsmarktförderung finanziert werden soll!

  3. #3 H. Auwärter
    07/08/2021

    Super, vielen Dank, danach habe ich schon sehr lange gesucht. Das ist superhilfreich. Werde das mal bei mir im Studiengang rumschicken, da gibt es nämlich mehrere, die das machen wollen