Musik, so fand Wilhelm Busch, werde oft nicht schön empfunden, “weil sie stets mit Geräusch verbunden”. Ob der vor etwa hundert Jahren gestorbene Dichter von Bildergeschichten selbst an Amusie litt oder nur (unbeabsichtigt, nehme ich an) die Empfindungen von etwa vier Prozent der Bevölkerung reflektierte, weiß ich nicht. Aber zumindest wissen Hirnforscher nun ein bisschen mehr darüber, was es mit dieser angeborenen Unfähigkeit zum Musikgenuss auf sich hat.
Das endlose Gedudel von “Jingle Bells” und “O Tannenbaum” wird sicher auch (oder gerade) von vielen Musikliebhabern eher als lästige Geräuschkulisse wahrgenommen. Aber für die vier von hundert Menschen, die unter Amusie leiden, sind selbst Klassik, Pop, Rock oder Volkslied alles andere als amüsant (Sigmund Freud soll ein geborener Unmusiker gewesen sein und diese Fähigkeit seinen Kindern vererbt haben). Es klinge “als ob man Töpfe und Pfannen auf den Küchenboden schmettert”, beschreibt ein Opfer dieser Wahrnehmungsstörung den Effekt von Musik.
Forscher des Montreal Neurological Institute an der der kanadischen McGill University und der Universite de Montreal haben mit Hilfe von Magnetresonanztomographie heraus gefunden, dass von Amusie betroffene Personen eine dickere Rinde in den entsprechenden Hirnregionen – namentlich dem auditiven Cortex und dem Gyrus frontalis inferior – besitzen. “Dies entspricht den Beobachtungen, die auch bei der … Legasthenie gemacht wurden”, erklärt Dr. Krista Hyde, eine der Autorinnen der Studie. Bei Legasthenikern sei die Rinde dicker in den Hirnbereichen, die für die Lesefähigkeit zuständig sind. Je schlechter eine Testperson in einem von Hydes Kollegin Isabell Peretz vor einigen Jahren entwickelten, standadisierten Test der Unmusikalität (Montreal Battery for the Evaluation of Amusia, kurz MBEA) abschnitt, desto mehr graue Masse fand sich an den betreffenden Stellen des auditiven Cortex und des Gyrus frontalis inferior.
Was mal wieder beweist, dass es auch beim Hirn nicht nur auf die Masse ankommt …
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